Batterie-Management

Anforderungen an die Ladestrategie für Bleistarterbatterien

12. Dezember 2013, 10:08 Uhr | Von Prof. Dr. Jonny Dambrowski
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Fortsetzung des Artikels von Teil 3

Einfluss der Gitter

Folgenden werden rein technische Aspekte betrachtet und sämtliche Einflüsse aufgrund der Betriebsführung außer Acht gelassen. Tabelle 2 zeigt stark vereinfachend, welche Auswirkungen die Umstellung der Gittertechnik hat.

 Jahr≈ 1980≈ 1990≈ 2000≈ 2005≈ 2010
 Elektroden PbSb PbSb-niedrig Hybrid-Typ PbCa PbCa-niedrig
Wartungsfreiheit -- o/+ + ++ ++
Zyklenstabilität ++ + 0 -- --
 Ladeakzeptanz ++ +  0 -  -

Tabelle 2. In jüngster Zeit erfolgte ein Wechsel von Blei-Antimon- zu Blei-Kalzium-Gittern bei Starterbatterien, um vorrangig wartungsfreie Zellen zu bauen.Jahr


Eine Starterbatterie gilt als wartungsfrei, wenn innerhalb der für sie vorgesehenen Gesamtlebensdauer kein Wasser nachgefüllt werden muss. Demnach ist eine wartungsfreie Starterbatterie nicht notwendig verschlossen. Unterschieden wird zwischen geschlossenen und verschlossenen Bleiakkus. Da das Laden von Bleiakkumulatoren stets mit einer gewissen Gasung - und demzufolge mit Wasserverlust - verbunden ist, haben geschlossene Bleiakkus einen Verschlussstopfen, welcher zum Nachfüllen des Elektrolyten geöffnet werden kann. Das bei der Ladung entstehende Gas kann also stets nach außen entweichen. Verschlossene Bleiakkus hingegen haben statt der Verschlussstopfen Überdruckventile, welche erst bei Überschreiten eines bestimmten Druckes das in den Zellen befindliche Gas entweichen lassen.

Umgekehrt ist aber jeder verschlossene Bleiakku wartungsfrei. Die Wartungsfreiheit war eine der zentralen Forderungen der Automobil-Industrie und schließlich der Grund für die sukzessive Umstellung von PbSb- auf PbCa-Gitter (Tabelle 2). Allerdings ist mit diesem Wechsel eine Verschlechterung der Zyklenstabilität und der Ladeakzeptanz verbunden, die ihre Ursache u.a. in einem komplexen Alterungsmechanismus, nämlich dem sogenannten frühzeitigen Kapazitätsverlust (PCL, Premature Capacity Loss) hat. Der PCL-Effekt geht im Wesentlichen auf zwei Mechanismen zurück:

  • PCL1: Bildung nichtleitender (passivierender) Schichten zwischen Gitter und positiver aktiver Masse.
  • PCL2: Verlust der elektrischen Leitfähigkeit der positiven aktiven Masse (PAM).

Aus den Arbeiten von D. Pavlov [18] und L. Apateanu et al. [19] geht hervor, dass bei antimonfreien Gitterlegierungen, wie PbCa-Gittern, der PCL-Effekt besonders ausgeprägt ist. Zum Beispiel fanden die Forscher am U.S. Naval Research Laboratory heraus, dass unter den dort üblichen Zyklenbelastungen die positive Platte mit PbCa-Gittern innerhalb von zehn Zyklen unbrauchbar war [20].

Tabelle 3. In Starterbatterien verwendete Legierungen mit ihren wichtigsten Eigenschaften.
Tabelle 3. In Starterbatterien verwendete Legierungen mit ihren wichtigsten Eigenschaften.

Durch Variation der Ca-Konzentration und durch Zugabe weiterer Legierungsbestandteile wie Al, Zn oder Ag können mechanische Stabilität, Korrosionsbeständigkeit, Gitterwachstum, Ladeakzeptanz und die Zyklenlebensdauer verbessert werden (Tabelle 3). Jedoch liegen diese immer noch deutlich unter den Eigenschaften von PbSb(Sn), denn Zinn reduziert die Korrosionsgeschwindigkeit in positiven PbSb-Gittern und verbessert den elektrischen Kontakt und damit die elektrische Leitfähigkeit zwischen Gitter und positiver aktiver Masse [24]. Auch erhöht sich die elektrische Leitfähigkeit in der positiven aktiven Masse bei PbSb-Gittern aufgrund der Tatsache, dass Antimon im Laufe der Betriebszeit durch Korrosion in die positive aktive Masse (PAM) gelangt [25].

Einfluss der Produktionsverfahren

Die Gitter der positiven und negativen Elektrode von Starterbatterien werden heute nicht mehr gegossen, sondern überwiegend in der Streckmetalltechnik gefertigt. Die traditionelle Gusstechnik ist bei weichen Gittermaterialen, wie z.B. niedrig-PbCa-Gitter (Tabelle 3), ungeeignet. In solchen Fällen wird vorzugsweise die Streckmetalltechnik eingesetzt, mit der sich auch hohe Stückzahlen mit gleichmäßiger Qualität bei niedriger Ausschussrate herstellen lassen [26]. Grundsätzlich spielen Herstellungsverfahren eine nicht zu unterschätzende Rolle, wenn es um die Leistungsfähigkeit des Energiespeichers geht, denn sie entscheiden auch über die Resistenz einer Zelle gegen Fehlbehandlung durch unsachgemäße Betriebsführung.

Neben mechanischer Stabilität, Korrosionsgeschwindigkeit/Gitterwachstum der positiven Gitter sind auch Temperaturstabilität und elektrische Eigenschaften vom Herstellungsverfahren abhängig. Positive PbCa-Gitter, gefertigt in der Streckmetalltechnik, sind im Vergleich zu gegossenen PbCa-Gittern robuster gegen Überladung und Lagerung bei hohen Temperaturen, haben allerdings eine schlechtere Ladeakzeptanz im tiefentladenen Ladezustand. Die Ladeakzeptanz hängt zudem deutlich von der Konzentration der Legierungszusätze Kalzium, Zinn und Silber ab [27]. Insgesamt steht damit die aufgrund des technischen Wandels bei Gittern und deren Produktionsverfahren beobachtbare Verringerung der Zyklenstabilität sowie Ladeakzeptanz im Widerspruch zu der im ersten Teil [17] dargelegten Betriebsführung von Starterbatterien in modernen Automobilen.

 


  1. Anforderungen an die Ladestrategie für Bleistarterbatterien
  2. Alterungsmechanismen
  3. Säureschichtung
  4. Einfluss der Gitter
  5. Einfluss der Ladestrategie
  6. Literatur und Autor

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