Finanzminister Christian Lindner hat angekündigt, die Förderung für erneuerbare Energien, insbesondere für private Solaranlagen, schneller als ursprünglich geplant, beenden zu wollen. Welche Auswirkungen das für deutsche Haushalte hat, erklärt 1KOMMA5°-CEO Philipp Schröder.
Gegenüber der Funke Mediengruppe betonte Lindner, dass es »keinen Sinn mehr macht, die Einspeisevergütung in ihrer jetzigen Form fortzuführen« und dass die Subventionen »so schnell wie möglich auslaufen« sollten. Diese Ankündigung kommt überraschend. Ursprünglich war geplant, die Einspeisevergütung schrittweise bis 2030 abzubauen. Das Aus der Solarförderung kann Haushalte 560 bis 600 Euro im Jahr kosten.
Die Ankündigung sorgt für einige Verunsicherung. Das Wegfallen von Förderungen würde bedeuten, dass Betriebskosten und/oder Investitionskosten steigen, da Verbraucher nicht mehr von staatlichen Zuschüssen profitieren. Doch ganz so einfach ist das in diesem Falle nicht, erklärt Philipp Schröder, Gründer und CEO von 1KOMMA5°, dem Hamburger Unternehmen für CO2-neutrale Energie, Wärme und Mobilität. »Ein Wegfall der Solarförderung hat auf bestehende Anlagen erstmal keine Auswirkungen. Die Zuschüsse sind ab Inbetriebnahme für 20 Jahre gesichert.«
Wer also von der Förderung profitieren will, sollte jetzt handeln: Denn alle Anlagen, die vor einem eventuellen Wegfall ans Netz gehen, können weiterhin auf die Einspeisevergütung zählen. 2024 ist also der ideale Zeitpunkt, um auf Solarstrom umzurüsten.
Haushalte, die nach Ablauf der Förderung eine PV-Anlage installieren und keine Vergütung mehr für die Einspeisung des Solarstroms erhalten, werden auf extra Verdienste verzichten müssen. »Haushalte mit einer 10-Kilowatt-Peak-Solaranlage ohne Stromspeicher verbrauchen um die 25 bis 30 Prozent ihres erzeugten Stroms selbst. Das heißt: Bei einem jährlichen Ertrag von etwa 10.000 kWh werden weiterhin 7.000 bis 7.500 kWh ans Stromnetz abgegeben. Zieht man die derzeit gültige Einspeisevergütung von 8,03 Cent pro Kilowattstunde heran, bedeutet das einen Verlust von etwa 560 bis 600 Euro im Jahr«, rechnet Philipp Schröder exemplarisch vor.
Seinen Vorstoß begründet Lindner mit dem Wegfall der Notwendigkeit von Subventionen. Eine Förderung in der Breite sei nicht mehr nötig, weil sich Solaranlagen bereits rechnen. Diese Aussage trifft vor allem auf Photovoltaik-Systeme zu, die einen hohen Eigenverbrauch des Solarstroms ermöglichen. Den Eigenverbrauch zu optimieren, wird mit dem potenziellen Wegfall der Einspeisevergütung folglich immer wichtiger.
Die Schlüsselrolle spielen hier Batteriespeicher für Privathaushalte. So rechnet die Verbraucherzentrale vor: »Heimspeicher können die Unabhängigkeit vom Stromversorger [...] in einem typischen Einfamilienhaus mit Photovoltaikanlage von rund 25 bis 30 Prozent auf bis zu 70 Prozent erhöhen.«
Wer eine neue Solaranlage plant, sollte also den Speicher mitdenken. »Ein durchschnittliches Einfamilienhaus mit einem E-Auto und einer Wärmepumpe verbraucht jährlich circa 10.000 kWh. Entsprechend wird eine Photovoltaikanlage mit etwa 10 kWp Leistung und ein Batteriespeicher mit 10 kW empfohlen. Dieser kann die Eigenverbrauchsquote der PV-Anlage auf 59 Prozent anheben. Für den Haushalt bedeutet das, statt 7.000 bis 7.500 kWh werden nur noch 4.100 kWh ins Stromnetz eingespeist. Der Speicher federt den Verlust bei Ausbleiben der Einspeisevergütung ab. Statt 560 bis 600 Euro verlorenem Einkommen müssen Besitzer von Solaranlagen nur noch auf knapp 330 Euro verzichten«, so Schröder
Eine zweite Lösung aus Sicht von Philipp Schröder ist, selbst aktiv mit Strom zu handeln. »Wir müssen einen Wechsel von der alten Energiewelt in eine neue vollziehen, in der dynamische Stromtarife Standard werden. Die Vorteile liegen dabei klar auf der Hand«, erklärt er. Denn wer seinen Stromverbrauch flexibel gestalte, könne durch den Bezug von Strom in günstigen Zeitfenstern Kosten sparen. Zudem trügen dynamische Tarife dazu bei, den Ausbau erneuerbarer Energien zu unterstützen. »Denn sie helfen, das Stromnetz auch bei schwankender Einspeisung von Strom aus Wind- und Solaranlagen stabil zu halten.«
Dynamische Stromtarife sind vor allem dann effektiv, wenn Erzeugung und Verbrauch optimal gesteuert und aufeinander abgestimmt werden. Das Problem: Die Wenigsten wollen oder können die Waschmaschine, Wärmepumpe oder Ladesäule eigenständig nachts oder frühmorgens einschalten. Zudem können Verbraucher nicht ständig die Preise an der Strombörse im Auge behalten, um ihren Stromverbrauch manuell zu steuern.
Deshalb ist eine Kombination aus Smart-Meter, heimischem Stromspeicher, dynamischem Stromtarif und intelligenter Regelsoftware notwendig. Diese Kombination erlaubt es Haushalten, ihre Stromkosten massiv zu senken, so Philipp Schröder: »Unsere Erfahrungen zeigen, dass 40 Prozent der Haushalte, die eine Solaranlage intelligent in ein Gesamt-Energiesystem einbetten, nahezu null Cent pro Kilowattstunden oder weniger zahlen (Daten Mai 2024).«
Aber auch mit intelligentem Energiemanagement und Speicher ist ein Eigenverbrauch von 100 Prozent nicht realistisch. Das intelligente Managen von Stromflüssen zielt immer darauf ab, alle Möglichkeiten des Eigenverbrauchs zu nutzen: etwa das Laden des heimischen Speichers oder des E-Autos sowie das Vorheizen der Wärmepumpe. Erst, wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, wird der Strom ins öffentliche Netz gespeist.
Schröder rät daher: »Auch bei einer hohen Eigenverbrauchsquote von 70 Prozent werden Haushalte mit einer 10-kWp-Anlage um die 3.000 Kilowattstunden zurück ins Netz speisen. Die Vergütung für diese Einspeisung beträgt derzeit 240 Euro im Jahr. Hochgerechnet auf 20 Jahre entspricht das 4.800 Euro. Diese Summe könnte man also mit zu später Inbetriebnahme bald verpassen.«
Bei Anlagen ohne Speicher ist der Verlust sogar noch größer. Wer sein System nur auf 30 Prozent Eigenverbrauch auslegt und 70 Prozent einspeist, verliert über die 20 Jahre der Mindest-Lebensdauer einer Solaranlage knapp 12.000 Euro.
Das macht deutlich, wie sinnvoll die Ergänzung eines Speichers und intelligenten Gesamt-Set-Ups ist, um sich von dem Einfluss der Einspeisevergütung auf die Wirtschaftlichkeit der PV-Anlage freizumachen.