Menschen und kollaborative Roboter werden sich künftig in der Industrie die Aufgaben teilen. Noch ist zwar nur eine Minderheit der Anwendungen wirklich kollaborativ, aber dies dürfte sich bald ändern – im Boom befindet sich der Markt schon jetzt.
Helmut Schmid, General Manager DACH & Benelux von Universal Robots, gibt nähere Informationen.
Markt&Technik: Wie entwickelt sich der Markt für kollaborative Roboter (Cobots) derzeit?
Helmut Schmid: Der Markt wächst stürmisch und Universal Robots wächst solide mit ihm. Im Geschäftsjahr 2017 erzielte das Unternehmen ein Umsatzplus von deutlich über 50 Prozent auf etwa 160 Mio. US-Dollar – nach 92 Mio. Dollar im Jahr zuvor. Für dieses Jahr erwarten wir ebenfalls über 50 Prozent Umsatzwachstum. Anfang 2017 waren weltweit knapp 300 Mitarbeiter für das Unternehmen tätig, ein Jahr später schon knapp 400. In Deutschland hatten wir Anfang 2016 drei Mitarbeiter, momentan sind es 16, die die Kunden und Partner vor Ort betreuen.
Wir bearbeiten den Markt intensiv und stellen fest, dass kleine und mittelständische Unternehmen ein wachsendes Interesse an Cobots zeigen. Universal Robots ist sowohl Pionier als auch Marktführer im Bereich kollaborativer Robotik. Zunehmend treten jetzt auch etablierte Hersteller klassischer Industrieroboter mit Wettbewerbsprodukten auf den Plan.
Sorgen Sie sich vor den neuen Marktteilnehmern?
Nein. Jede Marktstudie besagt zwar etwas anderes, aber ich gehe davon aus, dass der Markt für Cobots 2020 oder spätestens 2021 insgesamt 2 Mrd. Dollar umfassen wird. Der Markt wächst so schnell, dass wir keine Bedenken gegenüber neuen Marktteilnehmern haben. Der Wettbewerb beflügelt das Marktwachstum sogar und sorgt für positive Stimmung.
Wie viel Prozent der Anwendungen, in denen Cobots arbeiten, sind nach Ihrer Schätzung wirklich kollaborativ?
Ich gehe davon aus, dass 20 bis maximal 30 Prozent aller Anwendungen kollaborativ sind. Viele Anwendungen sind nur koexistent: Der Roboter ist ohne Schutzeinhausung oder Schutzzaun tätig, arbeitet aber mit dem Menschen nicht wirklich zusammen. Viele Anwendungen sind kooperativ in Teilbereichen: Mensch und Roboter kooperieren beispielsweise durch ein Sichtfenster hindurch. Wir sind uns aber sicher, dass der Anteil „echter“ kollaborativer Anwendungen stetig zunehmen wird.
Schlägt sich diese Entwicklung auch in der Normierung nieder?
Ja, das Thema Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK) hält allmählich Einzug in die betreffenden Normen. Während die Norm DIN EN ISO 10218 erläutert, wie Industrieroboter funktionieren und was sie tun, geht es bei der Technischen Spezifikation ISO/TS 15066 um das Thema MRK. Hier werden derzeit Kräfte definiert, mit denen Cobots bestimmte Körperteile des Menschen berühren dürfen. Möglicherweise wird die ISO/TS 15066 als Norm in die DIN EN ISO 10218 integriert.
Die Normierung eröffnet auf jeden Fall neue Chancen, MRK-Anwendungen in den Unternehmen zu installieren. Wichtige Themen sind dabei flexible Nutzungsmöglichkeiten und einfache Programmierung für MRK, gerade bei der Integration in Fertigungslinien, in denen nichtkollaborative Industrieroboter heutzutage kaum mehr sinnvoll einsetzbar sind.
Inwieweit decken die Normen IEC 61508, DIN EN ISO 13849-1 und EN/IEC 62061 zur funktionalen Sicherheit auch die kollaborative Robotik ab?
Die Normen IEC 61508, DIN EN ISO 13849-1 und EN/IEC 62061 befassen sich nicht mit kollaborativer Robotik. Deshalb lautet das Ziel, die DIN EN ISO 10218 um die nötigen Regelungen zur kollaborativen Robotik zu ergänzen.