Bei der Elektrifizierung der Mobilität liegt ein Hauptaugenmerk auf der Batterieproduktion. Doch auch die Nachfrage nach effizienten Leistungssteuerungen sowie Zellkontaktier- und Batteriemanagement- systemen nimmt zu. Für OEMs und Zulieferer bietet sich dadurch eine Chance.
Die Tage der Neuwagen mit Diesel- und Benzinantrieb in Europa sind gezählt: Die EU-Kommission hat mit ihrer im Juli 2021 vorgestellten Klimastrategie »Fit for 55« de-facto das Aus des klassischen Antriebsstrangs auf Basis fossiler Kraftstoffe beschlossen. Die Elektrifizierung der Mobilität verändert die globale Automobilindustrie radikal und damit auch deren Zuliefererketten. Doch zahlreiche OEMs und Zulieferer befinden sich bei der Elektrifizierung in einer geschwächten Ausgangslage. Sie müssen rasch Know-how aufbauen, vertiefen und eigene Innovationen entwickeln.
Ein großer Fokus liegt derzeit auf der Batterieproduktion im Gigawattbereich, den sogenannten Gigafabriken. Doch greift allein die Produktion von Batteriezellen zu kurz, da mit den steigenden Volumina in der Batterieproduktion auch die Nachfrage nach effizienten Leistungssteuerungen sowie Zellkontaktier- und Batteriemanagementsystemen zunehmen wird. Um nicht ins Hintertreffen zu geraten, müssen OEMs und deren Zulieferer bereits jetzt den logischen nächsten Schritt mitbedenken: Eigene intelligente, effiziente Leistungssteuerungen zu entwickeln und kostengünstig zu produzieren. Hierzu sind zuverlässige Konzepte und Lösungen für automatisierte Produktionsanlagen notwendig.
Die einzelnen Produktionsschritte in der Herstellung von Zellkontaktiersystemen (ZKS) sind im Vergleich zu komplexen, hochpräzisen Mikroelektronikkomponenten, wie sie in der Solar- oder Elektronikindustrie vorkommmen, weniger komplex. Die Schwierigkeit liegt jedoch in der automatisierten Verkettung der Einzelschritte. Je nach Produktanforderung, ob Batteriemodule mit zylindrischen, prismatischen oder Pouch-Zellen kontaktiert werden, sind zwischen 15 und 50 erprobte und produktspezifische Prozesse erforderlich.
Die Wertschöpfung bei der ZKS-Produktion erfolgt entsprechend nicht über die jeweils einzelnen Prozess- und Arbeitsschritte, sondern über das perfekte, automatisierte Zusammenspiel der Produktionsausrüstung. Eine zentrale Herausforderung im Anlagendesign besteht darin, die für die Automatisierung kritischen Prozesse frühzeitig zu erkennen, diese zu testen, Szenarien und Lösungen für die skalierte, automatisierte Produktion zu entwickeln und die einzelnen Prozessmodule intelligent, effizient und flexibel zu integrieren. Hier können OEMs und Zulieferer gleichermaßen von der Branchenkompetenz von Manz profitieren. So gehört die präzise, automatisierte Bearbeitung und Montage von elektronischen Bauteilen in hohen Stückzahlen in der Solar- oder Leistungselektronikindustrie seit Jahren zum Branchenstandard und ist Bestandteil der Manz-DNA.
Je nach Produktstruktur, Werksanforderungen und Produktionstiefe können bei Produktionsanlagen für Zellkontaktiersysteme mehrere Produktionssegmente zum Einsatz kommen:
➔ Segment für Vormontage/Vorbereitung von Blechteilen
➔ Segment für die Rolle-zu-Rolle-Kabelvorproduktion
➔ Segment für die Bestückung der Trägerstruktur
➔ Segment für die variantenspezifische Kabelvorbereitung
➔ Segment für die Leiterplatten und Kabelvormontage
➔ Segment für die Verschweißung und Sensormontage
➔ Segment für die Versiegelung und End-of-Line-Tests
Je nach Betreiberprofil lassen sich die Produktionssegmente separat, teilverkettet oder vollintegriert umsetzen, um während der Nutzungsdauer auf sich ändernde Strategien der Materialwirtschaft und Produktionslogistik seitens der Supply-Chain reagieren zu können. Insellösungen bieten dabei Flexibilität bei Pufferkapazitäten und Produktwechsel, vollintegrierte Linien wiederum kommen auf die attraktivsten Durchsatzraten.
