Mit Open Standard Module – kurz OSM – hat die Standardization Group for Embedded Technologies (SGET) einen Standard für Auflötmodule geschaffen. Ansgar Hein, seit einem Jahr erster Vorsitzender der SGET, erklärt, warum Entwickler auf OSM setzen sollten und welche Ideen er noch umsetzen möchte.
Herr Hein, Sie sind seit gut einem Jahr erster Vorsitzender der SGET, einem Standardisierungsgremium für Computermodule. Wie fällt Ihr Fazit für das erste Jahr aus?
Ansgar Hein: Mein Fazit fällt sehr positiv aus. Wir haben im Vorstand sehr viel Konsolidierungsarbeit geleistet. Die SGET gibt es nun seit rund zehn Jahren – eine der Prämissen für das neue Vorstandsteam ist es, die nächsten zehn Jahre zu planen, um weiter erfolgreich zu sein. Mit bisher fünf Standards hat das Team der SGET bislang gute Arbeit geleistet. Gerade der letzte Standard, Open Standard Module (OSM), ist sehr erfolgreich – darauf gilt es aufzubauen.
Mit OSM haben Sie erfolgreich einen neuen Standard am Markt etabliert. Erste Module finden sich bereits in den Portfolios der Hersteller. Können Sie uns kurz erläutern, warum Unternehmen auf OSM setzen sollten?
Aus meiner Sicht ist OSM die zweite Modul-Generation. Die erste Generation waren Aufsteckmodule, die zweite Generation stellen Auflötmodule dar. Mit OSM haben wir hierfür den ersten offenen Standard weltweit kreiert, der mit seinen vier Größen vor allem den Ruf nach stärkerer Miniaturisierung bedient. Angefangen beim Size-0-Modul, das mehrheitlich für Mikrocontroller geeignet ist, bis zum Size-L-Modul, das zukünftig Prozessoren wie den i.MX 9 von NXP Semiconductors aufnehmen kann. Allein diese große Bandbreite ist ein Anreiz für Entwickler, mit OSM zu arbeiten. Außerdem kommt man ohne Steckverbinder aus. Hiermit erhöht sich gerade für Rugged-Applikationen die Beständigkeit. In dem Bereich gibt es sogar schon erste Applikationen auf dem Markt, zum Beispiel für Avionik oder Automotive. Die Potenziale für OSM sind riesig.
Nun sind Auflötmodule derzeit noch eine Randerscheinung im Embedded-Bereich. Wieso braucht es sie trotzdem und welche Vorteile sehen Sie darin?
Ich denke, wir sehen eine Evolution. Hätten wir vor zehn Jahren die gleichen Möglichkeiten auf Seiten der Fertigung gehabt wie derzeit, hätte es bereits damals Auflötmodule gegeben. Vor allem im Bereich der Automatisierung sehe ich viele Vorteile von OSM. Einerseits lassen sich die Module mit Pick&Place automatisch auflöten, andererseits automatisch testen. Ein Aufsteckmodul wie SMARC oder COM-Express, ist immer händisch zu verarbeiten. Das ist zeitaufwendig, kostenintensiv und fehleranfällig. Mit OSM kann ich diesen Prozess automatisieren. Das bringt viele Vorteile mit sich, zum Beispiel reduzieren sich Abfälle, da sich OSM-Module automatisch bestücken lassen. Weitere Vorteile ergeben sich in der Logistik und im Handling, wo wir mit OSM dazu beitragen, die Kosten zu reduzieren.
Stichwort Energiesparen: Könnte es bald einen neuen Standard geben, der den Trend der Energieeffizienz befeuert?
Mein »grünes« Gewissen sagt ja – ich bin ein großer Befürworter von Energiesparmaßnahmen. Ob es hierfür jedoch einen Standard vonseiten der SGET geben wird, ist unklar. Auf jeden Fall diskutieren wir diese Themen in unseren regelmäßigen Meetings. Gerade bei OSM haben wir den Ansatz für nachhaltige Produkte aufgegriffen. Die Miniaturisierung ist eine Einsparung an sich, denn es wird weniger Material benötigt und es kommen Low-Power-Prozessoren zum Einsatz. Ganz klar, Energiesparen spielt eine Rolle, jedoch noch keine so große Rolle, die ein expliziter Standard für Nachhaltigkeit haben könnte. Einen solchen sehe ich derzeit aber noch nicht.
Gibt es neue Standards, die bei der SGET in der Pipeline sind?
In unserer Jahreshauptversammlung im Mai haben wir das Thema explizit angesprochen. Hierbei hat sich das Thema »FPGA« (Field Programmable Gate Arrays) herauskristallisiert. FPGAs sind ein ganz heißes Eisen, das ist mir auch beim Rundgang durch die Messe aufgefallen. Angetrieben wird diese Nachfrage von Applikationen mit künstlicher Intelligenz und zunehmender Connectivity. FPGAs sind bisher nicht standardisiert – für uns als SGET ist das eine Chance und ein spannendes Feld sich neu einzubringen.
Gibt es weitere Ideen, die die SGET in diesem Jahr verfolgt?
Wir sind gerade dabei, OSM stärker zu vermarkten. Dass das Thema interessant ist, merkt man auf der Messe. Außerdem möchten wir als Verband noch mehr für unsere Mitgliedsunternehmen tun und zudem neue Mitglieder gewinnen. Weiterhin möchten wir auf dem amerikanischen und asiatischen Markt präsenter sein. Mit Blick auf die Standards, könnte ich mir vorstellen, dass wir das Thema KI noch stärker angehen. Ansonsten sind wir auch immer offen für neue Ideen, die unsere Mitgliedsunternehmen in die Gruppe einbringen. Hat ein Unternehmen eine Idee für einen neuen Standard, sind wir der richtige Ansprechpartner.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Hein.