Closed-Loop-Prüfsysteme

Hochautomatisierte Fahrfunktionen schneller testen

12. April 2022, 14:00 Uhr | Autor: Mark Meiner, Redaktion: Irina Hübner
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Modelle für den Einsatz am Prüfstand

Zeitgleich zu Beginn der Konzepterstellung für den Closed-Loop-Prüfstand beginnt die Softwareentwicklung in enger Abstimmung mit dem Bereich Test Systems mit der Erstellung der vorangehend erwähnten Modelle, die später zur Validierung am Prüfstand eingesetzt werden. Umgebungsmodelle für die Absicherung von Komponenten oder Wirkketten müssen alle am Prüfsystem nicht real verbauten Steuergeräte, Bussysteme und das Fahrzeugverhalten realistisch simulieren können. Mit steigendem Reifegrad der Steuergeräte nimmt auch die Komplexität der Modelle zu (Bild 3).

Closed-Loop-Prüfstand für den Einsatz der Modelle
Bild 3. Closed-Loop-Prüfstand für den Einsatz der Modelle
© ASAP

In einem aktuellen Projekt erstellen Experten der ASAP-Gruppe die für die Entwicklung von ADAS-Funktionen benötigten Modelle für SiL- und HiL-Tests, die verschiedenste Fahrzeugmodelle inklusive aller Optionen für Sonderausstattungen bedienen. Im Modell zur Validierung der autonomen Navigation durch den Stadtverkehr etwa sind das Steuergerät selbst, seine Verhaltenslogik, die passende Umgebungslogik, die es umgebende Wirkkette und das Zusammenspiel mit anderen Steuergeräten sowie verschiedene Fahrzeugvarianten und Zielplattformen abgebildet.

Für die Nachbildung der Verhaltenslogik – also der Reaktion des Steuergeräts auf eingehende Signale – werden zunächst alle relevanten Komponenten der Wirkkette definiert. Nicht-relevante Signale, die keine Auswirkung auf die Wirkkette haben, werden durch eine statische Restbussimulation dargestellt. Dynamische Anteile der Wirkkette werden so realitätsnah wie möglich simuliert.

Ein solches Modell besteht aus circa 60 bis 70 kleinteilig aufgebauten Mo- dulen. Werden im Laufe der Entwicklung Änderungen notwendig, können diese schnell und gezielt am entsprechenden Modul innerhalb des Gesamtmodells umgesetzt werden. Anschließend wird das Modell mit zusätzlichen Eigenschaften vor dem produktiven Einsatz an einem Closed-Loop-Prüfstand automatisiert verifiziert.

Nach Inbetriebnahme 24/7 im Einsatz

Vor den Tests am Prüfstand wird dieser von den Entwicklern beim Kunden in Betrieb genommen. Dabei wird zunächst mit dem Gesamtsystem begonnen, das unter anderem hinsichtlich Funktionalität der Elektrik überprüft wird. Im Anschluss werden die Steuergeräte aktiv geschaltet, wobei ihre Kommunikation mit anderen Steuergeräten sowie ihre Erreichbarkeit für die Diagnose kontrolliert werden. Die Diagnosewerte wiederum werden dann für eine finale Überprüfung des gesamten Prüfsystems analysiert.

Nach erfolgreicher Inbetriebnahme bietet der Closed-Loop-Prüfstand für die Entwicklung hochautomatisierter Fahrfunktionen diverse Vorteile. Zum einen ist durch den Einsatz einer Testautomatisierung die Absicherung nicht auf manuelle Eingaben angewiesen und kann folglich rund um die Uhr kostengünstig eingesetzt werden; alle Ergebnisse werden dabei automatisiert dokumentiert. Zum anderen ermöglicht der Prüfstand die gezielte Reproduktion von Fehlern, sodass Funktionen auf die ausgewählten häufigsten Fehlerquellen hin untersucht werden können.

Die Reproduzierbarkeit ermöglicht zudem ein kontinuierliches Re-Testing der Steuergeräte unter exakt gleichen Prüfbedingungen. Im Vergleich zum realen Fahrversuch lassen sich am Prüfstand Funktionen mit deutlich gesteigerter Prüftiefe über eine Vielzahl von Parameterräumen umfassend absichern: Für jedes Steuergerät bietet der Prüfstand sowohl die Option zu Tests an einem Einzelprüfplatz als auch zur Validierung im vernetzten System der Wirkkette.

Verglichen mit realen Fahrversuchen werden die Funktionen am Prüfstand darüber hinaus in sicherer Umgebung erprobt: Würde etwa die Sensorik oder die Verarbeitung ihrer Daten durch die Fahrfunktionen bei einem Test am Prüfstand versagen, resultiert dies nicht wie unter realen Testbedingungen in kostspieligen Schäden am Fahrzeug oder der Testumgebung.

Insgesamt reduziert die Validierung am Prüfstand den Bedarf an realen Fahrversuchen mit teuren Prototypen auf ein Minimum und sorgt so nicht nur für eine Zeit- sondern auch für eine Kostenoptimierung der Validierung. Den Millionen an Testkilometern zur Absicherung hochautomatisierter Fahrfunktionen von morgen steht damit nichts mehr im Wege.

 

 

 

Der Autor

 

Mark Meier von ASAP
Mark Meier von ASAP
© ASAP

Mark Meier

studierte an der Hochschule Karlsruhe Fahrzeugtechnologie. Anschließend arbeitete er für einen Entwicklungsdienstleister in unterschiedlichen Rollen im Versuch, in der Entwicklung von Hybrid-, E- und Doppelkupplungsgetrieben. 2017 übernahm er die Leitung der Abteilung »Prüffeld und Versuch« bei einem Serienproduzenten für Getriebekomponenten und verantwortete dort die serienentwicklungsseitige sowie produktionsbegleitende Erprobung. Seit 2021 ist er bei der ASAP-Gruppe als Leiter Test Systems tätig.


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