Head-up-Displays sind teuer. Deshalb kommen sie bislang fast ausschließlich in höherklassigen Fahrzeugen zum Einsatz. In Kleinwagen sowie in der Mittelklasse sind sie noch rar. Das sollte sich ändern.
Ein Head-up-Display (HUD, Deutsch: Kopf-hoch-Anzeige) blendet wichtige Informationen in das Sichtfeld des Nutzers ein, ohne den Blick auf das tatsächliche Geschehen zu beeinträchtigen. Bekannte Anwendungen sind HUDs im Flugzeug für Piloten sowie in Straßenfahrzeugen. Mittlerweile bekommen auch Motorradfahrer ein HUD in den Helm integriert, ja sogar für Fahrradfahrer werden HUD-Brillen angeboten. Zu den neuesten Anwendungen der HUD-Technik zählen beispielsweise Augmented-Reality-Brillen wie die HoloLens von Microsoft, bei denen die eingeblendeten Informationen mit dem real Gesehenen überlagert werden, bis sie mit der Realität zu verschmelzen scheinen.
Was anfangs meist als Spielerei abgetan und nur in höherklassige Fahrzeuge eingebaut wurde, ist inzwischen zu einer etablierten Technik herangereift, die zur Fahrsicherheit und zur Vermeidung von Unfällen beitragen kann. Wie kam es dazu? Die herausragende Eigenschaft, die das HUD von einer simplen Spiegelung in der Fahrzeugscheibe unterscheidet, ist der empfundene Abstand der gespiegelten Anzeige. Also die Entfernung, auf die sich die Augen einstellen und bei der das virtuelle Bild scharf und deutlich gesehen wird.
Ein Handy etwa, das auf das Armaturenbrett gelegt wird und von der Windschutzscheibe (WSS) reflektiert wird, erscheint sehr nahe, während sich die virtuelle Anzeige des HUDs links über der Motorhaube in etwa 2,5 Metern Abstand zu befinden scheint.
Wie geht das? Zunächst muss klar sein, dass die gekrümmte WSS das Bild eines Displays verzerrt. Hinzu kommt, dass die WSS nicht einfach eine sphärische Krümmung aufweist, sondern die Krümmungsradien sich ändern, und das in vertikaler sowie in horizontaler Richtung. Ein kompaktes Optiksystem kompensiert diesen Effekt und erzeugt durch geschickt berechnete und angeordnete Spiegel ein für den Fahrer scharfes Bild.
Warum dieser Aufwand? Das HUD blendet nicht nur wichtige Informationen in das Sichtfeld des Fahrers ein, sondern ermöglicht gleichzeitig ein besonders schnelles Erkennen der Anzeige, indem es dem Auge das Ablesen durch die im Abstand von 2,5 Meter Entfernung wahrgenommene Anzeige erleichtert. Es entfällt die Akkommodation, also die Anpassung des Auges vom Fern-Sehen (reguläre Fahraufgabe) auf das Nah-Sehen (auf Dashboard- oder Armaturenbrettentfernung), um Informationen zu erfassen. Dieser Faktor trägt deshalb in hohem Maße zur Ergonomie bei (Bild 1).
Die Akkommodationsfähigkeit ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich und hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Neben der Umgebungshelligkeit und dem Ermüdungszustand wirkt sich auch das Alter des Menschen auf die benötigte Akkommodationszeit aus. Vom Blick auf die Geschwindigkeitsanzeige hinter dem Lenkrad zurück auf die Straße können Sekunden vergehen. Für die Verkehrssicherheit bedeutet also der Einsatz eines HUD
Wissen kompakt: Die Vorteile von Head-up-Displays |
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Ein Head-up-Display (HUD) projiziert wichtige Informationen direkt ins Sichtfeld des Fahrers, ohne dass dieser seinen Blick von der Straße abwenden muss. Das verbessert die Verkehrssicherheit erheblich. Eine herausragende Eigenschaft des HUD ist die Art und Weise, wie die Anzeige erscheint: Durch ein raffiniertes Optikdesign wird die HUD-Anzeige über eine Reflexion in der Windschutzscheibe erzeugt, sodass sie in einer virtuellen Entfernung von etwa 2,5 Metern vor dem Fahrer zu schweben scheint. Diese Entfernung ermöglicht es dem Fahrer, die Informationen schnell zu erfassen, ohne dass sein Blick zu weit von der Straße abweicht, was die Ablenkung auf ein Minimum reduziert. Die Entwicklungsperspektiven sind vielversprechend: Eine breitere Akzeptanz könnte die Kosten senken, insbesondere durch einfache und kostengünstige Basispakete für Klein- und Mittelklassewagen. Innovative Ansätze wie die Auslagerung der Steuerung auf mobile Geräte könnten die Kosten weiter reduzieren. Für höhere Preissegmente wird die AR-HUD-Technik weiterentwickelt, um größere und vielfältigere Darstellungen zu ermöglichen. |
Wenn auch die Ergonomie und Verkehrssicherheit als positive Eigenschaften der HUD-Technik zuerst angesprochen werden, so ist wohl die Steigerung des Fahrkomforts die treibende Kraft in der HUD-Entwicklung.
