China hat sich zum mit Abstand weltgrößten PV-Markt entwickelt. Haben Sie Pläne für China? Wie beurteilen Sie das Potenzial des chinesischen Marktes?
Das Potenzial für PV in China ist riesig, ohne Frage, aber dieser Bedarf lässt sich dort bislang vor allem mit klassischen PV-Installationen befriedigen. Das Land ist riesig! Unsere spezifischen Vorteile kommen in so einem Fall weniger zum Tragen. Das mag in Ballungszentren wie Shanghai oder Peking anders sein, dort lässt sich mit OPV sicher auch ein modernes Image transportieren, aber in der Fläche sehe ich das nicht. Aus diesem Grund finden Sie China auch nicht auf unserer Top-5-Liste. Ich möchte aber auch betonen, dass ich kein Problem damit habe, Geschäfte in China zu machen. Ich habe mehrere Jahre dort gelebt, ich kenne diesen teilweise rauen Markt. Ich bin ein »De-Risking«-, kein »Decoupling«-Anhänger.
Auf Ihrer Homepage streben Sie bis 2025 eine Jahresproduktion von über 2 Millionen Quadratmeter an. Wo stehen Sie heute mit der Produktion in Dresden?
Aktuell liegen wir bei einer Jahresproduktion von rund 500.000 m2/Jahr. Skalieren lässt sich unserer Produktion, die auf einem Rolle-zu-Rolle-Prozess basiert, im Wesentlichen nur durch die Bandgeschwindigkeit und eine Optimierung der Betriebszeit gegenüber der Wartungszeit. Wir arbeiten an verschiedenen Verbesserungen und werden damit Schritt für Schritt unsere Produktionsgeschwindigkeit von 2 auf 3 m pro Minute erhöhen. Damit werden wir dann das angestrebte Ziel von 2 Millionen Quadratmetern im Jahr 2025 erreichen.
Sie sprachen vor zwei Jahren über einen Business-Plan 2030, der vier Hubs mit jeweils fünf Produktionslinien vorsah. Wie sieht das aktuelle Update dieses Business-Plans aus?
Veränderungen, wie wir sie die letzten Jahre durchlaufen haben, zwingen einen, sich anzupassen. Den stärksten Einfluss haben dabei ohne Zweifel die Kostensteigerungen vor allem im Bereich der Rohmaterialien, aber auch die allgemein gestiegenen Kosten. Unabhängig davon bleiben die vier Hubs mit den jeweils fünf Produktionslinien unser erklärtes Ziel für die Zukunft. Ob es uns wirklich bis 2030 gelingt, vier Hubs mit jeweils fünf Produktionslinien aufzubauen, werden wir sehen.
Ist es Ihnen gelungen, im Rahmen Ihrer Lab-to-Fab-Strategie den Wirkungsgrad inzwischen auf 10 Prozent zu steigern? Sind weitere Steigerungen möglich?
Unser Wirkungsgrad liegt aktuell noch unter 10 Prozent. In der Entwicklung sind wir viel weiter fortgeschritten. Jedes Jahr überführen wir Effizienzverbesserungen aus Forschung und Entwicklung in die Fertigung – eine solche Maßnahme ist auch wieder für Ende dieses Jahres geplant. Viel wichtiger als der reine Wirkungsgrad der OPV-Folie ist für den Anwender aber die reale Total Cost of Owernship. An einem Standort wie München können wir dem Anwender heute bereits 19 Cent/kWh garantieren. Mit weiteren Verbesserungen am reinen Wirkungsgrad können wir diesen Wert noch weiter verbessern.
Bisher flossen alleine etwa 75 Millionen Euro in die Fertigung in Dresden. Dazu kommen sehr bedeutende Investitionen, um Heliatek von seiner Gründungsphase im Jahr 2006 bis heute zu bringen. Steht eine weitere Investorenrunde an? Wann wird Heliatek den Break-Even erreichen?
Wir sind derzeit tatsächlich bei dem, was ich »unsere letzte Investorenrunde vor dem Break-Even« nenne. Wir möchten diese Runde Richtung Ende des Jahres abschließen. Wie es aussieht, unterstützen uns alle unsere Haupt-Investoren. Wir gehen inzwischen davon aus, dass wir den Break-Even in Richtung Ende 2024, Anfang 2025 erreichen werden. Aber ich gebe zu, das ist noch ein weiter Weg.
China hat vor Kurzem ein Lizenz-Regime für den Export von Gallium und Germanium erlassen. Wie anfällig ist Ihre Lieferkette im Hinblick auf solche Maßnahmen?
Nein, wir verwenden kein Material wie Seltene Erden, das kann uns nicht passieren! Wir beziehen 80 Prozent unserer Rohstoffe aus Europa. Die übrigen 20 Prozent verteilen sich weltweit, darunter sind dann auch Lieferanten aus China. Sollte es notwendig sein, können wir die Rohstoffversorgung aber auch zu 100 Prozent aus Europa sicherstellen.
TSMC hat sich für den Standort Dresden entschieden. Was bedeutet das für den Jobmarkt im Großraum Dresden, den Sie schon 2021 als »hot« bezeichnet haben?
Daran hat sich nichts geändert, die Situation hat sich in den letzten zwei Jahren, etwa durch das neue Werk von Bosch, weiter zugespitzt. Infineon hat ja auch angekündigt ein neues Werk zu bauen, und jetzt TSMC. Für uns bedeutet das, unsere Fab bleibt in Dresden, aber es gibt andere Aufgaben wie etwa Vertrieb, Einkauf, Marketing, die müssen nicht zwangsweise komplett in Dresden beheimatet sein. Wir denken deshalb über eine teilweise Auslagerung von Tätigkeiten aus dem Hauptsitz in Dresden nach. Damit würde sich auch die Suche nach neuen Mitarbeitern in diesen Unternehmensbereichen wahrscheinlich vereinfachen.
Mit der TSMC-Entscheidung wurde auch wieder das Thema Fremdenfeindlichkeit in Sachsen hochgespült. Wie sehen Sie dieses Thema? Mit welchen Argumenten würden Sie eine ausländische Fachkraft davon überzeugen, in Sachsen einen Job anzutreten?
Zuerst einmal, Dresden ist eine großartige Stadt mit einem herausstechenden kulturellen Angebot, und die Umgebung bietet unterschiedlichste Möglichkeiten für Outdoor-Aktivitäten. Ja, es gibt Herausforderungen. Etwa ein Viertel unserer mehr als 250 Mitarbeiter sind nicht Deutsche. Wir beschäftigen unter anderem Inder, Thailänder, Asiaten. Wir beraten sie, welche Wohngegenden für sie geeignet sind und welche nicht. Aber um mal ehrlich zu sein: An allen Orten der Welt, an denen ich tätig war, gab es Viertel, von denen man sich als Ausländer besser fernhielt. Eines ist aber auch klar, man muss gegen diese Fremdenfeindlichkeit sowohl als politisch Verantwortliche als auch als Zivilgesellschaft vorgehen, sie eindämmen, sonst schadet sie langfristig dem Standort Dresden, wahrscheinlich sogar dem Standort Sachsen. Wenn ich jemanden aus dem Ausland für uns gewinnen will, dann sehe ich mir sehr genau an, ob er Pionier-Skills hat, das gilt sowohl für das, was wir hier technisch tun, als auch für die Bereitschaft, unter diesen Rahmenbedingungen hier zu leben und zu arbeiten.