Der Datenkommunikationsstandard Ethernet-APL (Advanced Physical Layer) für die Prozessindustrie ist in trockenen Tüchern: Auf der virtuellen Messe Achema Pulse wurde die eigensichere, für zweiadrige Kabel ausgelegte Ethernet-APL-Technik offiziell eingeführt. Die ersten Produkte stehen bereit.
Durch Ethernet-APL sollen die zahlreichen Hindernisse für den Einsatz Ethernet-fähiger Geräte in explosionsgefährdeten prozesstechnischen Anlagen bald der Vergangenheit angehören. Ethernet-APL ist ein eigensicherer, für zweiadrige Kabel ausgelegter Physical Layer und eignet sich für anspruchsvolle Anwendungen der Prozessautomatisierung. Zu den Vorteilen von Ethernet-APL gehören eine gegenüber bisherigen Standards deutlich höhere Kommunikationsgeschwindigkeit, die Eignung für explosionsgefährdete Bereiche, die Stromversorgung von Sensoren und Aktoren im Feld sowie eine Kabellänge von bis zu 1000 m.
Standardisierungsorganisationen wie FieldComm Group, ODVA, OPC Foundation und Profibus & Profinet International (PI) sowie zwölf Projektpartner aus der Industrie haben in den vergangenen drei Jahren im Rahmen des Projekts „The APL Project“ zusammengearbeitet, um den neuen Physical Layer für Feldgeräte zu entwickeln. Mit der Veröffentlichung der Spezifikationen, Engineering Guidelines und Konformitätstestpläne durch das APL-Projekt können Endanwender entsprechende Komponenten erwarten – erste Produkte von Anbietern sind bereits verfügbar.
Ethernet-APL ist eine Erweiterung der Spezifikation für Ethernet über zweiadrige Kabel (Single Pair Ethernet, SPE) auf Basis von 10Base-T1L und kann jedes übergeordnete Ethernet-Kommunikationsprotokoll unterstützen. Die Anforderungen für einen sicheren Betrieb in Prozessanlagen werden durch entsprechende Anpassungen an der Bitübertragungsschicht erfüllt. Die wichtigsten Anforderungen sind eine schnelle Ethernet-Kommunikation, der Betrieb in explosionsgefährdeten Bereichen und die Möglichkeit, bis zu 1000 m lange Kabel zu installieren. Die elektrischen Parameter, die ein Ethernet-APL-Gerät erfüllen muss, um den „eigensicheren“ Zündschutz zu gewährleisten, sind in der technischen Spezifikation IEC TS 60079-47 (2-Wire Intrinsically Safe Ethernet, 2-WISE) definiert.
Ziel des APL-Projekts war es, Ethernet im Feld prozesstechnischer Anlagen zu ermöglichen. »Wir freuen uns sehr über die Veröffentlichung der sorgfältig ausgearbeiteten Technologiespezifikationen und Engineering Guidelines, die den Grundstein für eine Transformation von Prozessanlagen anhand der Ethernet-APL-Technologie legen«, kommentiert Dr. Jörg Hähniche, Vorsitzender des APL-Lenkungsausschusses. »Dank der engen Zusammenarbeit zwischen mehreren Standardisierungsorganisationen innerhalb des APL-Projekts steht uns nun ein zukunftsfähiger Ethernet Physical Layer für die Prozessautomatisierung zu Verfügung. Diese Technologieeinführung ist ein wichtiger Meilenstein. Ab hier wird die Entwicklungsreise mit Produkten aus der Pipeline bedeutender Industriepartner fortgesetzt.«
Das APL-Projekt hat Portprofile definiert, um das Ethernet-APL-Konzept für mehrere Leistungsstufen mit und ohne Explosionsschutz zu realisieren. Die Portprofile für Ethernet-APL, einschließlich elektrischer Leistungsklassen, Schirmanschlussoptionen und Segmentlängen, sind fertiggestellt. Kennzeichnungen an Geräten und Instrumenten geben die Leistungsstufe sowie die Art der Verbindung an, etwa ob es sich um eine Verbindung zwischen Stromquelle und Stromsenke handelt. Damit wird ein einfacher Rahmen für die Interoperabilität von der Entwicklung bis hin zu Betrieb und Wartung geschaffen. Die Engineering Guidelines und Best Practices für die Planung und Installation wurden ebenfalls fertiggestellt und sind in einem entsprechenden Dokument verfügbar, das Anwender bei der Planung und Inbetriebnahme von Netzwerken mit Ethernet-APL unterstützt. Dies ermöglicht einen einfachen Wissenstransfer für eine reibungslose Einführung von Ethernet-APL. Standardmäßige Ethernet-Diagnosetools helfen neuen oder erfahrenen Technikern und Entwicklern bei ihrer täglichen Arbeit und beim Einstieg in die Technik.
Ethernet-APL unterstützt als einheitlicher Physical Layer die Protokolle EtherNet/IP, HART-IP, OPC UA, Profinet sowie jedes andere übergeordnete Netzwerkprotokoll. Derzeit läuft die Fertigstellung der Konformitätstests bei den führenden Standardisierungsorganisationen, die Teil des APL-Projekts sind. Die jetzt veröffentlichten Testspezifikationen werden die Qualität der Produkte sowie die Übereinstimmung von Produkten mit den im APL-Portprofil definierten Parametern sicherstellen. Das APL-Projektteam hat auch mit Halbleiterherstellern zusammengearbeitet, die 10Base-T1L für Ethernet-APL auf dem Markt anbieten werden. Darüber hinaus sind die zwölf Industriepartner des APL-Projekts dabei, die Entwicklung von Produkten abzuschließen, die in Kürze auf dem Markt erhältlich sein werden. Bei einer Vorführung in Karlsruhe, die während der virtuellen Messe Achema Pulse in digitaler Form stattfand und an der verschiedene Produktanbieter und Netzwerkorganisationen beteiligt waren, wurden die vielfältigen Möglichkeiten und die Interoperabilität demonstriert, die Ethernet-APL den Endanwendern bieten wird.
Mit der Einführung von Ethernet-APL können Anwender auf einen einheitlichen Ethernet Physical Layer setzen, der lange Kabelstrecken unterstützt sowie Eigensicherheit und Protokollunterstützung auf Anwendungsebene für hohe Produktivität und Leistung bietet. Die Produkte werden in Kürze mit zertifizierter Konformität auf dem Markt erhältlich sein. Weitere Informationen zu Ethernet-APL sind unter www.ethernet-apl.org sowie im Whitepaper „Ethernet to the Field“ erhältlich, das zum Download bereitsteht.