Der neue Vorsitzende der electronic displays Conference (edC) steht für Kontinuität, setzt aber auch neue Akzente, wie er im Interview mit Markt&Technik erklärt. Sie reichen von resilienten Lieferketten über Nachhaltigkeit und der Rolle der KI bis zu soziologischen Aspekten der Display-Entwicklung.
Markt&Technik: Sie sind der neue Vorsitzende des Programmkomitees der electronic display Conference, kurz edC, nachdem Prof. Karl-Heinz Blankenbach den Vorsitz aus Altersgründen abgegeben hat. Welche neuen Schwerpunkte wollen Sie setzen?
Prof. Jan Bauer, Vorsitzende des Programmkomitees der edC: Die edC ist ausgesprochen erfolgreich, wir können wieder einmal auf eine sehr gelungene Veranstaltung im März dieses Jahres zurückblicken. Viel ändern zu wollen, wäre sicherlich keine gute Idee. Wir haben den Übergang sehr sorgfältig geplant, ich arbeite bereits seit zwei Jahren mit Prof. Blankenbach sehr eng in der Organisation der edC zusammen, der Übergang wird also fließend sein, zumal Prof. Blankenbach auch nach 23 Jahren noch unterstützend mit an Bord bleiben wird. Einige neue Akzente wollen wir allerdings setzen, die die neusten Engwicklungen in der Displaytechnik widerspiegeln sollen.
Noch können Papers eingereicht werden! |
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Am 11. und 12. März 2026 findet Europas größte Konferenz für elektronische Displays und ihre Anwendungen, die edC, wieder in Nürnberg statt. Der Call for Papers läuft nur noch bis zum 6. Oktober – nutzen Sie die letzten Wochen, um Ihr Paper über www.electronic-displays.de einzureichen! Jedes Jahr treffen sich Display-Experten aus der ganzen Welt auf der electronic displays Conference (edC) in Nürnberg, um die neuesten Ergebnisse aus Forschung und Entwicklung zu präsentieren und zu diskutieren. Die edC ist die etablierte Konferenz in Europa zur Förderung des Dialogs und der Diskussion auf dem Gebiet der elektronischen Displays und der mit Displays ausgestatteten Systeme. Sie bietet ein englischsprachiges Programm mit Fachvorträgen zu verschiedenen Display-Themen: • Display Technologies & Materials Die Konferenzteilnehmer repräsentieren also die gesamte Wertschöpfungskette von Entscheidungsträgern und Ingenieuren bis hin zu Fachleuten aus der Industrie. Die Vorträge auf der electronic displays Conference gehen in den Tagungsband mit ein. So können die Referenten mit ihrem Vortrag und dem begleitenden Paper eine langfristige Wirkung erzielen. Die »Author Interviews« auf der edC ermöglichen den Referenten zudem den direkten Kontakt und Gedankenaustausch mit interessierten Teilnehmern. Bei diesen Gesprächen an runden Stehtischen können sie ihr Netzwerk in informeller Atmosphäre erweitern. Neben den Vorträgen bietet das Programm der edC auch Poster zur Informationsvermittlung und Kontaktaufnahme. Im Lounge-Bereich platziert, sind die Poster während der gesamten electronic displays Conference gut sichtbar. Nutzen Sie die Chance und reichen Sie Ihren Vortragsvorschlag bis zum 6. Oktober 2025 über www.electronic-displays.de ein, um als Speaker auf der edC 2026 in Nürnberg dabei zu sein! |
An was denken Sie dabei konkret?
Ich denke, dass es wichtig ist, einige Themen anzusprechen, die auf der traditionell sehr technisch geprägten Konferenz bisher weniger zur Sprache gekommen waren. Ich finde es zum Beispiel sehr spannend, der Frage nachzugehen, welche Auswirkungen die Displays auf die Gesellschaft nehmen, und was das im Umkehrschluss für die Displayhersteller bedeutet. Wie müssen sie in Zukunft die Displays gestalten, um die sich wandelnden Ansprüche der Anwender zu treffen, in welche Richtungen müssen sie künftig entwickeln?
Sind dann künftig auch die Erkenntnisse von Soziologen und Psychologen gefragt, um zu sehen, wo die technische Entwicklung von Bildschirmen hingeht?
