Im Laufe der Untersuchungen wurden diverse Möglichkeiten zur Reduktion der Oberschwingungsströme geprüft und bewertet. In jedem der Fälle sind ideale Bedingungen zugrundegelegt. Da die Beschreibung aller in Betracht gezogenen Lösungen den Rahmen sprengen würde, sind hier nur einige der Beispiele aufgeführt, die sich auf die Reduktion von Oberschwingungsströmen beschränken.
In einigen Frequenzumrichtern sind vorteilhafterweise Zwischenkreisdrosseln zur Reduktion von Oberschwingungsströmen bereits integriert. Diese Bauteile sind optimal auf den ASD abgestimmt und werden bereits während der Herstellung montiert. Werden die Antriebe im Feld eingebaut, so ist der nachträgliche Ein- bzw. Ausbau einer Zwischenkreisdrossel nicht mehr möglich. Die einfachste Methode wäre als Alternative, die Drossel vor dem Antrieb zu montieren. Da es sich hierbei um eine passive Oberschwingungsdämpfung handelt, müssen bei deren Inbetriebnahme keine besonderen Einstellungen vorgenommen werden, allerdings treten wie bei allen passiven Lösungen zusätzliche Verlustleistungen auf. Da die Drossel mit dem Frequenzumrichter in Reihe geschaltet ist, besteht zudem das Risiko, dass der Antrieb beim Ausfall der Drossel beschädigt bzw. durch einen Spannungsverlust an den Eingangsklemmen über die Drossel überlastet wird.
Ebenfalls untersucht wurde der Einsatz von passiven Oberschwingungsfiltern. In der Regel bestimmt ein Abzweig, z.B. ein Kondensator und eine Drossel, eine einzelne Ordnungszahl der Oberschwingung; deshalb sind für die gesamte Filterinstallation mehrere parallelgeschaltete Abzweige erforderlich. Daher wurden je ein passives, parallel zu dem Antrieb geschaltetes Filter am Verknüpfungspunkt mit drei Abzweigen installiert, die auf die 5., 7. und 11. harmonische Ordnungszahl abgestimmt sind. Hier müssten sich durch das Reduzieren dieser Oberschwingungsströme die Oberschwingungsspannungen, wie in der Norm IEEE 519 empfohlen ist, auf weniger als 3 % reduzieren. Dennoch ist eine Begrenzung gegeben, d.h., die durch die installierten Kondensatorbänke bestimmte voreilende Blindleistung darf nicht höher als die nacheilende Blindleistung sein. Der Schutz eines passiven Oberschwingungsfilters ist komplexer als bei der vorangegangenen Lösung mit der Drossel, da die Filter bei einer falschen Auslegung, die z.B. aufgrund nicht vorhandener Netzdaten erfolgen kann, selbst Netzfehler verursachen oder verstärken können.
Auch in Betracht gezogen wurde, den vorhanden Antrieb mit Sechspuls-Gleichrichter durch einen Antrieb mit Zwölfpuls- bzw. Achtzehnpuls-Gleichrichter zu ersetzen. Theoretisch können hier zwei bzw. drei identische Sechspuls-Gleichrichter eingesetzt werden. Das Prinzip basiert auf der Summierung der Oberschwingungsströme mit identischer Amplitude, aber entgegengesetzter Phase. Dadurch heben sich die Oberschwingungsströme gegenseitig auf. Die Phasenänderung wird mittels eines Phasenverschiebungstransformators, z.B. in Stern-Dreieck-Schaltung, vorgenommen. Als schwierig kann sich hier die Teilung der Gesamtleistung bei allen Betriebsbedingungen erweisen, jedoch ist diese Lösung eine Alternative, mit der die Oberschwingungsströme wie erforderlich reduziert werden können. Allerdings ist das in wirtschaftlicher Hinsicht nicht tragbar.
