Arbeitsrecht

Bald Recht auf Homeoffice? Das sagt der Anwalt.

16. Januar 2019, 11:25 Uhr | Corinne Schindlbeck

Nach Medienberichten arbeitet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) an einem Gesetzesvorhaben, das Arbeitnehmern ein Recht auf Homeoffice einräumen soll. Was ist der Status Quo? Rechtsanwalt Johannes Altstadt von der Kanzlei Kliemt Arbeitsrecht hat die Fakten geprüft.

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Zunächst einmal noch könnten Arbeitgeber ruhig schlafen, schreibt er in seinem Beitrag auf der Webseite der Kanzlei: »Ein „hartes Recht“ auf Homeoffice ist vorläufig nicht realistisch und dürfte bereits am Widerstand der Union scheitern.«

Gespannt auf einen möglichen Gesetzesentwurf dürfe man dennoch sein. Denn »eine ausgewogene gesetzliche Regelung zu Homeoffice und mobiler Arbeit im Allgemeinen« könnte eine Chance sein, für rechtliche Klarheit sorgen und Vorbehalte von Arbeitgebern gegenüber modernen Arbeitsmodellen abbauen.

In der Tat will das BMAS mobile Arbeit fördern und erleichtern und dazu einen rechtlichen Rahmen schaffen, so der Anwalt weiter. Dazu gehöre zum Beispiel auch der Umgang mit privat genutzter Firmentechnik. Noch sei aber die Absichtserklärung recht allgemein gehalten.

Ein grundsätzliches Recht für Arbeitnehmer, von zuhause aus zu arbeiten, sei grundsätzlich »ein zweischneidiges Schwert« für Arbeitgeber. Richtig eingesetzt, »überwiegen die Vorteile flexibler Arbeitsmodelle sowohl für die Beschäftigten als auch für die Unternehmen. Heimarbeit kann Kosten sparen, Arbeitsausfälle reduzieren, das Image am Arbeitsmarkt verbessern und schafft – Studien zufolge –zufriedenere und produktivere Mitarbeiter.

Auf der anderen Seite verliert der Arbeitgeber Kontrollmöglichkeiten, es gibt Sicherheitsrisiken (Datenschutz, Arbeitsplatzsicherheit) und es besteht die Gefahr der „Entfremdung“ der Heimarbeiter von ihren Teams«, schreibt Altstadt. Heimarbeit solle daher »sorgfältig« vertraglich geregelt werden.

Laut statistischem Bundesamts arbeiten bereits 12 % der Beschäftigten ab und an von zuhause, mit steigender Tendenz.

In jungen Unternehmen seien flexible Arbeitsmöglichkeiten fast schon eine Selbstverständlichkeit. Und immer mehr Großkonzerne würden nachziehen und die Anwesenheitspflicht lockern.

Noch lägen keine konkreten Eckpunkte einer möglichen gesetzlichen Regelung vor, doch habe es den Anschein, so Altstadt, »als beabsichtige das BMAS, eine dem Teilzeitrecht ähnliche Regelung zu schaffen. Dann könnte der Arbeitnehmer – nach einer (sechsmonatigen) Wartezeit und bei ausreichender Unternehmensgröße – einen Heimarbeitsplatz verlangen. Der Arbeitgeber könnte dies nur ablehnen, wenn betriebliche Gründe entgegenstehen. Das könnte der Fall sein, wenn durch das Homeoffice Organisation oder Arbeitsabläufe beeinträchtigt würden bzw. wenn Sicherheitsrisiken oder unverhältnismäßige Kosten entstehen.«

Bei klassischen „Bürojobs“ oder IT-Berufen dürften sich betriebliche Gründe nicht so einfach begründen lassen, so der Rechtsanwalt und zitiert eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, wonach mittlerweile fast jeder zweite Job prinzipiell in Heimarbeit erledigt werden könnte.

Dass es in den Niederlanden bereits ein Recht auf Homeoffice gäbe,  sei »unpräzise und teilweise sogar falsch«.

Zwar könnten Arbeitnehmer gemäß dem niederländischen „Gesetz über die Flexibilisierung am Arbeitsplatz“ seit Anfang 2016 einen Heimarbeitsplatz beantragen. Allerdings sei der Arbeitgeber lediglich dazu verpflichtet, den Antrag ernsthaft zu prüfen und mit dem Arbeitnehmer darüber zu beraten. Nur wenn er dies nicht tue, trete die Veränderung des Arbeitsplatzes automatisch in Kraft. Der Arbeitgeber müsse jedoch keine schwerwiegenden betrieblichen Gründe geltend machen, um einen Antrag auf Heimarbeit abzulehnen.

Das niederländische Recht auf Homeoffice sei daher deutlich schwächer,  als es die öffentliche Berichterstattung suggeriere.

 


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