Wie stark die Displays die Gesellschaft beeinflussen, sieht jeder, der mit offenen Augen in der Stadt, im Zug oder ganz allgemein der Öffentlichkeit unterwegs ist. Das Smartphone ist zur Informationsquelle Nummer 1 geworden und das Interface es besteht praktisch aus einem Display. Außerdem prägen weitere Displays unsere Umwelt, die Displays sind in unserem Leben allgegenwärtig, fast überall, wo ein Controller sitzt, ist auch ein Display verbaut – das macht es ja für die edC so besonders interessant, dass sie parallel mit der embedded world stattfindet. Aber zurück zur Frage: Apple beispielsweise hat schon im Design ihrer »Retina«-Displays Erkenntnisse der Psychophysik verwendet. So kann das menschliche Auge in etwa 30 cm Abstand bei einer Auflösung von rund 300 dpi die einzelnen Pixel nicht mehr wahrnehmen. Das führt zu einem homogener wirkenden Bild, was den Sehkomfort steigert. Die Erkenntnisse Farbpsychologie können auch bei der Farbgestaltung verwendet werden: Das Display reagiert auf verschiedene Umweltbedingungen, so dass die Farben immer natürlich erscheinen. Am Abend sinkt der Blauanteil des Sonnenlichts. Die Displays hatten bisher dagegen einen konstant hohen Blauanteil. Wer einen solchen den Bildschirm bis tief in die Nacht benutzt, dem gaukelt er vor, dass es noch heller Tag ist, der Körper schaltet nicht auf den Einschlafmodus um, der Mensch findet dann nur schwer in seinen nötigen Schlaf. Wird der Rotanteil des Lichts erhöht, kann auch diesem Effekt entgegengewirkt werden: Auch wenn jemand am Abend noch einige Zeit vor dem Bildschirm sitzt, kann er dann doch recht gut einschlafen. In diesem Bereich gibt es vermutlich großes Potenzial für weitere interdisziplinäre Forschung und Entwicklung – wir stehen hier erst am Anfang.
Auf welchen Gebieten wollen sie weitere Akzente setzen?
Ein weiteres derzeit sehr aktuelles Thema ist die Absicherung der Lieferketten. Wie können sie im Angesicht der geopolitischen Spannungen resilient gemacht werden?
Und als sehr dringend sehe ich an, die Displays nachhaltiger zu gestalten – von ihrer Produktion über den Betrieb, bis zu ihrem möglichst hundertprozentigen Recycling – »from Cradle to Cradle«. Das bedeutet: Die Rohstoffe und Materialien sollen in Kreisläufen immer wieder genutzt werden, so dass kein Abfall entsteht, sondern alles wieder für den Aufbau neuer Displays genutzt wird. So wie es in der Natur geschieht: Wenn Bäume ihr Laub abwerfen, wird es auch nicht zu wertlosen Abfall, sondern dient den neuen Generationen wieder als Rohstoff. Wir können es uns ebenfalls nicht mehr leisten, wertvolle Rohstoffe zu verschwenden.
Welche weiteren technischen Entwicklungen im Display-Bereich betrachten Sie ebenfalls als derzeit interessant?
Wie die KI-Entwicklung in die Displays eingehen wird, halte ich für eine sehr interessante Frage – und zwar auf mehreren Ebenen. So können Bilder während der Produktion aufgenommen werden, um mit Hilfe der KI Qualitäts-Checks und Yield-Management durchzuführen. Mit Hilfe von KI werden sich die Bildschirme besser an die jeweiligen Umweltbedingungen anpassen lassen. Außerdem kann die KI herangezogen werden, um neue Materialien zu entwickeln, die dazu führen, dass sich aus den Bildschirmen noch bessere Leistungen sowie weitere Funktionalitäten herauskitzeln lassen und dass sie sich noch besser an wechselnde Umweltbedingungen anpassen können.
Werden künftig ganz neue Display-Technologien eine Rolle spielen – oder kann es sogar sein, dass bisher als sehr vielversprechend angesehene Technologien klang- und sanglos verschwinden werden?
