Jahresausblick der EMVA

»Die Lieferengpässe bereiten zunehmend Probleme«

14. Januar 2022, 11:54 Uhr | Andreas Knoll
Thomas Lübkemeier, EMVA: »Embedded Vision und künstliche Intelligenz bleiben die technischen Makrotrends in der Bildverarbeitungsbranche.«
© EMVA

Die Bildverarbeitungsbranche hat die Pandemie bislang gut gemeistert, aber wirtschaftliche Prognosen für 2022 erweisen sich als schwierig. In puncto Technik beherrschen weiterhin zwei Trends das Bild. Thomas Lübkemeier, Geschäftsführer des europäischen Branchenverbands EMVA, gibt Einschätzungen.

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Markt&Technik: Wie hat sich die Corona-Pandemie bisher auf die Bildverarbeitungs-Branche ausgewirkt, und wie wird sie sich in absehbarer Zukunft auswirken?

Thomas Lübkemeier: Insgesamt hat sich die Bildverarbeitungsbranche in der Corona-Pandemie bislang als robust erwiesen. Die breite vertikale Diversifizierung der Branche ist ein Grund dafür, ebenso wie die Tatsache, dass in der Pandemie die Digitalisierung und damit verbunden auch unterstützende Technologien wie die Bildverarbeitung in vielen Bereichen einen größeren Stellenwert bekommen haben. Auch Einschränkungen wie die Umstellung von Arbeitsprozessen und vermehrtes Homeoffice haben die Innovationskraft laut einer Umfrage der EMVA (European Machine Vision Association) bei einer Mehrheit der Unternehmen nicht nachhaltig beeinträchtigt. Zunehmend vermisst werden dagegen die Möglichkeiten zur Lead-Generierung bei Messen und anderen Präsenzveranstaltungen. Dass die Messe Vision in diesem Jahr stattfinden konnte, war ein gutes Zeichen, und es bleibt zu hoffen, dass im kommenden Jahr Fachmessen wieder möglich sein werden.

Inwieweit sind Bildverarbeitungs-Unternehmen derzeit von der schwierigen Liefersituation bei Halbleitern betroffen und können deshalb mögliche Umsätze nicht realisieren? Wie wird sich die Liefersituation bei Halbleitern voraussichtlich im Jahr 2022 entwickeln?

Die Liefersituation bei Halbleitern und weiteren Komponenten aller Art bereitet auch der Bildverarbeitungsbranche zunehmend Probleme. Einer EMVA-Umfrage zufolge zeigten sich im Herbst 2021 gerade noch 15 Prozent der Befragten unbeeindruckt von der Liefersituation, während ein Drittel befürchtete, dass die Lieferengpässe noch zunehmen. Die schwierige Liefersituation drückt zunehmend auch auf die Geschäftsaussichten. Gefragt nach der zukünftigen Geschäftserwartung, zeigten sich die teilnehmenden Firmen in der EMVA-Quartalsumfrage im Jahresverlauf immer vorsichtiger, nachdem im ersten Quartal noch großer Optimismus vorherrschte. Viele Branchen-Player gehen inzwischen eher von einem Stagnationsjahr 2021 aus. Die Auswirkungen der weiter dynamischen und weltweit uneinheitlichen Entwicklung der Corona-Pandemie lassen sich für 2022 derzeit schwer abschätzen.

Welche technischen Trends und Markttrends werden sich in der Bildverarbeitung im Jahr 2022 zeigen?

Embedded Vision und künstliche Intelligenz bleiben die technischen Makrotrends in der Bildverarbeitungsbranche. KI in Bildverarbeitungsanwendungen als Synonym für Lernen mit neuronalen Netzen erweist sich in vielen Anwendungen als effizient; es ist aber nicht das Allheilmittel für jede beliebige Applikation. Die grundlegende Komponente eines Embedded-Vision-Systems ist die Umwandlung von Daten in Informationen auf einer integrierten Rechen- oder Prozessoroberfläche. Dabei ist die Auswahl vorhandener Prozessoren heute größer denn je und reicht von CPU, GPU, SoC und FPGA bis hin zu Akzeleratoren. Gerade in der letzten Kategorie könnten bereichsspezifische KI-Akzeleratoren ihr Potenzial bald entfalten. In Industrie-4.0-Anwendungen erfordert Embedded Vision darüber hinaus aber auch ein klares Verständnis von Schnittstellen und Software-Hierarchien. Cybersecurity wird immer größere Bedeutung erlangen und zu einer Grundvoraussetzung für Embedded-Vision-Systeme und KI-Anwendungen speziell mit Cloud-Anbindung werden. Fakt ist, dass sich mit Bildverarbeitung auf Basis von Embedded Vision und KI künftig enorme Möglichkeiten zur Erschließung von Märkten weit über traditionelle Anwendungen hinaus ergeben werden.

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