Interview

Aktuelle Trends der Home & Building Automation

21. März 2019, 16:35 Uhr | Hagen Lang
Dr. Groß steigt am 2. Mai 2019 um 10.30 Uhr auf dem Smart Building Summit in Dresden mit seinem Vortrag »Hardware Components: Innovative Solid State Sensors and Connectivity Solutions« tiefer in die Materie ein.
© EBV Elektronik

Dr. Dieter Groß, Business Development Manager für Light, Home & Building (CE) bei der EBV Elektronik GmbH & Co. KG, erklärt aktuelle Trends in der Smart Building Automation und wie EBVs KNX RoomSensor Referenz-Design im Arduino Formfaktor Entwicklern das Austesten komplexer Designs ermöglicht.

SmarterWorld: Herr Dr. Groß, die Zeiten allein dominierender Protokolle und Funkstandards für die Gebäude-Automation scheinen vorbei zu sein. Als Vertreter eines großen Distributors für Halbleiterbauelemente, mit welchen Standards müssen, bzw. sollten sich Entwickler „intelligenter“ Steuerungssysteme heute befassen? 

Dr. Groß: Wir sehen gerade, dass verschiedene Standards koexistieren, erwarten aber im Laufe der Zeit eine Konsolidierung. Allgemein werden die Kommunikationsprotokolle aufgrund mehrerer Kriterien gewählt wie: Neubau (meist verdrahtet) oder Nachrüstung per Funk, Interoperabilität / Zukunftssicherheit, Sicherheit, Cloud-Kompatibilität.

Verwunderlich mag in Zeiten von IoT erscheinen, dass drahtgebundene Lösungen weiter existieren. Vor allem bei professionellen Installationen gibt es signifikante Vorteile: Robustere Kommunikation, einfacher Inbetriebnahme, keine Batterien nötig. Hier sind KNX und DALI zu nennen, wobei DEXAL als eine Art „Power over DALI“-Bussystem hier ein brandneuer offener Standard ist, der von Osram getrieben aktuell auf den Lighting-Markt kommt.

Für Nachrüstungen und Heimbereich werden Funklösungen beliebter. Gründe sind: minimaler handwerklicher Aufwand, flexibel anbringbar, kabelloses Design. Kriterien sind hier: Reichweiten, typisch vorhandene Infrastruktur, etablierte Standards, Energiebedarf, Sicherheit. Hier sehen wir Bluetooth als energiesparende Lösung mit Konnektivität zu Smartphones allen voran. WiFi ist ebenfalls beliebt, wenn Energieversorgung kein Thema ist.

ZigBee hat sich insbesondere für private Lighting-Anwendungen aufgrund seiner robusteren und frühzeitig verfügbaren Funk-Mesh-Vernetzung etabliert, so dass auch Amazon Echo Plus diesen Standard unterstützt. Das Handynetz (GSM) und der neue NB-IoT mit „Deep Indoor“-Durchdringung sind andere Vernetzungsmöglichkeiten, wenn die Reichweite von WiFi, Bluetooth & Co nicht ausreicht. Weiterhin gibt es viele zusätzliche Standards und proprietäre Lösungen...

SmarterWorld: Welche Smart Home & Building Controller schultern denn diese Komplexität noch, bewegt man sich hier nicht zwangsläufig Richtung professioneller Entwicklungsumgebungen großer Building Automation und SPS-Anbieter? 

Dr. Groß: Im professionellen Bereich (Office, Hospitality, Shop/Retail) bleiben professionelle Entwicklungsumgebungen sicher der Weg. Aber im privaten Bereich ist eine Konsolidierung nötig, denn keiner möchte 5 oder mehr verschiedene Apps und Gateways, um ein Smart Home zu steuern.

