Zahlreiche Hersteller bieten IoT-Kits an, die Messdaten über eine Funkschnittstelle in eine Cloud transferieren. Als Fortführung dieser mehrteiligen Betrachtung und Erprobung geht es um ein Starter-Kit der Firma Sierra Wireless und die Visible-Things-Plattform von Avnet Silica.
Sowohl das mangOH green Starter-Kit von Sierra Wireless als auch die Visible-Things-Plattform von Avnet Silica sind im gleichen Preissegment angesiedelt und verfügen über verschiedene Ausbaustufen, was den Einstiegspreis von jeweils etwa 200 Euro noch beträchtlich erhöhen kann. Die zusätzlichen Komponenten kommen im Artikel noch zur Sprache, werden jedoch nicht in die praktische Betrachtung mit einbezogen, weil die Evaluierung des jeweiligen Konzeptes und die Betrachtung der dem Entwickler zur Verfügung gestellten Grundfunktionen wichtiger ist.
mangOH green von Sierra Wireless
MangOH ist eine Open-Source-Plattform für IoT-Devices mit Partnern wie Digi-Key, Qualcomm, Sierra Wireless sowie Talon Communications, die auch entsprechende Kits und Erweiterungskarten anbieten. Zum Test stand mangOH Green zur Verfügung, allgemein auch als WP-Series-Development-Kit bezeichnet. Es enthält neben dem Green-Board die dazugehörige Spannungsversorgung als Steckernetzteil (9 V/2 A) mit verschiedenen Adaptern, ein Micro-USB-Kabel, zwei Antennen (Mobilfunk, GPS), zwei unbestückte IoT-Breakout-Boards, das WP-Modul sowie Halterung und Werkzeug für den Ein- und Ausbau des Moduls, das dem CF3-Standard (Common Flexible Form Factor) entspricht. Auf dem Green-Board (Bilder 1 und 2) sind in der Mitte zwei Steckfassungen für WP-Module vorhanden, wobei die zweite als optional für einen zukünftigen Gebrauch spezifiziert ist.
Ein WP-Modul, wovon es bei Sierra Wireless verschiedene Ausführungen gibt und die sich im Wesentlichen in ihrem Mobilfunkteil (LTE, HSPA+, Edge, GPRS, GSM) voneinander unterscheiden, basiert auf dem Chipsatz MDM9215 von Qualcomm mit einem Cortex-A5 von ARM, der unter Linux Legato arbeitet. Die Module bieten die Schnittstellen I²C, SPI, 2 × UART, 13 × GPIO, 2 × ADC sowie USB OTG, sodass sich hier auch USB-Sticks anschließen lassen. Für die Energieaufnahme eines Moduls findet man keine konkreten Angaben, sondern beispielsweise nur Aussagen darüber, dass man mit einer Batterie bis zu drei Jahre auskommt, wenn einmal am Tag Mobilfunkdaten übertragen werden, was doch sehr pauschal wirkt und sicher nicht ausreichend ist.
Zum Lieferumfang gehört eine microSD-Karte mit einem USB-Adapter. Auf dieser 4-GB-Karte, die zunächst ihren Platz im mitgelieferten USB-Adapter finden sollte, sind einige der grundlegenden Dokumente abgelegt sowie Treiber für das Board und einiges an Software, wie Sierra Wireless Legato. Dies ist eine linuxbasierte Entwicklungsumgebung, die auf dem Legato Application Framework von Sierra Wireless und dem Yocto Project der Linux Foundation beruht, was mittlerweile als Open-Source-Projekt geführt wird.
Für die Applikationsentwicklung wird ein Linux-Computer (Native Modus) oder ein Windows-Computer benötigt, auf dem das Linux dann in einer virtuellen Maschine läuft. Hierfür befinden sich Ubuntu for Legato als Linux, Virtual Box als VM und PuTTY als Remote-Software mit auf der microSD-Karte. Der USB-Adapter (PNY) mit der eingelegten micro-SD-Karte erweist sich als recht hakelige Angelegenheit und lässt sich nur mit etwas Übung in eine USB-Buchse einstecken. Nach der Software-Installation wird der USB-Adapter mit der micro-SD-Karte im Prinzip nicht mehr benötigt, sodass diese dann direkt mit dem Green-Board eingesetzt werden könnte.
