Organische Photovoltaik von Heliatek

PV für fast alle Bestandsgebäude

11. April 2022, 14:30 Uhr | Engelbert Hopf
Dr. Guido van Tartwijk, CEO von Heliatek: »Ich bin unseren Investoren sehr dankbar, dass sie so lange Geduld bewiesen haben. Das Hochlaufen unserer Fab und die Pläne für die Zukunft eröffnen ihnen nun sehr gute Exit-Möglichkeiten.«
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Eine einzigartige Technologie garantiert noch keinen Markterfolg. Dr. Guido van Tartwijk, CEO von Heliatek, setzt darum konsequent auf eine Lab-to-Fab-Strategie.

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Markt&Technik: Dank der Nachfrage aus China boomt der Photovoltaik-Markt. Wie groß ist die Bedeutung der organischen Photovoltaik und von Heliatek am PV-Markt?

Dr. Guido van Tartwijk: Um ehrlich zu sein, die organische Photovoltaik, kurz: OPV, ist derzeit noch nicht mehr als ein Tropfen in einem sehr großen Ozean. Es bringt nichts, die OPV als Konkurrenz zur klassischen kristallinen Photovoltaik zu positionieren. OPV hat überall dort eine Chance und ist wettbewerbsfähig, wo klassische kristalline Photovoltaik nicht zum Einsatz kommen kann oder eine Unterkonstruktion zu aufwendig und zu teuer wäre oder der Einsatz schlichtweg untersagt ist. In Japan beispielsweise gibt es vor dem Hintergrund der dort immer wieder drohenden Taifun-Gefahr Gesetze, die den Einsatz klassischer Photovoltaik auf Gebäuden verbieten.

Spielt bei dieser Wettbewerbsfähigkeit nicht auch der Wirkungsgrad eine Rolle?Klassische Photovoltaik bietet heute Wirkungsgrade von 12 bis 13 Prozent. Da liegen Sie heute mit 8 Prozent deutlich darunter.

Das ist richtig. Heliatek hat in der Vergangenheit unter Beweis gestellt, dass unter Laborbedingungen Wirkungsgrade von 13,2 Prozent möglich sind. Das war schon im Jahr 2016. Als ich Ende 2018 zu Heliatek kam, habe ich eine Lab-to-Fab-Strategie vorgegeben. Der Auftrag an die Entwicklung lautet seither, Materialien zu finden, die so gut wie möglich zu unseren Produktionsmaschinen passen. Unser Ziel sind so geringe Lab-to-Fab-Verluste wie möglich. Wir brauchen einen Materialmix, den wir in der Produktion ausskalieren können! Jetzt haben wir eine schöne Roadmap. Wir stehen aktuell bei 8 Prozent und planen mit 10 Prozent im Laufe des Jahres, und ich bin sicher, dass wir die 13 Prozent auch in absehbarer Zeit erreichen werden.

Zur Realisierung Ihrer Produkte verwenden Sie synthetisch erzeugte Oligomere. Welches sind dabei Ihre obersten Entwicklungsziele?

Die Entwicklung dieser neuen Moleküle muss langfristig kostengünstig sein. Das heißt, es sollten nur sehr wenige Syntheseschritte notwendig sein, um die Moleküle herzustellen. Und sie müssen einfach und problemlos bei einer Temperatur von rund 100 °C zu verdampfen sein. Dass sie eine maximale Effizienz bei der Lichtabsorption und Energieumwandlung bieten sollten, versteht sich von selbst.

Sie haben im August 2019 Ihre neue Fab in Dresden eröffnet, die eine Serienproduktion im Millionen-Quadratmeter-Bereich ermöglichen sollte. Wo stehen Sie aktuell?