Einfach angenehm: Alle wichtigen Anzeigen werden übersichtlich dargestellt. Durch die Weiterentwicklung der Displaytechnik mit immer höheren Auflösungen wird jetzt nicht mehr nur die Geschwindigkeit auf dem virtuellen Bild dargestellt, sondern auch Informationsinhalte zur Navigation, zum Telefon, zu Warnmeldungen des Fahrzeugs sowie zu Multimediaanwendungen.
Das ist nicht nur komfortabel, sondern auch sicherheitsrelevant. Denn die Autohersteller ersetzten in der Vergangenheit die Schalter, Drehknöpfe und Schieberegler zunehmend durch Displays mit Touchscreens. Bis man mit nach unten geneigtem Blick in den komplizierten Menüs und Untermenüs die richtige Einstellung gefunden hat, ist man viele 100 Meter blind gefahren. Mit einem HUD hingegen bleibt der Blick länger auf der Straße.
Es gibt noch keine validen Unfallstudien, welche die durch Ablenkung des Fahrers aufgrund der Bedienung von elektrischen Geräten entstandenen Unfälle erfassen – sei es durch Bedienung des Smartphones oder durch die Bedienung anderer Eingabegeräte. Vermutlich ist die Dunkelziffer sehr hoch, denn die Unfallverursacher geben zu diesem Aspekt in der Regel nicht freiwillig Auskunft. Diese Dunkelziffer sowie das hohe Risiko, das mit der Nutzung von Handys während der Fahrt einhergeht, zeigt deutlich, wie dringend Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit notwendig sind.
Die logische Konsequenz ist daher, die Anbindung des Smartphones an das HUD zu erhöhen. Diese Entwicklung ist bereits im Gange. Vermutlich wird in neuen Systemen die Anbindung der Handyfunktionen noch deutlich umfangreicher sein als bisher, um die allgemeine Verkehrssicherheit weiter zu optimieren und gleichzeitig den Fahrkomfort zu verbessern. Die intelligente Sprachassistenz ergänzt solche Sicherheitskonzepte.
Die HUD-Entwickler haben sich gemeinsam mit den Fahrzeugherstellern bisher bemüht, leicht verständliche Anzeigekonzepte mit einem gut durchdachten und schlichten Design zu verwenden. Ziel war es, den Fahrkomfort und die Fahrsicherheit zu verbessern, ohne die Aufmerksamkeit des Fahrers durch ein Überangebot an Informationen zu mindern. Auch in Zukunft wird es wichtig sein, eine Balance zu finden zwischen einer Verbesserung der Fahrsicherheit und einer marktgetriebenen Komfortsteigerung durch mehr und mehr Applikationen, etwa durch vom Mobiltelefon ausgehende Anwendungen.
Je mehr Verkehrsteilnehmer mit einem HUD ausgestattet sind, umso stärker wird sich das auf die allgemeine Verkehrssicherheit auswirken. Leider sind die Zusatzkosten bisher immer noch recht hoch, und so wird bei der Konfiguration eines Neuwagens das angebotene HUD oftmals von anderen Annehmlichkeiten aus der Aufpreisliste ersetzt. Mit der steigenden Akzeptanz der HUD-Technik in allen Preisklassen wird zukünftig jedoch auch der Anschaffungspreis sinken.
