Für die Programmierung Service-orientierter Architekturen bedarf es nach Meinung der versammelten Experten objektorientierter Programmiersprachen wie C# und Java. »Unsere neue Steuerungsgeneration wird mit der Programmiersprache Java programmiert«, betont Heinrich Munz. »Flexibilität in Losgröße 1 bei Massenstückzahlen von Tausenden Exemplaren pro Tag – programmieren Sie das mal in einer 50 Jahre alten SPS-Programmiersprache. Das ist unmöglich! Sie brauchen IT-Technik, um diese Flexibilität und Komplexität beherrschen zu können.«
Dass die IEC-61131-Programmiersprachen für Steuerungen nicht mehr dem neuesten Stand der Technik entsprechen, sieht auch Jörg Wollert so. »Die IT-Welt hat uns die Service-Orientierung vorgemacht, aber die Steuerungsprogrammierer sind faktisch drei Generationen Software hinterher«, sagt er. »Codesys hat zwar ab der Version 3.0 die Objektorientierung einschließlich der entsprechenden Interfaces integriert, und in der IEC 61131 ist die Objektorientierung ab der Version 2010 Standard«, führt er aus. »Aber die meisten SPS-Programmierer können das noch nicht. Verbreitet ist es bei innovativen Mittelständlern, die nach vorne schauen.«
Aufmerksam macht Jörg Wollert auch auf ein weiteres Thema: »Wir haben noch ein Problem, das wir nicht gelöst haben, und zwar die konzeptionelle Programmierung«, sagt er. »Eigentlich sind die Programmiersprachen egal. Was wir brauchen, ist konzeptionelle Programmierung. Die IT macht das vor: UML ist selbstverständlich, und mit SysML haben wir gute Beschreibungen, mit denen wir auch Automatisierungssysteme beschreiben und konzeptionelle Dinge machen können. Nur: Wer beherrscht es?«
Außer der IEC 61131 hat die Automatisierungswelt die Norm IEC 61499 hervorgebracht, die ein generisches Modell für verteilte Steuerungssysteme definiert. Die versammelten Experten betrachten die IEC 61499 zwar als Fortschritt gegenüber der IEC 61131, aber nicht als Alternative für Industrie 4.0. »Die IEC 61499 bringt eine Modularisierung, ich habe Ein- und Ausgangsbeschreibung von Maschinen oder von großen Funktionsblöcken, und die kann ich extern ansteuern«, verdeutlicht Jörg Wollert. »Sie bedeutet aber eine Art von Modularisierung, die lange nicht so flexibel ist als das, was wir in der Industrie 4.0 brauchen. Ich sehe sie als ersten Schritt in die richtige Richtung.« Heinrich Munz entgegnet ihm: »Sie ist ein erster Schritt, aber ein falscher. IEC 61499 ist IEC 61131 verteilt, das bringt nicht viel. Wir sollten nicht zu IT-Sprachen über IEC 61499 gehen. Mein Vorschlag: Bitte überspringen, ebenso wie bei der Datenzentrierung. Gleich zur Service-Orientierung übergehen.«