Durch die Corona-Pandemie sind wir durch eine sehr schwere Zeit gegangen, die uns weit hinter unsere ursprünglichen Ziele zurückgeworfen hat. Herzstück unserer Produktion ist das thermische Verdampfen organischer Verbindungen unter Vakuum, die wir dabei schichtweise auf eine Trägerfolie aufbringen. Bei dieser Maschine setzen wir auf das Know-how von Sondermaschinenbauern aus Deutschland und Frankreich. Als wir nach dem Produktionsstart Verbesserungen und Optimierungen an den Maschinen und dem Produktionsprozess vornehmen wollten, durften die Mitarbeiter des französischen Herstellers im Rahmen der damals geltenden Schutzmaßnahmen gegen Corona-Infektionen von März bis November 2020 nicht zu uns kommen. Updates vorzunehmen war in dieser Zeit einfach nicht möglich.

Wie hat sich die Situation seither entwickelt? Das Ziel war es ja, mit der neuen Fab eine Produktionskapazität von 1 Million Quadratmetern pro Jahr zu erreichen.

Es ist uns gelungen, inzwischen einige sehr große Updates vorzunehmen. Trotzdem war die Produktionsmenge in den vier Monaten, die wir 2021 produziert haben, gering. Für 2022 haben wir uns nun ein Produktionsziel von mehr als 100.000 m2 vorgenommen, was für uns einen wichtigen Schritt darstellt. Ab dieser Marke lässt sich die Produktion dann schnell hochskalieren, und wir werden zeitnah die Produktionskapazität von 1 Million Quadratmetern auslasten.

Bietet die Fab die Möglichkeit, die Produktion deutlich über 1 Million Quadratmeter zu steigern, oder sind dazu neue Fabs notwendig, und werden die in Dresden stehen?

Eine Steigerung der Produktionskapazität in unserer existierenden Fab ist in erster Linie von einer höheren Durchlaufgeschwindigkeit abhängig. Aktuell produzieren wir mit einer Durchlaufgeschwindigkeit von 1,5 bis 2 m pro Minute. Technisch müsste bei dieser Anlage eine Skalierung auf 3 m pro Minute möglich sein. Damit wäre dann eine Steigerung auf 1,5, vielleicht auch 2 Millionen Quadratmeter möglich. Wir haben aktuell einen Business-Plan bis 2030. Er sieht für die Zukunft vier Hubs mit jeweils fünf Produktionslinien vor. Diese Hubs würden in den für uns wichtigen Absatzregionen errichtet. Eine Entscheidung darüber, wann wir mit der Umsetzung dieser Pläne beginnen werden, ist allerdings noch nicht gefallen. Gegen eine weitere Fab von Heliatek in Dresden spricht auch der Jobmarkt hier, den man nur als heiß bezeichnen kann. Hätte sich Intel für Dresden statt Magdeburg entschieden, hätte sich der Jobmarkt hier noch weiter verschärft.

Auch wenn Ihre Produktion noch gering ist, in welche Regionen gehen die OPV-Produkte, die Sie heute in Dresden herstellen? Welche Rolle spielt der deutsche Markt?

Aktuell, würde ich sagen, setzen wir rund 60 Prozent unserer Produkte in Europa ab. Auf Asien entfallen bisher etwa 40 Prozent. Deutschland als Markt für unsere OPV-Lösungen lässt sich am besten so umschreiben: Er befindet sich in Lauerstellung. Es gibt kaum ein Land in Europa oder weltweit, in dem Strom so teuer ist wie in Deutschland. Die entscheidende Frage für mögliche Kunden lautet darum: Lohnt sich ein Invest in OPV-Anlagen derzeit als Business Case? Ich denke, der deutsche Markt wird für uns erst in ein paar Jahren seine Dynamik entfalten.

Seit der Gründung im Jahr 2006 als universitäre Ausgründung hat Heliatek über 130 Millionen Euro eingeworben. Reicht das Kapital noch für die nächsten Expansionsschritte?

Unsere Kapitaldecke ist auf jeden Fall ausreichend, um die Profitabilität des Unternehmens zu gewährleisten. Für die nachfolgenden Schritte wird man Lösungen finden müssen.


  1. PV für fast alle Bestandsgebäude
  2. In der Einzigartigkeit liegt die Herausforderung

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