Für Fahrzeuge der Mittelklasse bis zum Kleinwagen besteht die aktuelle Herausforderung an die Entwickler in einer einfacheren und kostengünstigeren Umsetzung eines HUD, das die wichtigsten Funktionen in Form eines Basispaketes wie Geschwindigkeitsanzeige und reduzierte Darstellung von Navigationshilfen sowie Anzeigen für Radio und Telefon enthält. Ein Ausweg zur Kostenreduktion könnte die Auslagerung der Steuerungseinheit auf ein Smartphone sein. Über eine individuell einstellbare Applikation könnte das Handy ähnlich wie bei einer Navigations-App die Bilder generieren und das HUD dient nur noch der Wiedergabe für das virtuelle Bild. Kommerziell gesehen besteht hierbei ein hohes Entwicklungspotenzial mit einem großen Markt.
Im mittleren Preissegment werden die Größe des virtuellen Bildes und die Darstellungsvielfalt zunehmen, um neben der Ergonomie zusätzlich auch den Fahrkomfort zu verbessern.
In der Luxusklasse wird die HUD-Technologie immer tiefer in die Welt der Augmented Reality eintauchen. Dabei wird das Ausmaß des virtuellen Bildes weiter zunehmen. Trotz der gegenwärtigen Einschränkungen durch die optische Technik mittels Spiegeln, die aufgrund des steigenden Platzbedarfs an Grenzen stößt, entstehen zunehmend innovative Ansätze, um das virtuelle Bild weiter zu vergrößern.
Ein sehr wichtiger Baustein für neue Projektionstechniken ist die Hologramm-Technik. Deren Herstellungstechniken und Präzision sind in der Vergangenheit weiterentwickelt worden, zum Beispiel das Smartglas von Zeiss. So können großflächige Hologramme mit hoher Präzision und Reproduzierbarkeit mittels Folien auf Gläser aufgebracht werden. Vereinfacht kann man sich vorstellen, dass dem Licht durch das Gitter eine veränderte Oberflächenkrümmung zur Reflexion präsentiert wird, wodurch sich das Sichtfeld des Fahrers vergrößern lässt.
In Bild 2 würde das Licht (obere Lupe) ohne das Gitter die Augen des Fahrers nicht erreichen, sondern über seinen Kopf hinweg leuchten. Auf diese Weise können die WSS und die Combinerscheiben für das HUD so modifiziert werden, dass mit der aktuellen Spiegeltechnik noch größere virtuelle Projektionsflächen für das HUD umsetzbar werden. Zum Beispiel hat Continental mit Digilens eine Verdopplung des Sichtfelds erreicht.
Die Hologramme können auch genutzt werden, um das Licht eines Miniaturdisplays gezielt an einer Stelle des Combiners einzukoppeln (Holo-Gitter I) und es mit einem weiteren Gitter (Holo-Gitter II) großflächig in Richtung Fahrer auszukoppeln (Bild 3). Diese Technik wird bereits unter anderem in der HoloLens eingesetzt (Bereich in der Nähe des Auges). Anwendungen für weiter entfernte Flächen werden aktuell getestet.
Einen anderen Weg, große Displayflächen zu erzeugen, stellt die DLP-Technik dar (digitale Lichtverarbeitung). Hierbei wird das Licht einer starken und gebündelten Lichtquelle auf ein sehr kleines Mikro-Spiegel-Array geführt. Ein Beispiel hierfür sind die DMDs (Digital Micromirror Devices) von Texas Instruments (Bild 4).
Durch das Umklappen der vielen Tausend Mikrospiegel wird das Bild generiert und auf eine Projektionsfläche reflektiert. Die Technik wird sehr erfolgreich in Kinos und Projektoren eingesetzt.
Für sich allein genommen kann die DLP-Technik nicht als HUD-Lichtquelle eingesetzt werden. Die WSS würde das Licht, das von einem kleinen Mikrospiegelbauteil abgestrahlt wird, nicht hauptsächlich in die Augen des Fahrers reflektieren. Durch die gezielte Berechnung eines Hologramms für die Scheibe aber wäre es möglich (WayRay). Der Bauraum, der für die Spiegel notwendig gewesen ist, wird mit dieser Technik deutlich verkleinert.
Der Autor
Dr. Thorsten Buschmann
ist Lead Engineer für Head-up Display und Lichttechnik bei Creat am Standort Wolfsburg. Mit seiner Expertise in HUD-Entwicklung, Optiksimulation und CFD-Simulation von Lichtsystemen ist er seit 2006 an der Entwicklung von Head-up-Displays für führende deutsche Automobilhersteller beteiligt.