Natürlich müssen auch die Amplituden-Messwerte der einzelnen Emissionen genau vermessen werden und den Anforderungen des CISPR- und des MIL-Standards genügen. Um das zu erreichen, muss der EMI-Empfänger eine wesentlich geringere Amplitudenverzerrung über einen weiteren erfassten Frequenzbereich aufweisen als bei Messungen im Frequenzbereich. Zudem werden die FFTs für stark überlappende (circa 90 %) Bereiche der Messungen durchgeführt.
Der hohe Anteil an Überlappung der einzelnen FFT-Messungen im Zeitbereich führt dazu, dass alle Emissionsspitzen erfasst und genau vermessen werden. Bild 2 zeigt ein Impulssignal im Zeitbereich, wenn nicht überlappende FFT-Messungen genutzt werden. Tritt ein Impulssignal auf, das außerhalb der FFT-Periode liegt, kann die dargestellte Signalamplitude zu klein dargestellt werden beziehungsweise ganz unterdrückt sein.
Bild 3 zeigt das gleiche Signal im Zeitbereich, jedoch mit überlappenden FFT-Messungen. Für diese Situation ist die Wahrscheinlichkeit wesentlich höher, dass das Signal erfasst wird und mit der richtigen Signalamplitude dargestellt wird.
Prescan-Messungen in Minuten statt Stunden
Ein Beispiel soll die Zeiteinsparungen bei Prescan-Messungen verdeutlichen: Wenn nach suspekten Signalen entsprechend der CISPR 16-2-3:2010 Ausgabe 3.1, Kapitel 7.6.6 gesucht werden soll, muss jeweils eine Messung durchgeführt werden, wenn das zu testende Gerät in Schritten von 15° rotiert. Zudem muss die Messung für beide Polarisationsebenen der Messantenne vorgenommen werden. Insgesamt sind dies bereits 48 Messungen. Zusätzlich muss nun die Antenne in ihrer Höhe verändert werden und der gesamte bisherige Messablauf für jede Antennenhöhe nochmals durchlaufen werden. Wenn man nun annimmt, dass nur drei unterschiedliche Antennenhöhen betrachtet werden, so ergeben sich bereits 144 Messungen.
Die Messungen sollen nun im Frequenzbereich von 30 MHz bis 1 GHz erfolgen und Emissionen mit einem Peak-Detektor gefunden werden. Ferner sollen vier Messpunkte pro Auflösebandbreite aufgenommen werden, in diesem Beispiel alle 30 kHz für eine 120-kHz-CISPR-Auflösebandbreite. Für jeden Messpunkt sollen 10 ms Messverweildauer angesetzt werden. Eine Messung im Frequenzbereich kann von kommerziell verfügbaren Empfängern in circa 250 s erfolgen. Im Beispiel summiert sich die Prescan-Messzeit zu insgesamt 10 h = (250 s × 144) auf.
Führt man die Messungen im Zeitbereich zum Beispiel mit dem Keysight N9038A MXE durch, erhält man einen Scan in circa 2 s. Damit ist der komplette Prescan nach obigem Beispiel nach circa 5 min abgeschlossen: eine Zeitersparnis um den Faktor 120.
Dipl.-Ing. Klaus Höing |
---|
trat nach dem Studium der Elektrotechnik in Stuttgart 1980 bei Hewlett Packard (später Agilent, jetzt Keysight Technologies) in den Entwicklungsbereich für Messtechnik ein. 1998 wechselte er als PR-Manager für die deutsche Niederlassung in den Bereich Computertechnik bei Hewlett Packard. Seit dem Frühjahr 2012 ist er bei der Firma dataTec in Reutlingen mit PR-Aufgaben betraut. |