Ihre Embedded Linecard ist ja bereits sehr gut aufgestellt. Wo sehen Sie noch Ergänzungsbedarf und wo Erweiterungsbedarf hinsichtlich des Vertriebsradius?
Bei uns laufen derzeit einige Analysen in Form von Befragungen unserer BDMs und FAEs, um Feedback-Statistiken zu erstellen. Auch direkte Kundenbefragungen laufen schon, was uns beispielsweise ein besseres Verständnis zum tatsächlichen Status der Kunden bezüglich Cloud, IoT und Industrie 4.0 bringt. Zusätzlich haben wir hausintern Bachelor-Arbeiten laufen, um etwaige Lücken im Portfolio aufzudecken. Punktuelle Lücken haben wir derzeit noch in Nischenmärkten, wo Speziallösungen gefordert sind, wie etwa zum Thema Indoor-Ortung. Hier evaluieren wir gerade verschiedene Produkte, um den besten Partner zu finden.
Embedded gilt weithin als Domäne – oft kleinerer - Spezialdistributoren. Mit welchen Argumenten wollen Sie sich als breit aufgestellter Distributor beim Kunden „dagegen“ positionieren?
Ich denke, dass wir die Vorteile, die die kleinen Spezialdistributoren haben, genauso einhalten können und in der gleichen Qualität abliefern können. Wir haben schließlich auch Produktspezialisten und können sehr tiefgehend beraten. Hinzu kommen unsere Spezial-FAEs und unsere technische Support-Crew. Als Broadliner können wir zusätzlich durch ein umfassendes Qualitätsmanagement und eine weltweite Logistik punkten und haben einen weltweiten Vertrieb im Rücken. Außerdem bieten wir ein viel breiteres Portfolio, so dass wir alle Komponenten aus einer Hand technisch und logistisch aufeinander abgestimmt anbieten können.
Was kleine Spezialisten meines Erachtens differenziert, ist die Software-Entwicklungskompetenz, die ja oft sehr ausgeprägt ist. Wie halten Sie hier dagegen?
Unser technischer Support hilft z.B. bei Treibern, Kernel-Kompilierungen, Script- und Image-Erstellungen. Komplexe kundenspezifische Programmierung von Anwendungsprogrammen überlassen wir lieber den großen Softwarehäusern. Hier teilen wir aber gerne unsere Erfahrungen und Empfehlungen mit den Kunden. Leider wissen viele Kunden gar nicht, was unsere technische Support-Abteilung alles leisten kann – sowohl hinsichtlich Hardware als auch Software.
Industrie 4.0 und IoT – zwei Hype-Begriffe, die aber in Zukunft im Kern sicher die Applikationen mitbestimmen werden. Wie stellt sich Rutronik darauf ein?
Zuerst einmal möchte ich vorwegnehmen, dass ich es nicht für sinnvoll erachte, wenn Industrie 4.0 und IoT in einen Topf geworfen werden. Nach meinem Verständnis sagt IoT einfach nur, dass ich alle Produkte miteinander durch das Internet vernetzen möchte. Das ist erst mal nichts Neues. Zum Beispiel hatten wir vor knapp zehn Jahren schon IPv6-Module im SubGHz-Portfolio. Wir hatten den Vorteil also damals schon erkannt, aber die Marktakzeptanz kam nur langsam. Inzwischen haben wir einen Netzausbau in verschiedenen Bereichen, und jeder hat ein Smartphone in der Tasche. Jetzt ist auch die Akzeptanz bei unseren Kunden für solche Technologien gegeben.
Wir richten unser Portfolio also entsprechend darauf aus, um unseren Kunden das IoT für ihre Produkte zu ermöglichen. Aber es ist nicht nur damit getan, dass jedes Gerät ein Funkchip enthält, wir müssen auch unsere Logistik entsprechend ausrichten.