Innerhalb einer Produktionsanlage ist beispielsweise das Verschweißen von Sensorleitungen ein standardisierter Prozess, der aus unterschiedlichen Prozessschritten bestehen kann:
➔ Reinigen, Handhaben und Positionieren der zu bearbeitenden Bleche
➔ Ablatieren, Schneiden und Laminieren der Sensorleitungen
➔ Automatisierte Handhabung, Formgebung und Positionierung der produktindividuellen Kabel
➔ Löten von Sensoren, Leiterplatten und Steckverbindern/Pinleisten
➔ Verschweißen der Sensorleitungen auf die Zellverbinder
➔ Montieren und Einhausen der Hochstromkontakte
➔ Versiegelung
➔ Kleben der Sensorleitung
➔ Automatisierte optische Inspektion und Prüfung (AOI)
➔ Elektrische Prüfungen (EOL, End-of-Line-Tests)
Hinzu kommen Prozesse für das jeweilige Zuführen von Trägerstrukturen und Bauteilen, produktspezifische Materialförderung, Puffersysteme oder Regale sowie Prozesse des automatisierten, schnellen Wechsels von Werkstückträgern, Endeffektoren und Anpassung von Prozesseinstellungen.
Innerhalb der Produktion von Zellkontaktiersystemen stellt sich bei einigen Schlüsselprozessen die Frage, welche Methode die geeignetste ist, um zwei Werkstücke bzw. Materialien miteinander zu verbinden. Die in der Produktentwicklung der OEMs und Zulieferer anvisierte Methode ist aus Prozess- und Automationssicht nicht immer die wirtschaftlich und technologisch beste Lösung. Die Produktexpertise liegt zwar beim Auftraggeber, doch Automationsexperten wie Manz helfen, die aus prozessualer Sicht optimalen Anlagenkomponenten und Verarbeitungstechniken für die automatisierte Großserienproduktion auszuwählen.
So ist beispielsweise Ultraschallschweißen (US) in der Automobilindustrie ein erprobter und gängiger Prozess, der gerade bei der Verbindung von Kunststoffen große Vorteile hat. OEMs und Zulieferer haben bereits umfassende Erfahrungen mit Ultraschallschweißanlagen und bevorzugen häufig dieses Verfahren aufgrund der guten Expertise. Jedoch gibt es aus technologischer und wirtschaftlicher Sicht durchaus Argumente, die für alternative Schweißmethoden sprechen können. So hat das Laserschweißen bei der ZKS-Produktion einige Vorteile für Produzent und Kunden.
Think big, Start small |
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Die modulare Plattform LightAssembly von Manz bietet OEMs und Zulieferern die Möglichkeit, zunächst kleinere Stückzahlen zu produzieren und basierend auf den individuellen Lebenszyklusphasen der Produkte das Produktionskonzept als integrierte Linie oder als Clusterlösungen für größere Kapazitäten und gegebenenfalls zusätzliche Prozesse aufzurüsten und zu automatisieren |
In der Volumenproduktion von Zellkontaktiersystemen muss insbesondere bei der US-Verschweißung von Material auf eine zuverlässige Prozesskontrolle gesetzt werden, da Al-Bleche oder Drähte mitunter nicht bis zum Schmelzpunkt erhitzt werden können, ohne die Bauteilqualität zu beeinträchtigen. Stattdessen kann unter Umständen nur eine Verzahnung der Oberflächen erreicht werden, mit Effekt auf den elektrischen Widerstand und die Festigkeit der Fügestelle.
So kann ein höherer Widerstand verbleiben als bei lasergeschweißten Materialverbindungen. Ein höherer Widerstand kann nicht nur eine qualitative Auswirkung auf das Zellkontaktiersystem, sondern in der Folge auch auf den optimalen Betrieb eines elektrischen Antriebsstrangs als Ganzes haben. Laserschweißen hingegen garantiert den geringsten möglichen elektrischen Widerstand und die bestmögliche Festigkeit an filigranen Fügestellen und ermöglicht so eine hohe Leitfähigkeit, was insbesondere für Sensorleitungen interessant ist.
