Wie erklären Sie sich den Erfolg dieser Nicht-Standard-Systeme?
Wir wollen keine Zeit für umständliche und langwierige Standardprozeduren verwenden, wo von einem Produkt selbst lange keine Rede ist. Und wenn Produkte dann auf den Markt kommen – obwohl alle standardkonform – vieles dann doch nicht so recht zusammenpasst, weil jeder Hersteller den Standard dann doch wieder etwas anders umsetzt.
Unser Credo bestand deshalb von Anfang an darin, über Allianzen ein umfangreiches Ökosystem aufzubauen, das schnell eine möglichst große Marktakzeptanz erreicht und damit eine Art De-facto-Standard schafft. Dazu gehört auch, dass wir unsere Technologie lizenzieren, wie wir es schon von Beginn an mit APIX getan haben, als wir die ersten Lizenzen an Fujitsu – heute Socionext – und dann Toshiba vergaben. Später kamen Analog Devices und Cypress dazu.
Für ISELED und ILaS haben wir in kürzester Zeit schon sechs Lizenzverträge abgeschlossen, weitere sind kurz vor dem Abschluss. Hier zahlt sich unter anderem auch aus, dass wir unsere ICs immer für die Fertigung in Standard-CMOS-Prozessen auslegen, sodass sie in beliebigen Fabs produziert werden können. Neben den Chips selbst kümmern wir uns zusammen mit unseren Partnern auch um alles, was sonst noch dazu gehört, also die Messtechnik, Kabel, Stecker und viele mehr – eben das gesamte Ökosystem rund um eine neue Technologie.
Insgesamt verfolgen wir die Strategie, Allianzen aufzubauen und dafür zu sorgen, dass die Produkte der Allianzmitglieder untereinander voll kompatibel sind. Die Kunden können also sicher sein, dass alles zusammenpasst. Das haben wir von Beginn an bei APIX so gemacht – da sprachen wir vom APIX-Ökosystem – und 2016 dann mit der ISELED und jetzt auch mit der ILaS-Allianz umgesetzt, der jetzt schon über 40 Firmen angehören – weitere namhafte Neuzugänge werden wir in Kürze bekanntgeben. Und das werden wir sicher auch bei ADXpress so handhaben.
Inova hat in schneller Reihenfolge die APIX-Generationen auf den Markt gebracht, dann folgten ISELED und der ILaS-Bus, die ja auch ständig weiterentwickelt werden. ISELED 2.0 ist in Arbeit und nun kommt ADXpress. Gleichzeitig steigt die Komplexität der Chips exponentiell. Wie schafft eine relativ kleine Firma mit 50 Mitarbeitern das?
Zunächst hatten wir das Glück, dass ein großer Automobilhersteller an uns glaubte und wir im September 2007 verkünden konnten, dass BMW auf APIX setzt – die Markt&Technik hatte dies damals sogar als Titelstory: »BMW setzt auf APIX« – Sie erinnern sich vielleicht? Dann folgte die evolutionäre Entwicklung bis zur aktuellen dritten APIX-Generation. Mit ISELED, der digitalen LED, brachten wir 2016 etwas vollkommen Neues auf den Markt – und haben davon bis heute bereits rund 100 Mio. Chips produziert. Die Absatzzahlen explodieren buchstäblich, und wir sind auf dem Weg, 2025 die Marke von 1 Mrd. Chips pro Jahr zu erreichen. Diese digitale LED war eine geniale Idee und wie so vieles Geniale im Prinzip eigentlich ganz einfach. Das trifft ähnlich auch auf ILaS zu; wie schon erwähnt wird der Bus bereits ab 2025 bei BMW in Serie gehen.
Mit ADXpress haben wir jetzt zum ersten Mal eine Neuentwicklung durchgeführt, ohne dass ein Kunde unmittelbar daran beteiligt war, sehr wohl aber in Form von «lessons learned» aus den intensiven Kontakten mit unseren Kunden rund um die APIX3-Projekte.
Unser CTO Roland Neumann und seine Mitstreiter, die all diese Entwicklungen vorantreiben, haben ganz einfach Spaß an neuen Ideen und vor allem auch daran, sie schnell umzusetzen. Wer das Glück hat, derart kreative Mitarbeiter zu haben, der muss einen Fehler unter allen Umständen vermeiden: sie zu bremsen. Ich selber habe inzwischen große Freude daran, diese enorme Kreativität bei uns bestmöglich zu unterstützen, die Ökosysteme aufzubauen und dafür zu sorgen, dass sie funktionieren. Zusammen mit unseren kreativen Ingenieuren ergänzt sich das offenbar sehr gut.
Dass Inova relativ klein ist, sehen Sie also als großen Vorteil an?