Und damit wären wir bei Industrie 4.0: Industrie 4.0 bedeutet im eigentlichen Sinne, dass die Lieferkette automatisch läuft. Insofern treiben wir den Ausbau der EDI-Anbindung der Kunden, so dass wir zeitnah und schneller bessere Forecasts bekommen, die wir dann automatisch konsolidieren können. Damit wiederum können unsere Lieferanten ihre Produktion auf unsere Forecast besser ausrichten. Hinzu kommt, dass wir unsere Lagerkapazitäten ausbauen bzw. ausgebaut haben und darauf abstimmen. Das heißt wenn ein Kunde sein Produkt in allen drei Kontinenten produziert, müssen wir unsere Lagestruktur flexibel darauf einstellen können, hier arbeitet unsere IT an den entsprechenden Konzepten. Überspitzt gesagt: Produkte im Feld melden dank dem IoT, wann sie ersetzt werden müssen. Diese Informationen werden bis zum Komponentenhersteller konsolidiert und durchgereicht. Eine automatische, perfekt getaktete Versorgungskette wäre also ein Ziel.
Sie haben vor einiger Zeit die beiden Labels ’Rutronik Smart’ und ’Rutronik Embedded’ ins Leben gerufen. Wie passen die nun in den neu organisierten Bereich?
Das sind Markennamen. Dahinter versteckt sich eine Kooperation von verschiedenen Abteilungen und Bereichen. Rutronik Smart konzentriert sich auf Kunden, die eigene PCBs herstellen und Rutronik Embedded auf Kunden, die ihre Applikation auf einem Board aufbauen. Rutronik-Embedded-Kunden bauen eher die Gateway-Lösungen und Rutronik-Smart-Kunden oftmals Front-End-Lösungen, wie etwa den Sensor, der die Daten abgreift. Hinter beiden Markennamen stehen bereichsübergreifende Kompetenz-Teams: Rutronik Embedded setzt sich aus den Teams meiner vier Abteilungen zusammen und Rutronik Smart aus den Abteilungen Sensor, MCU, Power und ebenfalls Wireless.
Flankierend dazu haben wir eine internationale Seminarreihe ins Leben gerufen, in Europa und China, und halten Tech-Days bei Kunden ab. Ergänzend dazu betreiben wir ein Forum über www.rutronik-tec.com, in dem sich unsere Kunden über technische Fragen in den genannten Segmenten austauschen können.
Ein Thema, das vielen Kunden unter den Nägeln brennt, ist die Security. Was bieten Sie den Kunden in dieser Hinsicht?
Das Bewusstsein der Kunden in Richtung Security ist noch nicht so ganz angekommen. Viele Kunden sind noch immer der Ansicht, dass die Verschlüsselungen der Funkprotokolle ausreichend sind. Das ist natürlich nicht der Fall. Um dieses Bewusstsein auf Kundenseite zu schärfen, sind wir dabei, entsprechende Konzepte auszuarbeiten. Denn das Thema ist bekanntlich ein weites Feld und hört ja nicht beim Wireless-Design auf. Auch die Wahl der Server ist nicht trivial. Selbst wenn die Server in Deutschland sind, birgt es eine gewisse Gefahr, wenn eine amerikanische Firma dahintersteht, weil die US-amerikanischen Firmen per US-Gesetz dazu verpflichtet sind, den Behörden gegebenenfalls einen Zugang zu den Daten zu gewähren. Vielen Kunden ist diese Situation absolut bewusst, was dazu führt, dass hier insbesondere deutsche Dienstleister bevorzugt werden, bei denen die deutschen Datenschutzgesetze greifen und deren Know-how vor Industrie- und Datenspionage schützen.
Wir sprechen mit diversen Firmen und Lieferanten und sind dabei, hier ein Partnernetz aufzusetzen. Stand heute können wir hier bereits Teillösungen anbieten. Oftmals hat der Kunde Teilbereiche schon selber abgedeckt und benötigt eine Ergänzung. Viele verschiedene Komponenten und Kompetenzen müssen zum Thema Security ineinander greifen: Server, Hardwareverschlüsselung, Softwareverschlüsselung und die Middleware, die die Daten verschlüsselt ablegen kann. Für die durchgängige Kette vom Sensor im Feld bis zur physikalischen Festplatte, wo die Daten gespeichert werden, gemeinsam mit Partnern ein Sicherheitskonzept anbieten zu können, wird unser Ziel sein.