KI-Einsatz in Rechtsabteilungen

KI wird zum Standard, aber Einsatz erfolgt oft planlos

28. Mai 2025, 9:52 Uhr | Corinne Schindlbeck
Renato Fazzone, FTI Consulting: »Juristen können bewerten, ob ein Tool rechtlich einsetzbar ist. Was häufig fehlt, ist das technologische Know-how.«
© FTI Consulting

Fast jede zweite Rechtsabteilung nutzt bereits Generative KI. Noch vor zwei Jahren lag dieser Anteil bei nur 20 Prozent. Das zeigt der General Counsel Report 2025 von FTI Consulting, basierend auf einer weltweiten Umfrage unter 200 General Counsel sowie Einzelinterviews. Wofür wird die KI genutzt?

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„Innerhalb von nur zwei Jahren hat sich die Nutzung von generativer KI wie ChatGPT oder Microsoft Copilot in Rechtsabteilungen weltweit mehr als verdoppelt“, sagt Renato Fazzone, Leiter des Technologie-Segments bei FTI Consulting. Die Dynamik sei so hoch, dass man bis Ende 2026 mit einem flächendeckenden Einsatz rechne.

KI-Tools sind im Alltag von Rechtsabteilungen angekommen – vor allem bei der Dokumentenprüfung (85 Prozent), im E-Discovery (80 Prozent) und bei administrativen Aufgaben (79 Prozent). Doch das Vertrauen ist nicht grenzenlos: In der Frühphase von Verfahren oder bei Compliance-Monitoring sinkt die Zustimmung deutlich. Grun dist auch Unsicherheit: 85 Prozent der befragten General Counsel sehen sich schlecht vorbereitet auf die rechtlichen Risiken, die durch Generative KI und Blockchain entstehen.

Technologieeinsatz wächst – Plan fehlt oft

Zwar investieren viele Unternehmen in neue Tools, eine langfristige Strategie gibt es jedoch selten. Drei von vier Rechtsabteilungen arbeiten ohne Technologie-Roadmap. Der Einsatz erfolgt pragmatisch, oft reaktiv – nicht strategisch.

Renato Fazzone sieht darin ein strukturelles Problem: „Juristische Experten können bewerten, ob ein Tool rechtlich einsetzbar ist. Was häufig fehlt, ist das technologische Know-how. Wer aber die richtigen Entscheidungen treffen will, braucht neben juristischer Exzellenz auch Marktkenntnis und ein klares Budget.“

Mehr Daten, mehr Verantwortung, mehr Risiken

Parallel zur Digitalisierung steigen Datenvolumen und regulatorischer Druck. Datenschutz, interne Ermittlungen, ESG-Fragen und neue Datenquellen treiben die juristischen Abteilungen an ihre Belastungsgrenze. 100 Prozent der Befragten berichten von wachsendem Risiko, 85 Prozent erwarten eine weitere Zuspitzung.

Trotz dieser Entwicklung haben nur 29 Prozent der Unternehmen eine dedizierte Legal-Operations-Rolle geschaffen – obwohl gerade hier Effizienz, Steuerung und Technologieeinsatz zusammenlaufen würden.

Rechtsabteilung als strategischer Partner

Der Report zeigt: Rechtsabteilungen werden zum Dreh- und Angelpunkt unternehmerischer Verantwortung. Doch sie stehen unter Spardruck, müssen gleichzeitig mehr leisten und neue Technologien verantwortungsvoll integrieren.

„Das aktuelle Unwohlsein ergibt sich daraus, dass neue Technologien sich viel schneller entwickeln, als die rechtlichen Rahmenbedingungen angepasst werden können“, sagt Fazzone. „Es ist entscheidend, dass Rechtsabteilungen nicht nur juristisch stark sind, sondern auch technisch unterstützt werden.“


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