Das Green-Board mit den drei Slots für die IoT-Boards, den beiden CF3-Sockeln, Steckerleisten sowie Buchsen für Spannungsversorgung, serielle Schnittstelle, Audio (Mic-Input), USB und LAN erscheint von der Oberseite her sehr übersichtlich und aufgeräumt, was allerdings nur einen geringen Teil der Elektronik zeigt, die im Wesentlichen auf der Rückseite der Platine untergebracht ist.
Die Steckerleisten bilden den Sockel für die Aufnahme von Arduino-Shields, die der integrierte ATmega32U4 von Microchip ansteuert. Über die Mini-USB-Buchse wird die Verbindung zu einem PC, auf dem die Arduino-IDE läuft, hergestellt. Dieser Schaltungsteil verhält sich also wie ein übliches Arduino-Board. Die Arduino-UART-Schnittstelle ist mithilfe eines UART-to-USB-Chips von FTDI (FT230XQ) mit dem USB-Anschluss des CF3-Moduls verbunden, um somit Arduino-Daten zum Modul transferieren zu können. Auch kann man vom CF3-Modul auf die Arduino-Schaltung zugreifen, wofür im Legato-Betriebssystem eine Bridge-Applikation implementiert ist.
Neben der Arduino-Schaltung sind auf der Platinenrückseite ein LAN-Controller (LAN9514 von Microchip) vorhanden, der auch ab dem Raspberry Pi Modell 2 eingesetzt wird, sowie ein Audio-Codec (WM8944 von Cirrus Logic), der für eingehende Mikrofonsignale vorgesehen ist. Außerdem sind ein Beschleunigungssensor/Gyroskop (LSM6DS3 von STMicroelectronics) und eine pegelrichtige RS-232-Schnittstelle (MAX13235 von Maxim Integrated) mit passender Buchse eingebaut.
Als Dokumentation ist ein DIN-A4-Zettel mit der Inhaltsangabe des Kits sowie dem Link zu einer Internetadresse bei Sierra Wireless für den Bezug der notwendigen Dokumentation und Software dabei. Den Link gibt es allerdings nicht, richtig für den Start ist Getting started with WP. Auch die Dateien auf der microSD-Karte (vom April 2016) sollten durch aktuellere Versionen ersetzt werden. Im Test verzichteten wir jedoch darauf, was dennoch zu einem stabil funktionierenden System geführt hat. Der zunächst doch sehr unübersichtliche Internetauftritt mit zahlreichen Links, die zu »No Results found« führten, hat sich in der Zwischenzeit merklich gebessert, sodass sich hier neben den Dokumentationen und Anleitungen auch die offengelegten Quellcodes und Schaltpläne finden lassen.
Das zweite mangOH-Board sei hier nur am Rande erwähnt, denn es ist als kleinerer Green-Board-Ableger zu verstehen. Das mangOH Red verwendet ebenfalls ein CF3-Modul, besitzt hierfür aber keinen zweiten Sockel und auch nur einen einzigen IoT-Modulsockel. Statt Arduino-Kompatibilität wird hier die Kompatibilität mit dem Raspberry Pi in Form der hierzu kompatiblen 26-poligen Steckerleiste angegeben. Einen LAN-Anschluss gibt es beim mangOH-Red-Board nicht, stattdessen WiFi und BLE mithilfe eines Cortex-M4 von ARM (MT7697 von MediaTek). Als Sensoren sind neben dem bereits bekannten Beschleunigungssensor/Gyroskop LSM6DS3 zusätzlich ein Drucksensor (BMP280 von Bosch Sensortech) sowie ein Lichtsensor (PNJ4K01F von Panasonic) vorhanden.