Früher wurde jede Funktion im Fahrzeug mit einer eigenen ECU (Electronic Control Unit) realisiert. Das hatte zur Folge, dass in Premiumfahrzeugen mehr als 100 dieser ECU-Boxen verbaut waren. Diesem Wildwuchs soll die derzeit verfolgte Zonenarchitektur entgegenwirken.
»Im Fahrzeug findet derzeit eine Evolution statt: weg von einer verteilten E/E-Architektur, hin zu einer Domänen-basierten Architektur, die zum Teil schon in Serie zu finden ist. Im nächsten Schritt steht dann der Wechsel auf eine Zonenarchitektur an, die für die Automobilhersteller viele Vorteile bietet«, erklärt Robert Schweiger, Director Automotive Solutions bei Cadence Design Systems. Diese Evolution ist aber nur möglich, weil auch in der Netzwerktechnologie deutliche Fortschritte hinsichtlich der Bandbreite erreicht wurden. Schweiger weiter: »In der Domänen-basierten Architektur geht es einerseits darum, die Vernetzung zu homogenisieren, andererseits die Anzahl der Steuergeräte und schlussendlich auch die Kosten zu senken.« So werden beispielsweise einige Netzwerkprotokolle ausgefast, ein Beispiel ist MOST, ein anderes Beispiel ist Flexray. Schweiger weiter: »Ziel ist es mehrere Datenraten mittels verschiedener PHYs im GLEICHEN Netzwerk unter Verwendung des GLEICHEN Protokoll-Stacks zu unterstützen!«
Und weiter: »Mittlerweile gibt es einen 1-Gbit Ethernet-PHY in Serie und es gibt viele IP- und Chip-Hersteller, die Ethernet-Produkte für den Automotive-Markt anbieten, so dass der Automotive-Industrie ein viel größerer „Ethernet-Baukasten“ zur Verfügung steht.« Ziel ist es, die Ethernet-Datenrate weiter zu erhöhen - z. B. auf 10 Gbit/s. »Mit der Bandbreite steht und fällt die Weiterentwicklung der E/E-Architektur«, so die Überzeugung von Schweiger.
Und im nächsten Schritt folgt die Zonenarchitektur. Die Domänenarchitektur hat beispielsweise vier Domänen-Controller (ADAS, Infotainment, Body-Control und Powertrain), also sehr große Steuergeräte, an denen weitere Steuergeräte hängen. Schweiger: »Die sind im Fahrzeug an einer bestimmten Stelle verortet, so dass es sein kann, dass die Verkabelung sehr aufwendig wird. Die Zonenarchitektur macht hier einen entscheidenden Schritt nach vorne.« Denn mit der Zonenarchitektur basierend auf leistungsfähigeren SoCs gibt es noch zwei Zentralrechner, die redundant ausgelegt sind, plus konfigurierbare Zonen-Controller beispielsweise in jeder Ecke des Fahrzeugs. Damit ist nicht nur die Verkabelung einfacher, ein viel wichtigerer Punkt besteht in der einfacheren Skalierbarkeit. »Je nach Fahrzeugklasse wandert mehr oder weniger Elektronik und Sensorik ins Fahrzeug. Bei der Zonenarchitektur können beim Premiumfahrzeug einfach zusätzliche Zonen-Controller integriert werden, die beim Einstiegsfahrzeug einfach weggelassen werden, um Kosten zu sparen«, so Schweiger. Für die Anbindung der Endpunkte wie etwa Sensoren wird laut seiner Aussage über Automotive-SerDes diskutiert, »ebenfalls ein Standard, den beliebige Hersteller aufgreifen können.« Die Netzwerkkommunikation wird auch bei der Zonenarchitektur über Ethernet laufen.
Dafür muss allerdings die Datenrate weiter angehoben werden. Der jetzt verfügbare 1 Gbit-PHY reicht ja bei weitem nicht aus, um die Daten einer Kamera mit 4K-Auflösung zu transportieren, selbst eine Full-HD-Kamera bräuchte 2 Gbit/s. Dementsprechend aufwendig wird es, wenn ein OEM für die Realisierung von autonomen Fahrfunktionen die Rohdaten der einzelnen Sensoren für seine Sensorfusion durch das Auto jagt, um sie in einem Zentralrechner zu fusionieren und zu verarbeiten. »Hinzu kommt noch ein Wettlauf zwischen Bandbreite und Sensorauflösung. Deshalb wird es in den nächsten Jahren weiterhin einen Mix zwischen intelligenten Sensoren, die die Daten am Sensor vorverarbeiten und einfachen Sensoren, die ihre Rohdaten unverarbeitet weiterleiten geben«, so die Überzeugung von Schweiger. Und abschließend: »Gerade in Hinblick auf autonome Fahrfunktionen muss aber sowieso noch viel passieren, nicht nur hinsichtlich der Datenrate. In diesem Zusammenhang geht es auch um Fragen nach der HW/SW-Komplexität und wie sich verifizieren lässt, dass beides zuverlässig funktioniert, es geht um Leistungsaufnahme, denn es ist sicherlich langfristig keine Lösung, eine Plattform ins Fahrzeug zu integrieren, die 500 W verbraucht und mit Wasser gekühlt werden muss, aber auch bei Themen wie EMI, Safety und Security müssen noch einige Fragen geklärt werden.«