Auch beim Aufschweißen der Sensorleitung auf die Zellverbinder, die später im Antriebsstrang die Temperatur und die Spannung auf den einzelnen Zellen überwachen, kann Laserschweißen gegenüber Ultraschallschweißen punkten. Das Ultraschallschweißen erfordert in Summe mehr Prozessschritte, da das Werkstück in der Station mehrmals ausgerichtet und gehandhabt werden muss, um je nach Produktstruktur bis zu 50 und mehr Verbindungen zwischen Zellverbindern und Sensorleitungen zu verschweißen.
Je nach Design der Zellverbinder ist eine Parallelbearbeitung von mehreren Schweißpunkten zwar erreichbar, doch ein präzises Verschweißen aller Verbindungen in einem Arbeitsschritt ist beim Ultraschallschweißen nicht möglich. Beim Laserschweißen hingegen wird das Werkstück einmal präzise positioniert und bleibt dann an Ort und Stelle. Der Nullspalt wird über automatisierte Niederhalter sichergestellt. Über eine Scanneroptik wird der Laser im Arbeitsbereich geführt und schweißt mit einer Positionierung alle Verbindungen in einem Arbeitsschritt mit gleicher Qualität. Da das Werkstück nicht wiederholt gehandhabt und ausgerichtet werden muss, entsteht nicht nur ein höherer Durchsatz, sondern auch ein Qualitätsvorteil, da potenzielle Fehlerquellen eliminiert werden.
Neben diesen sehr spezifischen Vorteilen hat Laserschweißen gegenüber Ultraschallschweißen generell den Vorteil, dass die Werkstücke berührungslos verschweisst werden können. Entsprechend minimalinvasiv ist der Eingriff in die Beschaffenheit und Qualität der Werkstücke. Ultraschallschweißen basiert auf dem Prinzip, dass Sonotroden auf das Werkstück aufsetzen und durch hochfrequente Schwingungen Reibung und Wärme entsteht. Durch die lokale Aufschmelzung im Fügebereich verbinden sich die Materialien an der gewünschten Stelle. Ein zentraler Nachteil im Prozess- und Anlagendesign ist, dass durch das zwingend erforderliche Aufsetzen und Andrücken der Werkzeuge und die Wärmeentwicklung bei hoher Auslastung ein nicht zu vernachlässigender Werkzeugverschleiß entsteht.
Eine Sonotrode muss je nach Schweißnahtgeometrie und Fügewerkstoff nach ca. 25.000 Schweißvorgängen ausgetauscht werden. Die entstehenden Werkzeugkosten und die durch den Werkzeugwechsel entstehende, unproduktive Downtime ist nicht nur bei der Auslegung der vollautomatisierten Anlage zu berücksichtigen, sondern spielt auch bei der Wirtschaftlichkeitsanalyse für den Betreiber eine Rolle.
Das optische Laserschweißverfahren, bei dem ein gepulster Strahl einen hohen, punktuellen Energieeintrag erwirkt und so die Materialien verbindet, arbeitet kontaktfrei und damit verschleißarm. Es lassen sich schlankere und schmalere Schweißnähte mit einem geringen thermischen Verzug realisieren. Zwar sind die Anschaffungskosten für das Equipment eines Laserschweißprozesses höher, doch schneidet der Laser in der Gesamtbilanz durch die geringeren Betriebskosten mit zunehmender Nutzungsdauer besser ab.
Zudem kann mit dem Laserschweißen bei der Verschweißung von Aluminium und Kupfer je nach Schweißnahtgeometrie eine um drei- bis zehnmal schnellere Zykluszeit erreicht werden als mittels Ultraschallschweißen. Ultraschallschweißen ist für die beschriebene Aufgabe durch die Schritte einer eventuell erforderlichen Vorbereitung der Kontaktflächen, dem Anfahren von Sonotroden-Horn und Amboss, dem Andrücken und Anschmelzen sowie dem eigentlichen Schweißvorgang komplexer und aufwendiger zu automatisieren. Bei der Prozessüberwachung und beim Platzbedarf punktet hingegen das Ultraschallschweißen. Der aktive Laservorgang lässt keine unmittelbare Ergebnisüberwachung während der Prozessausführung zu und je nach Einsatzzweck kann die Anlage durch Absaugung und Kühlung mehr Platz benötigen.
Die Gegenüberstellung der verschiedenen Schweißmethoden zeigt, wie essenziell Prozesswissen ist, um eine nach wirtschaftlichen und technologischen Aspekten optimale Produktionsanlage zu liefern.