Interview mit Bernhard Erdl, PULS

Vom Modellflug zum Schaltnetzteil

6. März 2018, 15:00 Uhr | Ralf Higgelke
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Low-Cost, aber mit den Puls-Genen

Als Sie kürzlich die neue Piano-Serie vorstellten, sprachen Sie davon, dass auch diese Low-Cost-Serie die Puls-Gene habe. Was sind aus Ihrer Sicht diese Gene?

Die wichtigste Eigenschaft einer Stromversorgung ist – und das mag banal klingen –, dass sie funktioniert. Auf Ihrem Anwenderforum Stromversorgung habe ich das bei meiner Keynote 2016 so ausgedrückt: »Wenn das Herz nicht mehr schlägt, dann ist das keine Funktionseinschränkung. Dann sind Sie tot!« Ich sehe die Stromversorgung als das Herz eines Systems an. Wenn sie ausfällt, dann geht gar nichts mehr. Also ist Zuverlässigkeit das oberste Kriterium, was sich auch immer wieder in Kundenbefragungen zeigt. Und das meine ich mit den Puls-Genen, da machen wir keine Abstriche. 

Puls
Bild 2: Die neue Piano-Serie hat trotz des Low-Cost-Ansatzes die Puls-Gene mitbekommen.
© Puls

Gegenüber der Premiumfamilie Dimension ist die Piano-Serie abgespeckt, um den angestrebten Preispunkt zu erreichen. Auf welche Funktionen haben Sie bei der Low-Cost-Serie verzichtet und warum? 

Abstriche haben wir bei Randfunktionen gemacht. Braucht die Stromversorgung eine Spezialzulassung für Marineanwendungen? Oder muss die Stromversorgung wirklich auch DC-Eingangsspannungen verarbeiten können? Dafür gibt es zwar einen Markt, aber der ist sehr klein. Warum also sollen die 95 Prozent der Anwender, die mit Wechselspannung am Eingang arbeiten, für eine Funktion zahlen, die nur für die verbleibenden fünf Prozent der Anwender wichtig ist?

Was wir auch weggelassen haben, ist die Spitzenlastfähigkeit. Diese ist für manche Anwendungen wichtig, beispielsweise wo Antriebe dabei sind, aber nicht jeder hat Spitzenlasten. Durch das Weglassen solcher Funktionen lassen sich Kosten reduzieren. 

Wenn ein Entwickler eine Stromversorgung für sein System auswählen muss, worauf muss er bei dieser Auswahl achten? 

Wie schon gesagt: Zuverlässigkeit ist zentral, wobei diese aus zwei Aspekten besteht: zum einen aus der statistischen Ausfallwahrscheinlichkeit – Stichwort MTBF –, zum anderen aus der Lebensdauer, die durch die Alterung beziehungsweise den Verschleiß der Bauteile begrenzt wird. Im Allgemeinen gilt Elektronik ja als verschleißfrei, aber in Netzteilen kommen im Zwischenkreis Elektrolytkondensatoren zum Einsatz, die mit der Zeit ausgasen und Elektrolyt verlieren. Dadurch ist ihre Lebensdauer und damit auch die der Stromversorgung begrenzt.

Der nächste wichtige Aspekt ist die Wärmeentwicklung und damit der Wirkungsgrad. Danach kommt – und auch das kann man noch unter den Punkt Zuverlässigkeit eingruppieren – die Robustheit gegenüber abnormen Betriebsbedingungen.

Wie verhält sich das Netzteil bei netzseitigen Über- und Unterspannungen? Und das nicht nur in einem – noch – wohlorganisierten Stromnetz wie bei uns in Deutschland, sondern auch in solchen von Schwellenländern. Ein Entwicklungsleiter in einem solchen Land sagte mir einmal: »Alles über 160 Volt ist für uns Netzspannung.« Da sind wir natürlich weit außerhalb der 230 Volt plus/minus zehn Prozent! Gleiches gilt aber auch für Überspannungen beispielsweise bei Windkraftanlagen. 

Das waren bislang Eigenschaften des Produktes. Würden Sie auch den Hersteller selber unter die Lupe nehmen? 

Das würde ich auf alle Fälle tun, denn das beste Design nützt nichts, wenn der Stromversorgungshersteller diese nicht in Stückzahlen in reproduzierbarer Qualität fertigen kann. Oder auch welche Anwendungsunterstützung kann ich von ihm erwarten? Welche Problemlösungsfähigkeiten hat er? Das sind gewisse Soft Facts, die aber in der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden sollten.

Herr Erdl, besten Dank für Ihre Zeit und das Gespräch. 

Das Interview führte Ralf Higgelke.


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