Das IoT ist in aller Munde und scheint massiven Einfluss auf den Geschäftserfolg auch in der EMS-Industrie zu haben. Können Sie das bestätigen?
In diesem Kontext ergibt sich für die EMS-Industrie sicherlich ein erhebliches zusätzliches Umsatzpotenzial. Inwieweit solche Technologien auch ein Zukunftsthema für kleinere EMS-Betriebe werden können, ist für uns noch nicht wirklich absehbar. Wir gehen aber eher nicht von substanziellen Effekten aus, weil das ein Massenmarkt werden wird.
Die Vernetzung von Maschinen mit ERP und/oder MES-Systemen in unserem Unternehmen ist schon weit fortgeschritten. Bei der Digitalisierung unseres Unternehmens sehen wir uns – vor allem auch hinsichtlich unserer Unternehmensgröße – als Vorreiter an. Ein wesentlicher Punkt war hier die Entscheidung zur Einführung einer eMES-Software, Simatic IT von Siemens, die wir zur zentralen Vernetzung von Daten und Produktionsprozessen nutzen.
Gibt es eine spezielle fertigungstechnische Ausrichtung bei der productware?
Wir arbeiten immer mit gehausten Bauteilen, haben also keine COB-Technologie im Haus. Die Märkte sind von der Art und Komplexität ihrer Bauteile her heute alle mehr oder weniger vergleichbar. Von der Technologie her müssen wir bei unserem Kundenkreis nicht differenzieren.
Inwieweit unterstützen Sie Kunden bei deren Produktentwicklung?
Wir hatten bis circa 2008 eine eigene Entwicklung. Inzwischen haben wir uns anders aufgestellt und führen hier Entwicklungen mit Kooperationspartnern aus. Das heißt, wir planen die Ressourcen und wickeln das Projektmanagement hier im Haus ab. Unseren Kunden gefällt diese Konstellation sehr gut und einige haben aufgrund der guten Erfahrungen, die sie gemacht haben, sogar ihre Eigenentwicklung stark reduziert.
Einige Ihrer EMS-Branchenkollegen klagen über Fachkräftemangel und die Schwierigkeiten eines EMS beim Recruiting. Wie gelingt es productware so gut, Ihre Mitarbeiter bei der Stange zu halten?
Mitarbeiter sind für uns als KMU ein großes Betriebskapital und sicher unser höchstes Gut. Alle Mitarbeiter sind in ihren Funktionen für uns gleich wichtig. Wir sind immer sehr schockiert darüber, wenn wir hören, dass große Konzerne über Mitarbeiter oder Mitarbeitergruppen als „Ballast“ sprechen. Wir gehen sehr sorgsam mit unseren Mitarbeitern um, möchten, dass unsere Mitarbeiter mit Freude zur Arbeit kommen und es eine Vertrauensbasis gibt. Vertrauen ist uns sehr wichtig, auch im Verhältnis zum Kunden und zu den Lieferanten. Wir wollen ausschließlich langfristige Geschäftsbeziehungen aufbauen. Dazu gehört auch das zu halten, was man versprochen hat.
Natürlich wollen Mitarbeiter sich auch weiterentwickeln und hier müssen wir sehen, dass wir dem gerecht werden können. Das scheint uns ganz gut zu gelingen, denn wir haben in der Tat eine sehr geringe Fluktuation. Weiterhin bilden wir sowohl in den kaufmännischen wie auch technischen Bereichen mit der Zielsetzung einer Übernahme aus. Die Stärke und Ausgeglichenheit unseres Teams ist sicher einer unserer größten USPs. Zudem sind wir seit geraumer Zeit dabei, mehr Kompetenzen in der Breite abzubilden.
Was heißt das genau?
Wir wollen noch mehr Fach- und Sachkompetenz in die Fachbereiche bringen. Dazu müssen wir natürlich ausbilden und schulen. Ein Großteil unserer Mitarbeiter sind IPC-geschult, das kommt so in der Breite bei einem mittelständischen EMS sicher nicht häufig vor.
Die Mitarbeiter sind also ein wesentlicher Teil Ihres Erfolges?
Unser Erfolg ist eine geschlossene Teamleistung: die gegenseitige Achtung der Mitarbeiter untereinander und zur Geschäftsleitung und umgekehrt. Wir ermutigen mit Programmen, stets an einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu arbeiten. Jeder Mitarbeiter hat seinen Aufgabenbereich und hat darin die beste Expertise. Das ist mit ein Garant dafür, dass wir heute dort stehen, wo wir stehen.
Eine der aktuell größten Herausforderungen für die Auftragsfertiger ist die Bauteileverfügbarkeit. Was tun Sie gegen diese Misere?
Die Bauteileverfügbarkeit ist sicher ein großes Problem bzw. in Teilen sogar dramatisch. Wir sind darauf angewiesen, dass unsere Kunden uns einen Vorlauf geben, mit dem wir leben können. Inzwischen planen 70 bis 80 Prozent unserer Kunden längerfristig, weil sie sozusagen auch aus dem Schmerz heraus gelernt haben. Als Maßnahmen legen wir für diese Kunden z.B. Bauteile-Pools an. Aber es gibt immer auch Kunden, die beratungsresistent sind. So etwas geht eine Zeit lang gut, aber in Zeiten wie diesen wird das denkbar schwierig. Wir tun in solchen Fällen unser Möglichstes, aber in letzter Konsequenz wollen wir nicht, dass andere Kunden, die rechtzeitig ihre Vorsorge treffen, am Ende die Leidtragenden sind. Wir verzichten dann lieber auf Aufträge mit unrealistischen Terminvorgaben.
Welche Auswirkungen hat die, wie Sie sagen, in Teilen dramatische Verfügbarkeitssituation auf den täglichen Arbeitsablauf in der Produktion?
Unsere Feinplanung wird derzeit mehrmals die Woche umgeworfen. Wir wissen oft morgens nicht, was mittags auf die Maschine geht, weil zugesagte Materialliefertermine nicht eingehalten werden. Die kritischen Aufträge müssen immer wieder dazwischengeschoben werden, verbunden mit allen Problemen in unserer gesamten Organisation.
Geht dadurch Umsatz verloren?
Nach meinem aktuellen Kenntnisstand ist uns dadurch noch kein nennenswerter Umsatz verloren gegangen. Indirekt kann sich die Situation in der Hinsicht auswirken, dass, falls wir den Kundenwunschtermin nicht bestätigen können bzw. von vornherein ablehnen, ein Kunde dann dort hingeht, wo leichtfertiger Termine bestätigt werden. Ob die dann eingehalten werden können, ist natürlich eine andere Frage.
Unser Auftragsbestand ist derzeit aber so hoch wie nie, weil viele Kunden langfristig bei uns bestellen.
Wie hat sich der Umsatz in den letzten Jahren entwickelt?
Sehr erfreulich. Im Jahr 2017 war das Wachstum deutlich höher, als wir geplant haben: Wir konnten 15,8 Millionen Euro erzielen, geplant waren ursprünglich 14,5 Millionen Euro.
Ab 2013 ist unsere Umsatzentwicklung linear nach oben gegangen. Die letzten fünf Jahre hatten wir eine Umsatzsteigerung von deutlich über 50 Prozent. Wir gehen auch davon aus – nicht zuletzt aufgrund unseres Auftragsbestands –, dass diese Entwicklung so weitergeht. Wir planen auch für 2018 ein moderates Wachstum. Wir sind übrigens sehr erfolgreich bei der Gewinnung neuer Kunden und haben im 2017 sechs Neukunden gewonnen.