Heliatek: Break-Even im Jahr 2025

»Wir haben überlebt, das ist das Wichtigste!«

12. September 2023, 10:30 Uhr | Engelbert Hopf
Dr. Guido van Tartwijk, Heliatek: »Wir erhöhen die Fertigungsgeschwindigkeit in unserem Rolle-zu-Rolle-Prozess und werden so die Produktionskapazität schrittweise bis 2025 auf 2 Millionen Quadratmeter steigern.«
© Componeers GmbH

Zwangsstillstand in der Corona-Pandemie, zaghaftes Wachstum 2022, in diesem Jahr dann erstmals ein fast achtstelliges Umsatzvolumen. Für 2024 geht Heliatek-CEO Dr. Guido van Tartwijk dann mindestens von einer Verzehnfachung der installierten Fläche für organische Photovoltaik gegenüber 2023 aus.

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Es hat lang gedauert – aber Heliatek scheint auf der Zielgeraden zu sein.

Markt&Technik: Wie entwickelt sich aktuell, im Jahr 1 nach Covid, das Geschäft bei Heliatek? Mit welchem Umsatzvolumen rechnen Sie für 2023?

Dr. Guido van Tartwijk: Wir als Unternehmen haben die Covid-Pandemie überlebt! Das ist erst einmal die wichtigste Nachricht aus meiner Sicht. Die Pandemie traf uns zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Wir errichteten 2019 unser neues Werk und wollten die Produktion hochfahren – und dann kam der Stillstand! Die Servicetechniker unterlagen den Reiseeinschränkungen, wir konnten kaum etwas tun. Im Jahr 2022 gelangen uns dann erste moderate Umsätze. Inzwischen haben wir eine regelrechte Hockeystick-Entwicklung. Verschiedene Dinge sind zusammengekommen, und der Markt entwickelt sich positiv. In der Konsequenz gehe ich davon aus, dass wir in diesem Jahr erstmals ein Umsatzvolumen in Richtung 10 Millionen Euro erreichen werden.

Wie stellt sich Ihre aktuelle Auftragslage dar? Reicht das Auftragspolster bis 2024? Mit welchen Lieferzeiten müssen Ihre Kunden heute rechnen?

Seit dem Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine und der Entscheidung der westlichen Regierungen, sich unabhängig von Öl- und Gaslieferungen aus Russland zu machen, hat sich der Markt für uns verändert. Es gibt inzwischen etwa in Deutschland, Österreich, Frankreich und Italien eine verstärkte Bereitschaft zum Verzicht auf fossile Brennstoffe und einen »Net-Zero-Carbon«-Energieansatz. Unsere Lieferzeiten liegen zwischen sechs und neun Monaten.

Entscheidend für die Lieferzeit ist die Verfügbarkeit von PV-Installateuren. Aktuell liegt die durchschnittliche Installationsgröße bei rund 1000 m2. Wir erhalten monatlich etwa 200 Anfragen, die wir dann darauf überprüfen, ob organische Photovoltaik, kurz: OPV, unter dem Aspekt der Total Cost of Ownership dort wirklich die beste Lösung ist. Für 2024 stehen dann wesentlich größere Projekte an. Wir erwarten in Hinblick auf 2024 einen flächenmäßigen Bedarf an unseren PV-Folien, der um den Faktor 10 höher ist.
Hört sich so an, als wenn die Installateure derzeit der umsatzbestimmende Faktor seien.

Ich würde es mal so ausdrücken: PV-Installateure sind derzeit vergleichbar mit dem schönsten Mädchen auf dem Schulball, mit dem jeder tanzen möchte. Wir sind seit dem letzten Sommer dabei, uns ein Netzwerk von PV-Installateuren aufzubauen. Diese Installateure wollen gerne mit uns zusammenarbeiten und haben ein Faible für besondere Installationen. Bislang realisieren wir ja keine riesigen Flächenprojekte. In gewisser Weise bieten wir die Option an, das gesamte Projekt zu übernehmen – wenn dies gewünscht wird –, aber unser Kerngeschäft ist nach wie vor die Herstellung von OPV-Folien.

Hat sich die Umsatzverteilung zwischen Europa und Asien gegenüber 2021 inzwischen verändert?

Lag die Umsatzverteilung früher bei 60 Prozent für Europa und 40 Prozent für Asien, würde ich inzwischen von einer 50:50-Verteilung sprechen. Europa hat seine starke Stellung weiter ausgebaut, aber Asien holt auf.

Sie sind zuletzt Vertriebsvereinbarungen mit Looop und PETA Engineering in Japan und Korea eingegangen. Erleichtert sich damit Ihr Zugang zu diesen Märkten?

Sie tragen zur positiven Entwicklung in Asien bei. Singapur und Korea laufen dabei sehr gut! Mit PETA Engineering haben wir auch unser bislang größtes Projekt realisiert, die weltweit leistungsfähigste OPV-Installation am SAIT, dem Samsung Advanced Institute of Technology. Mit einer Gesamtfläche von 621 m2 liefert diese Installation eine Gesamtleistung von 37,7 kWp. Und das Schönste für mich daran: Das Gebäude ist für die Öffentlichkeit sichtbar, auch wenn es auf privatem Firmengelände steht. Japan dagegen ist aufgrund seines sehr speziellen Strommarktes, auf dem viele unterschiedliche Player aktiv sind, ein sehr herausfordernder Markt. Die Entscheidung zur Zusammenarbeit mit Looop war darum der richtige Schritt.

Sie haben in der Vergangenheit davon gesprochen, der deutsche Markt sei in Lauerstellung. Ist er nun endlich angesprungen?

Die Dinge haben sich durch den Krieg in der Ukraine verändert. Heute gibt es ein Interesse daran, eine ausgewogene Energieversorgung eines Landes zu erreichen. Man setzt nicht nur auf billiges Öl und Gas aus Russland im Fall Deutschlands, oder auf die Atomkraft im Fall Frankreichs. Die Chance, mit unseren OPV-Lösungen eine fast CO2-neutrale Energieversorgung realisieren zu können, macht uns auch für viele Interessenten aus dem Bereich des Mittelstands attraktiv, die sich unabhängig von den hohen Strompreisen etwa in Deutschland machen wollen. Auch wenn es bitter klingt, der russische Überfall auf die Ukraine hat sich für uns als Beschleuniger der Energiewende erwiesen.

Ihre OPV-Produkte bieten interessante Möglichkeiten für die Baubranche. In Deutschland ist die Baubranche seit März massiv eingebrochen. Schlägt sich das in Ihren Aufträgen nieder?

Ich bin inzwischen seit fünf Jahren bei Heliatek, und eine meiner ersten Entscheidungen war, uns verstärkt den Bestandsbauten zuzuwenden. Dort sind die Möglichkeiten für uns wesentlich größer als im architektengetriebenen Neubaubereich. Vor diesem Hintergrund hat der Einbruch der Baubranche auf unser Geschäft keinen Einfluss.


  1. »Wir haben überlebt, das ist das Wichtigste!«
  2. Wirkungsgrad größer 10 Prozent möglich?

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