Die Ergebnisse sind für jede Lösung als geschätzte Strom- und Spannungs-THD in Bild 4 aufgezeigt. Zu erkennen ist, dass die Drosseln in diesem Fall nicht ausreichend zur Reduzierung der Oberschwingungsströme beitragen, da die Transformatorimpedanz bei den gegebenen nichtlinearen Lasten relativ hoch ist und dadurch der Effekt der Drosseln zum Teil aufgehoben wird. Mit den passiven Filtern ist, im Vergleich zu den Antrieben mit Zwölfpuls-Gleichrichter, eine bessere Oberschwingungskompensation möglich, jedoch reicht auch diese nicht aus, um den Empfehlungen der Norm IEEE 519 zu entsprechen.
Ein sehr gutes Ergebnis wird mit den drehzahlgeregelten Antrieben mit Achtzehnpuls-Gleichrichter erreicht, die eine Strom-THDi von 4 % ermöglichen und somit ein vergleichbares Ergebnis zum aktiven Filter liefern. Allerdings ist die Spannungs-THDu bei der Verwendung eines Frequenzumrichters mit Achtzehnpuls-Gleichrichter überraschenderweise höher als bei Verwendung eines aktiven Filters. Dies liegt daran, dass, im Vergleich zu den per aktivem Filter kompensierten Oberschwingungsströmen, die zu kompensierende Ordnungszahl der einzelnen Stromharmonischen des Antriebs mit Achtzehnpuls-Gleichrichter niedriger ist.
Da die Ströme hoher Ordnungszahlen einen höheren Spannungsabfall durch die induktive Netzimpedanz haben, ergibt sich bei diesen Frequenzen ein höherer THDu-Wert. Zudem wird bei den Schätzungen von einem idealen mehrpulsigen, drehzahlgeregelten Antrieb ausgegangen. Aus diesem Grund ist die tatsächliche harmonische Verzerrung der 12- und 18-pulsigen ASD wegen der nicht idealen Spannungen und Bauteiltoleranzen noch höher.
Anhand der simulierten Ergebnisse wird die Reduzierung der Verlustleistungen am Transformator in Bild 5 gezeigt. Die Verluste werden im Verhältnis zu den ursprünglichen Verlusten ohne Oberschwingungskompensation in Prozent angegeben. Beispielsweise werden bei der Lösung mit 18-pulsigen ASD die Wirbelstromverluste auf 40 % reduziert (bei aktiven Filtern auf 10 %).
Aktive Filter verringern Transformatorverluste
Das aktive Filter ist somit die attraktivste Lösung für die Reduktion der Oberschwingungen, da hier die niedrigsten Transformatorverluste gegeben sind. Wird berücksichtigt, dass mit dem aktiven Filter auch eine Blindstromkompensation möglich ist, können die Verluste noch weiter reduziert werden. Die Ergebnisse, d.h. der reduzierte Oberschwingungsstrom sowie die reduzierten Transformatorverluste, gleichen den Austausch des ursprünglichen Netztransformators aus, wodurch die Anlage unter normalen Bedingungen bei voller Kapazität betrieben werden kann.
Auch wenn Oberschwingungsströme anhand verschiedener Methoden verringert werden können, ermöglichen neue Leistungshalbleiter, dass die Aufgaben traditioneller Oberschwingungslösungen von aktiven Filtern übernommen werden können. Im Vergleich zu passiven Filtern bietet der aktive Filter eine deutlich höhere Reduzierung des Oberschwingungsstroms, eine den Installationsanforderungen entsprechende adaptive Kompensation der Blindleistung und eine erhöhte Stabilität der Netzversorgung aufgrund der nicht vorhandenen parallelen Resonanz-Saugkreise. Das aktive Filter bietet dank der integrierten Sensoren große Vorteile gegenüber bisherigen Oberschwingungsreduktions-Konzepten: sicherer Betrieb, Stabilität, Selbsttests und Schutzfunktionen.