Elektronik: Siliziumcarbid wird von den Halbleiter-Herstellern als das Nonplusultra für hochfrequente Anwendungen wie Stromversorgungen und Wechselrichter gefeiert. Wie sieht es in der Praxis aus?
Peter Runz: Der Vorteil von Siliziumcarbid liegt in der Tat in seiner besseren Charakteristik beim Schalten. Höherfrequenter Betrieb ist sehr wichtig in einem Schaltnetzteil, weil es dadurch möglich wird, die Größe von Energiespeicherelementen zu verringern und somit eine höhere Leistungsdichte zu erreichen. Für ein HF-Schaltnetzteil multipliziert sich der Verlust, der mit jedem Schalten des Halbleiters entsteht, mit der Schaltfrequenz und bestimmt schließlich dominant den Verlust bei Hochfrequenzbetrieb. Ein Typ von Gleichrichter-Verlusten, die Sperrverzugszeit, die typischerweise den HF-Betrieb in Silizium-Schaltungen limitiert, wird bei Siliziumcarbid-Lösungen regelrecht eliminiert. Im Ergebnis sind dadurch die Betriebswirkungsgrade deutlich verbessert und es werden höhere Betriebsfrequenzen möglich, die wiederum kompaktere Bauformen mit sich bringen.
Elektronik: Wiegt denn der Nutzen die hohen Kosten auf?
Peter Runz: Man muss noch immer einen deutlichen Mehrpreis für SiC bezahlen, verglichen mit Silizium. Trotzdem werden die Kosten schrittweise dadurch besser, dass der Herstellungsprozess verfeinert und optimiert wird. Die Bauteile-Auswahl muss entsprechend der Applikations-Anforderung und je nach Kosten-Sensitivität entschieden werden.
Elektronik: Testen Sie auch GaN-Bausteine? Wenn ja, für welche Anwendungen und welchen Leistungsbereich?
Peter Runz: Ja, wir haben bereits mehrere Jahre mit GaN experimentiert und an diesem Material geforscht. Wir haben es noch nicht am Markt in Serienprodukten eingeführt, aber es kommen sicher zunächst Applikationen in Frage, bei denen Größe und ein sehr hoher Wirkungsgrad die entscheidenden Faktoren sind.
Elektronik: Fragen Kunden explizit nach den Materialien der in Ihren Produkten verbauten Leistungshalbeiter?
Peter Runz: Meiner Erfahrung nach fragen die allermeisten Kunden eher nicht explizit nach speziellen Halbleitermaterialien, die wir in unseren Stromversorgungen einsetzen. Sie fragen vielmehr danach, welche Technologien wir verwenden, um kleiner und effizienter zu werden. Darüber hinaus interessieren sich manche unserer Kunden dafür, wie unsere Technologie-Roadmap aussieht, um in der Zukunft noch bessere Power-Produkte anbieten zu können.
Elektronik: Es gab schon Konsortien für die Stromversorgungs-Branche, wie es sie auch in der Embedded-Branche gibt. Hier sind als Beispiele POLA und DOSA zu nennen. Sehen Sie Potenzial für Gruppierungen zur Reglementierung von Soft- und Firmware für Digital Power Management bzw. Footprints für z.B. PoL-Wandler, wie es sie auch in der Embedded-Branche für Single-Board-Computer gibt?
Peter Runz: TDK-Lambda hat sich an solchen Industrie-Foren, z.B. DOSA, beteiligt. Eine Herausforderung für die Standardisierung von Digital Power ist sicherlich, dass digitale Controller heute unterschiedliche Protokolle haben. Eine echte Kompatibilität erfordert also sowohl gemeinsame Hardware wie auch Firmware. Das wiederum geht aber zu Lasten der Unabhängigkeit in der Lieferanten-Kette einer echten „Multi-Sourced“-Lösung. TDK-Lambda ist immer offen dafür, solche Allianzen zu prüfen und in Betracht zu ziehen, wenn sie denn dazu dienen, die Anforderungen unserer Kunden besser erfüllen zu können.