Inwieweit hat das Thema autonomes Fahren für Rutronik Umsatzrelevanz im Automotive-Geschäft?
Autonomes Fahren ist kein Geschäft, aus dem wir uns große Umsätze erhoffen. Ich sehe das mehr als OEM-Geschäft. Aber die Elektronikindustrie ist ja glücklicherweise nicht nur vom Automobilmarkt abhängig. Es gibt so viele neue spannende Applikationen und einen tollen Industriemarkt. Das ist eine lebende Industrie, in der wir uns jeden Tag überraschen lassen dürfen, wie viel neue Anwendungen zutage kommen. Distribution heißt schließlich, Kunden in allen Feldern zu bedienen.
Welchen Einfluss wird die Digitalisierung Ihrer Ansicht nach auf das Distributionsmodell und die Logistik haben?
Wir sind doch in der Distribution sowieso schon so weit digitalisiert, dass wir auf dem obersten Level angekommen sind. Da müssen sich die anderen Industrien erst einmal anstrengen, um hier mitzuhalten. Im Gegensatz zu anderen Industriebereichen sind wir beispielsweise in der Lage, ein weltweites Pricing abzugeben; andere Industrien wie die Automobilindustrie sind das nicht.
Wird künstliche Intelligenz in Zukunft eine Rolle für das Geschäftsmodell der Distribution spielen?
Wenn Sie sich anschauen, mit welch intelligenten Tools die Distribution heute schon arbeitet, um wirklich das letzte Quäntchen Effizienz für den Kunden herauszuholen, dann ist das bereits KI in einer fortschrittlichen Art und Weise.
Ist die Distribution Ihrer Ansicht nach insgesamt gut gerüstet für das neue Jahrzehnt?
Ich glaube, dass die allgemeine Distribution gut gerüstet ist für das neue Jahrzehnt, aber wir wissen natürlich nicht, welche Einflüsse noch auf uns zukommen. Die Situation kann sich durch makro- und mikroökonomische Einflüsse bis hin zu Umweltkatastrophen so schnell wandeln, und Einflüsse können von heute auf morgen entstehen, dass es sehr schwierig ist, eine langfristige Planung aufzustellen und diese dann auch zu erfüllen.
Was wünschen Sie sich als Unternehmer für die Zukunft von der deutschen und europäischen Politik?
Für Deutschland wünsche ich mir persönlich eine saubere, gerechte Steuerpolitik für alle unterschiedlichen Klassen. Und dass Rentner, die den deutschen Staat aufgebaut haben, besser gestellt und nicht gezwungen sind, ihren Lebensunterhalt etwa durch Flaschensammeln aufbessern zu müssen. Zudem brauchen wir eine vernünftige Verkehrsinfrastruktur, eine ordentliche digitale Infrastruktur und eine Stromversorgung zu vernünftigen Preisen.
Wichtig ist mir zudem, dass unsere Politik einen autarken Staat schafft, der seine Schlüsseltechnologien selbst versorgen kann mit eigenen Produkten. Hier würde ich mir wünschen, dass der Staat – ähnlich wie in China – entsprechende Milliarden-Förderungen für eine eigene, unabhängige Elektronik- bzw. Komponentenindustrie zur Verfügung stellen würde. Des Weiteren ist es essenziell, Startup-Unternehmen zu fördern und den Mittelstand zu entlasten, etwa durch entschieden weniger administrativen Aufwand. Es kann nicht sein, dass zwischen 20 und 50 Prozent der Gewinne von Beratern aufgefressen werden, um all die Regularien einhalten zu können – sprich: Das komplette System sollte vereinfacht werden.
Und zu Europa: Hier würde ich mir wünschen, dass die Staaten, die am meisten einbezahlen, auch dementsprechend ihre Wünsche mit einbringen können.
Und Ihr Ausblick auf das laufende Jahr?
Leider hängt der Ausblick derzeit sehr stark vom Thema Corona ab. Ansonsten gilt: Wir bewegen uns in einer sehr interessanten Industrie mit immer neuen Aufgaben und Herausforderungen, die wir sehr positiv sehen. Und wir freuen uns natürlich Ende des Jahres wieder auf die electronica!