Das ist so. Denn die großen Unternehmen haben eben auch große Herausforderungen, und eine der größten ist, dass die Kreativität oft durch formale Prozesse und Zuständigkeiten behindert wird. Es dauert oft lange und kostet Kraft, eine gute Idee durchzudrücken, und zum Schluss scheitern Dinge dann oft an fehlenden Budgets. Wir wissen, dass eine neue Entwicklung eben zuerst einmal Geld kostet, meistens mehr als geplant. Bei großen Firmen ist das immer schwierig, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, ich hatte ja viele Jahre bei Motorola Semiconductor gearbeitet, bevor wir Inova gegründet haben.
Am Ende kommt es auf ein hochmotiviertes Team an, das weiß, um was es geht. Und wir versuchen, trotz des großen Erfolgs weiterhin auf dem Boden zu bleiben.
Auf dem Boden zu bleiben ist angesichts der Wachstumszahlen von Inova vielleicht nicht ganz einfach.
Wir haben 2021 den Umsatz um 45 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesteigert; dieses Jahr wird er voraussichtlich sogar um 50 Prozent zulegen. Bis 2016 galt Inova als die APIX-Firma; heute, sechs Jahre später, sind wir weit mehr. Dabei spielen sicherlich viele Faktoren eine Rolle, und das Glück des Tüchtigen – etwa zur richtigen Zeit mit den richtigen Leuten in den richtigen Firmen, Instituten und staatlichen Stellen in Kontakt zu kommen – gehört auch dazu. Der Erfolg hat viele Väter, da sollte man also immer ein wenig bescheiden bleiben.
Dass der Erfolg sich eingestellt hat, wird nun zunehmend in der Öffentlichkeit wahrgenommen, Inova hat sich zum Award-Sammler entwickelt …
… was uns selbstverständlich stolz macht und freut: Capital hat uns in diesem Jahr als eines der »innovativsten Unternehmen Deutschlands« ausgezeichnet, CHIP als »Digital Innovator 2022« und die FAZ als »Deutschlands Innovationsführer«. Und der Focus dazu jetzt im Oktober auch wieder als »Wachstumschampion 2023« – eines der 500 Unternehmen Deutschlands mit dem größten Umsatzwachstum –, und das jetzt schon das fünfte Mal seit 2016. Das ist für uns auch deshalb nicht unwichtig, weil natürlich auch Studienabgänger gerne in einem innovativen und erfolgreichen Unternehmen arbeiten. Jeder weiß ja, wie schwer es heute ist, gute Mitarbeiter zu gewinnen.
Für die ICs, die mit schnell wachsenden Datenübertragungsraten zurechtkommen müssen, sowie für die LED-Produkte spielt die Gehäusetechnik eine immer wichtigere Rolle. Ist Inova in die Entwicklung neuer Packaging-Technologien involviert – oder überlassen Sie das ihren Assembly- und Testpartnern wie ASE?
Wenn Datenübertragungsraten im Bereich von mehreren Gbit/s sind, dann handelt es sich um klassische HF-Technik mit allem, was dazugehört. Deshalb bieten wir unseren Kunden etwa auch die Simulation ihres Board-Designs an, und das nehmen diese gerne in Anspruch. Aber die HF-Signale müssen erst einmal vom Chip über die Bonddrähte ohne große Verluste aus dem Gehäuse auf das Board gebracht werden, und hier spielt das Package natürlich eine große Rolle. Bei APIX3 haben wir uns deshalb für das aQFN-Gehäuse von ASE entschieden und dann auf unsere Anforderungen hin optimiert – Stichwort: Impedanzleitungen. Das aQFN-Gehäuse war allerdings damals im Automotive-Bereich noch Neuland, und es gab bei der Einführung anfangs auch Probleme beim Bestücken, die übliche Lernkurve bei jeder neuen Technologie. Das ist aber längst kein Thema mehr und die Zulieferer haben das heute voll im Griff.
Auch bei ISELED und ILaS spielt die Entwicklung neuer Packages eine wichtige Rolle, und wir arbeiten hier gemeinsam mit ASE u. a. an neuartigen Modul-Lösungen, die wir bereits auf der electronica vorstellen werden. Sie sehen, wir schauen über den Tellerrand unseres eigentlichen Produkts hinaus – vom Packaging bis zu den Übertragungsleitungen auf der Leiterplatte.
Wie gelingt es Inova, bei den hohen Wachstumsraten in der aktuellen Situation sowohl bei den Foundries als auch bei den Assembly- und Testunternehmen die erforderlichen Kapazitäten zu erhalten?
Wir haben von Anfang an mit Globalfoundries – damals war es noch Chartered Semiconductor – sehr gut zusammengearbeitet. Trotz Abnahmemengen von damals nur einem Wafer-Los im Jahr hat uns die Foundry immer super unterstützt, und das ist auch nach der Übernahme durch Globalfoundries so geblieben. Dem Unternehmen gelingt es auch jetzt, uns die Kapazitäten zur Verfügung zu stellen, um unsererseits die Lieferverpflichtungen gegenüber unseren Kunden einhalten zu können. Damit dürften wir derzeit eher zu den Ausnahmen gehören.
Inova Semiconductors Halle B4, Stand 301