Wenn die meisten Anwendungen von Cobots noch nicht kollaborativ sind: Lassen sie sich dann als Low-Cost-Automatisierung bezeichnen?
Teilweise schon, solange es sich um einfache Tätigkeiten mit geringen Geschwindigkeiten und niedriger Gewichtslast handelt. Cobots können aber durchaus komplexe Aufgaben erledigen – und tun dies in der Praxis auch.
Wie schnell amortisieren sich Cobots in KMU?
Normalerweise innerhalb von sechs bis neun Monaten, zumindest wenn die Anwendungen nicht allzu komplex sind. Wir hatten mal einen Fall, bei dem sich einer unserer Cobots im Dreischichtbetrieb nachweislich innerhalb von 34 Tagen amortisiert hat. Aber sechs bis neun Monate sind der Normalfall.
Für welche Anwendungen bieten sich Cobots in der Industrie hauptsächlich an?
Prinzipiell für Handreichungen und Montageaufgaben, besonders an schwer zugänglichen oder ergonomisch ungünstig gelegenen Stellen. Ein Musterbeispiel sind Überkopftätigkeiten wie Schrauben und Befestigen. Schwieriger zu realisieren sind die Anwendungen, wenn die Variantenvielfalt groß und die Tätigkeit komplex ist und wenn bewegte Montagebänder im Spiel sind. Auch für die Vor- und Nachbearbeitung sowie Vorkonfektionierung von Teilen kommen Cobots in Betracht. Insgesamt können sie also den Menschen stark entlasten. Die gleiche Stoßrichtung verfolgen fahrbare Sitze oder Skeletons, die sich anschnallen lassen und den Rücken bzw. die Wirbelsäule des Menschen schonen.
Wo sehen Sie die Stärken und Schwächen von Menschen und Cobots?
Der Mensch soll die Aufgaben erledigen, bei denen er der Maschine überlegen ist, und umgekehrt. Menschen können intuitiv handeln und sich daher schnell und flexibel auf veränderte Bedingungen einstellen. Maschinen dagegen punkten bei Geschwindigkeit, Ausdauer und Wiederholgenauigkeit. Roboter können gesundheitsschädliche, anstrengende und besonders schnelle Aufgaben besser als Menschen erledigen – und dann sollen sie’s auch tun.
Wir sehen den Roboter der Zukunft als Unterstützer und Helfer des Menschen, wobei der Roboter tendenziell die einfacheren und der Mensch die komplexeren Aufgaben übernimmt. Dies gilt nicht nur für die industrielle Produktion, sondern auch für Service-Roboter, die sich ja nicht mehr auf Rasenmähen oder Staubsaugen beschränken und zunehmend auch Aufgaben in der Alten- und Krankenpflege übernehmen. Cobots aller Art müssen also möglichst leicht zu konfigurieren und zu bedienen sein.
Werden durch Cobots auch Arbeitsplätze wegfallen?
Insgesamt glaube ich: nein. Sicherlich werden Cobots die eine oder andere weniger qualifizierte Arbeit ersetzen. Aber es werden sich auch neue Tätigkeitsfelder und sogar Berufszweige entwickeln, die wir heutzutage noch gar nicht alle kennen. Hier sind Schule und Berufsausbildung gefragt – ebenso wie Politik und Verbände, die entsprechende Ausbildungsgänge einführen und fördern müssen.
Wie verbreitet sind Cobots mittlerweile in der Automobilindustrie?
Der Karosseriebau ist zu 95 Prozent automatisiert – hier sind ausschließlich große, nicht kollaborative Industrieroboter zu finden. Die Innenraumfertigung und -montage dagegen ist höchstens zu 20 Prozent automatisiert und bietet noch viel Potenzial für die MRK. Audi in Ingolstadt beispielsweise ist teilweise zur Inselfertigung übergegangen: Bei der Überkopfverschraubung von Fahrzeug-Bodenplatten sind sechs Cobots von Universal Robots tätig, die auf einem Wagen stehen. Die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter schiebt den Wagen mit den Robotern an der richtigen Stelle unter das Fahrzeug.
Es gibt immer mehr solche Beispiele, aber insgesamt ist deren Zahl noch überschaubar. Die Komplexität ist in vielen Fällen sehr groß und der Mensch ist dann dem Roboter nach wie vor deutlich überlegen.