Wenn Sie hier auf die microLEDs anspielen, muss ich deutlich widersprechen: Diese Displays liefern höhere Leuchtkraft bei längerer Lebensdauer als sie die OLEDs erreichen – das muss sich auf längere Sicht durchsetzen. In der technologischen Entwicklung geht es halt oft nicht so schnell, wie viele das gerne hätten – und bisweilen gibt es eben auch Rückschläge. Das war schon in der Geschichte der OLEDs so. Die Firmen, die auf sie gesetzt haben, konnten sie zwar immer wieder verbessern und dennoch hatten sie über eine lange Zeit gegenüber den LCDs das Nachsehen. Denn die LCDs machten ihrerseits Fortschritte. Die OLEDs lagen zwar in einigen technischen Werten konstant vorne, doch wegen ihrer höheren Kosten reichte dieser Vorteil nicht für den Durchbruch am Markt, der ihnen eben immer wieder viel zu früh vorhergesagt wurde. Doch plötzlich war er dann da. Ich vermute, dass die Entwicklung bei den microLEDs ähnlich verlaufen wird – es dauert eben seine Zeit, bis eine neue Technik massentauglich wird.
Zurück zum edC in Nürnberg: Welchen Stellenwert hat diese Konferenz weltweit gesehen?
Die größte Display-Messe weltweit ist sicher die SID in den USA, aber Größe allein ist nicht alles. In Europa ist die edC sicher zur bedeutendsten Messe aufgestiegen und sie zieht auch viele Besucher und Teilnehmer aus den übrigen Weltregionen an. Die Qualität der Konferenzbeiträge liegt sicherlich auf dem hohen Niveau der SID. Deshalb ist die edC für alle ein Muss, die wissen wollen, was sich in Europa tut und was sie tun müssen, um auf die Anforderungen des europäischen Marktes eingehen zu können. Da ist besonders vorteilhaft, dass die embedded world parallel stattfindet. Da können die Teilnehmer und Vortragenden schnell mit den Firmen in Kontakt kommen, die sich im Umfeld der Embedded Technologien mit Displays beschäftigen. Das ist ein wichtiges Kennzeichen der edC und ein Differenzierungsfaktor zu anderen Display-Konferenzen: In Nürnberg sind die Wege kurz, sowohl die Konferenzteilnehmer als auch die Mitarbeiter der Aussteller auf der embedded world laufen sich hier über den Weg, das ist einzigartig. Ich bin überzeugt, dass die Vernetzung nirgendwo sonst so gut funktioniert wir in Nürnberg. Das habe ich auch schon so empfunden, als ich selber noch in der Industrie gearbeitet habe und bereits auf der edC sowohl als Besucher als auch Vortragender dabei war. Ich bin immer gerne zwischen der Konferenz und der Messe hin- und hergependelt, um bestimmten Unternehmen an ihren Messeständen zu besuchen. Und abends finden weitere Veranstaltungen fürs Networking statt.
Sie sind seit September 2019 als Professor an der Fakultät für Elektro- und Informationstechnik an der Hochschule Karlsruhe, wo ihr Fokus auf Bildverarbeitung, Signalverarbeitung und neuronalen Netzen liegt – aber immer wieder in enger Verbindung zu Displays. Wie ist Ihre die Vorliebe für Displays entstanden?
Schon als Student habe ich mich früh mit der Display-Technik beschäftigt. Im Rahmen einer Projektarbeit, bin ich direkt mit Prof. Blankenbach in Kontakt gekommen. Im Projekt ging es damals um ein Flip-Dot-Display für Anzeigen in Bussen. Dort sollten Texte über Internet eingespeist werden. Ich glaube ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass dies wohl eines der ersten Internet-of-Thing-Devices der Welt war. Prof. Blankenbach hat das wohl sehr gut gefallen. Er hat dann meine Master-Thesis bekleidet. Als ich bei Mercedes meinen ersten Job angetretenen hatte und von dort parallel dazu an meiner Doktorarbeit geforscht habe, hat er sie wiederum betreut. Es ging damals um die Frage, wie man Displays besser Ablesbar machen kann. Auch danach blieben wir weiter thematisch eng verbunden, haben zusammen an Displays geforscht und so entstand auch mein Interesse für die edC, an der ich als Besucher und Speaker über viele Jahre regelmäßig teilgenommen habe. Deshalb freue ich mich besonders, jetzt im Programmkomitee in seine Fußstapfen treten zu dürfen!