Eine neue Art der Konsolidierung bieten dabei auch Cloud-Services, die alles zusammenführen. Hierbei mag Amazon Echo ein fortgeschrittenes Beispiel für übergreifende Steuerung verschiedener Smart Home Applikationen sein. – Die Automatisierung intuitiv zu realisieren und Mustererkennung durch „Künstliche Intelligenz“ dabei smart zu nutzen, ist die große Herausforderung für die Software-Entwickler. Dies ist unabhängig von den Funkstandards, insbesondere, wenn alle IoT-Geräte eindeutig identifiziert werden, wobei beispielsweise die IP-Adresse (IPv6-Standard!) in Zukunft eine wichtige Rolle spielen mag. 

Bei Funk-basierten Cloud-Lösungsansätzen ist aber vor allem Sicherheit ein wichtiges Thema. Denn an den schwächsten Stellen werden Netzwerke kompromittiert. So entwickeln wir bei der EBV aktuell ein Referenz-Design für einen einfachen Sensorknoten, bei dem ein sogenanntes „Secure Element“ Hardware-Security bereitstellt, um das Netzwerk sicher zu halten. Der Sensorknoten identifiziert sich eindeutig identifiziert und die Funk-Daten werden verschlüsselt. Weiter kann auch die Software-IP im Device verschlüsselt werden.

Smarterworld:  Die Sensorik und Aktorik ist heute ebenfalls heterogen wie nie, auf was kann man sich im Smart Home/Building-Bereich einstellen? 

Dr. Groß: Durch Wearables und Smartphones werden viele neuartige miniaturisierte Halbleiter-basierte Sensoren günstig in Massenproduktion hergestellt. Diese Produkte stehen nun auch für andere Anwendungen zur Verfügung. So kann Anwesenheitskontrolle nun auch über hoch sensible Drucksensoren erfolgen, die das Öffnen von Türen selbst detektieren. Oder man nutzt Geräuscherkennung durch ein Mikrophon und scannt einfach nach charakteristischen Frequenzen typischer Geräusche. Danach kann ein Radar mit höherem Energieverbrauch zur Präsenz-Erkennung zugeschalten werden, dass heute bereits auch im Einsteigersegment die Atemfrequenz detektieren kann und sicher die Beleuchtung anlässt, auch wenn jemand nur bewegungslos am PC liest. Dies ist ein Beispiel von Sensor-Fusion. 

Im oben genannten Referenz-Design für Raumsensoren hat EBV neuartige Halbeiter-Sensoren für Luftgüte-, Bewegungsmeldung, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck, Lichtstärke und Lichtfarbe zusammengestellt, um Entwicklern das Austesten der neuen Möglichkeiten zu vereinfachen. Als Zielanwendungen sehen wir hier insbesondere Jalousien-, HVAC-Steuerung und Anwesenheitserkennung. Dabei haben wir für die Entwickler ein offenes Design im Arduino-Formfaktor gewählt.

SmarterWorld: Können Sie noch einmal die besonderen Vorteile der Arduino-Formfaktor Lösung zusammenfassen? 

Dr. Groß: Arduino ist eine offene Entwicklerplattform, wo viele Komponenten und Lösungen als Aufsteckplatinen (sogenannte Shields) im Arduino-Formfaktor existieren. In unserem KNX RoomSensor Referenz-Design haben wir auf einem Infineon XMC1400 Base-Board aufbauend ein Sensor-Shield mit neuen Sensoroptionen und ein Connetivity-Shield mit KNX, Bluetooth- und Zigbee-Modulen entwickelt. Vorteil ist hier, dass es die Evaluierung der Sensorlösungen vereinfacht und offen ist für andere Shields wie GSM und NBIoT (EBVChip Heracles und Heraclesuino 224G Development Kit) oder andere Standard-Shields wie WiFi der Arduino-Community. Es vereinfacht somit die Evaluation der neusten Technologien und ist offen für verschiedenste Connectivity Lösungen. Auf der Embedded World 2019 haben wir den ersten Prototyp vorgestellt.

Dr. Dieter Groß vertieft seine Ausführungen am 2. Mai 2019 im Rahmen des Smart Building Summits in Dresden in seinem Vortrag »Hardware Components: Innovative Solid State Sensors and Connectivity Solutions«.

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