Impulse für ein nebulöses Umfeld

Was bringt der Klimagipfel von Paris?

28. September 2016, 9:44 Uhr | Heinz Arnold
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Fortsetzung des Artikels von Teil 4

Wie Standardisierung funktioniert

Wenn viele unterschiedliche Akteure und Branchen in komplexen Netzen kooperieren sollen, kommt es auf Interoperabilität der Systeme an und damit auf Standardisierung. In der Elektromobilität hat die europäische Industrie gezeigt, wie das funktioniert.
Der Standardisierung misst Holger Krings von Phoenix Contact einen sehr hohen Stellenwert bei, beispielsweise im Umfeld der Elektromobilität. Hier sei es gelungen, einen weltweiten Standard auf den Weg zu bringen – wenngleich in den USA, bedingt durch einphasige Hausanschlüsse, eine einphasige Variante für das Laden mit Wechselstrom notwendig ist und in China durch den Marktdruck eine frühzeitige Festlegung auf einen Zwischenentwurf erfolgte. Langfristig werden sich die als IEC-Standard verabschiedeten Steckertypen durchsetzen und proprietäre Systeme wie z.B. bei Tesla voraussichtlich ablösen. Jetzt käme es darauf an, die jeweiligen Standardsysteme auszubauen, etwa um zu einheitlichen Normen für das Laden der Elektroautos zu gelangen.

»Im Auftrag und gemeinsam mit der Automobilindustrie«, resümiert Krings, »haben wir diese Standardisierung aktiv vorangetrieben, um frühzeitig Klarheit für alle Akteure auf dem Markt zu haben. Auch weitere Mitspieler aus der Industrie haben sich daran beteiligt, genau dies ist der sinnvolle Weg.« So gelange man zu interoperablen Ladesystemen mit den entsprechenden Schnittstellen an den Fahrzeugen. Ergebnis ist das interoperable Combined Charching System (CCS). Es ermöglicht interoperables Laden mit Wechselstrom oder Gleichstrom-Schnellladung mit nur einem Steckersystem. Damit hat der Kunde die notwendige Flexibilität, um jede Ladeinfrastruktur nach Standard aufzusuchen.

Allerdings kann auch die Standardisierung einer Technik nicht alleine zum Durchbruch verhelfen. Der Preis, den der Endanwender schlussendlich bezahlen muss, spielt ebenfalls eine erhebliche Rolle. Und derzeit liegt der Benzinpreis eben nicht so hoch, dass die potenziellen Anwender nun scharenweise zum Elektroauto wechseln würden.
Doch Dr. Thomas Benz ist überzeugt, dass es durchaus Einsatzfälle gibt, in denen sich das Elektroauto schon jetzt lohnt, etwa für Flotten und Pool-Fahrzeuge. »Nicht von ungefähr baut die Post eigene Elektrofahrzeuge!« Überall, wo es darum ginge, relativ kurze Strecken mit vielen Stopps und Starts zu fahren, ergäben sich laut Benz schon heute sehr gute Anwendungsfälle, beispielsweise Fahrzeugflotten von Pflegediensten.

Mobilität neu denken

Dies können aber auch nur erste Schritte sein. Grundsätzlich käme es darauf an, Mobilität neu zu denken. Denn wenn künftig Elektroautos statt Autos mit Verbrennungsmotoren unsere Innenstädte verstopfen und der Verkehr zum Erliegen kommt, sei auch nicht viel gewonnen.

Dass dies nicht nur ein frommer Wunsch ist, hat Theis bereits verspürt: »Nachfragen von Städten in diese Richtung sind bereits sehr stark.« Auch Holger Krings spricht von Aufbruchsstimmung. »Das Drive-Now-Konzept von BMW und car2go von Daimler scheinen gut zu funktionieren. Car Sharing kommt, das bedeutet für den Konsumenten einfach mehr Flexibilität, und die weiß er zu schätzen!«
Stadtwerke in der Schlüsselposition

Auf dem Gebiet der Elektromobilität sieht Benz wiederum die Stadtwerke in einer Schlüsselposition. Die Stadtverwaltungen könnten die Elektromobilität steuern, zu denen ja auch die Verkehrsbetriebe gehören. Auf der Stecker-Standardisierung aufbauend, könnten so ganz neue Mobilitätskonzepte umgesetzt werden, in denen Elektroautos eine Rolle spielen, genauso aber auch Straßenbahnen, Elektrobusse und E-Bikes.

Doch sind die Stadtwerke tatsächlich interessiert? Häufig eher weniger, wie Benz aus eigener Erfahrung berichtet. Zwar hätten sie sich schon früh darüber Gedanken gemacht, wie die Ladesäulen in die Stromversorgung zu integrieren wären und welche Auswirkungen sie auf die Versorgung nehmen könnten. Doch habe sich in den durchgespielten Szenarien herausgestellt, dass die bestehende Infrastruktur mit der zu erwartenden Anzahl an Ladesäulen ohne weiteres zurecht käme.  Also hätten die Stadtwerke keinen Handlungsbedarf erkannt, um nun neue, weitergehende Konzepte entwickeln zu müssen.


  1. Was bringt der Klimagipfel von Paris?
  2. Flexibilität ist billiger als Speicher
  3. Weit mehr als Energiemanagement
  4. Energiemanagement ist gar nicht so kompliziert!
  5. Wie Standardisierung funktioniert
  6. Wir brauchen eine Gleichstrom-Infrastruktur!
  7. Wie funktioniert Differenzierung trotz Standardisierung?
  8. Die Energiewende exportieren?

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