Neue Verfahren

EMV-Parameter von ICs testen

5. Mai 2015, 9:24 Uhr | von Gunter Langer
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Definition der Prüfverfahren

Die während Normprüfungen in den Geräten wirksamen Mechanismen der Störfestigkeit und der Störaussendung müssen analysiert werden. Aus dieser Analyse werden die Prüfverfahren für alle Beeinflussungsgrößen (HF, ESD, EFT, Emission, HF-Emission, …) abgeleitet.

Störfestigkeit

Die Prüfverfahren für Geräte erzeugen im Gerät elektrische und magnetische Felder. Diese Felder wirken auf die Leitungsnetze der Flachbaugruppe, die zum IC führen, und auf die IC-Gehäuse ein. Die Felder, die auf die Leitungsnetze wirken, erzeugen in diesen Ströme und Spannungen. Diese beeinflussen das angeschlossene IC.

EFT-Prüfplatz
Bild 5. EFT-Prüfplatz.
© Langer EMV

Prüfgeneratoren für ICs müssen diese elektrischen und magnetischen Größen allgemeingültig nachbilden. Bild 5 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines Burst- oder ESD-Prüfplatzes. Der an das zu testende Gerät angelegte Prüfimpuls uG(t) erzeugt einen durch das Gerät fließenden Stromimpuls i(t). Im Gerät entsteht ein Spannungsabfall Δu(t). Aus der Spannung Δu(t) entsteht im Gerät die elektrische Feldstärke E(t). Aus dem Strom i(t) entsteht im Gerät das Pulsmagnetfeld H(t). Diese Felder wirken indirekt über die von außen angeschlossenen Leiterzüge (leitungsgebunden) auf das IC oder direkt auf die IC-Gehäuse (feldgebunden).

Störemission

IC-Beeinflussung über Puls-Magnetfeld
Bild 6. Erregung von Störemission in einem elektronischen Gerät durch elektrische Felder des ICs und der Leitungsnetze der Flachbaugruppe.
© Langer EMV

Getaktete ICs erzeugen im Inneren HF-Spannungen und HF-Ströme. Diese erzeugen direkt aus dem IC-Gehäuse austretende elektrische oder magnetische HF-Felder. Weiterhin können diese HF-Spannungen und HF-Ströme auf die IC-Pins und damit auf IC-externe Leitungsnetze in die Flachbaugruppe übertragen werden.

Dort werden daraus wieder elektrische oder/und magnetische HF-Felder erzeugt. Im Bild 6 wird durch das IC und die externen Leitungsnetze des IC das elektrische Feld E erzeugt. Das elektrische Feld koppelt zur benachbarten Baugruppe über und erregt diese zur Störaussendung. EMV-Parameter des IC sind in diesem Fall die elektrische Feldstärke, die das IC abgibt, und die elektrischen Größen Strom und Spannung (IC-Emission), mit der die IC-externen Leitungsnetze erregt werden.

Die Größen elektrisches Feld, magnetisches Feld der IC-Gehäuse und HF-Strom und HF-Spannung der IC-Pins müssen mit geeigneten Systemen (­Probe Sets) gemessen werden. Damit ist das IC charakterisiert.

Erregung von Störemission in einem elektronischen Gerät durch elektrische Felder des IC und der Leitungsnetze der Flachbaugruppe
Bild 7. IC-Beeinflussung über Puls-Magnetfeld.
© Langer EMV

Magnetische Einkopplung

Der durch ein Board fließende Puls-Störstrom erzeugt Puls-Magnetfelder. Diese Magnetfelder BSt können in Leiterschleifen einkoppeln und Störspannungen uSt induzieren. Das Puls-Magnetfeld kann auf zwei Wegen störend in die Funktion des IC eingreifen (Bild 7):

Die induzierte Spannung beeinflusst den als Eingang geschalteten Pin des IC. Die Störspannung uSt wird im IC von der Eingangsschaltung in ein Störsignal gewandelt und wie ein logisches Signal weiterverarbeitet. Die induzierte Spannung treibt in die Pins des IC einen Störstrom iSt. Dieser Störstrom gelangt, wenn es sich um Vdd-/Vss-Pins handelt, direkt auf das IC-interne Vdd/Vss-System. Er kann jedoch auch über Signalpins eindringen und über interne Treiber, Schutzdioden oder Kapazitäten auf das IC-interne Vdd/Vss-System geführt werden. Das Vdd/Vss-System führt den Störstrom an weitere Funktionskomponenten des IC, so dass Störungen in Bereichen entstehen können, die nicht funktionell mit den betroffenen Pins in Verbindung stehen.

IC-Beeinflussung über E-Feld
Bild 8. IC-Beeinflussung über E-Feld
© Langer EMV

Elektrische Einkopplung

Baugruppen können elektrischen Pulsfeldern von einigen 10.000 V/m ausgesetzt sein (Messaufbau nach IEC 61000-4-4). Leitungsnetze des Boards werden von diesem Feld beaufschlagt (Bild 8). Über die parasitäre Kapazität der Leitung zur Umgebung wird ein Verschiebestrom D fließen. Das an die Leitungen angeschlossene IC kann über zwei Wege beeinflusst werden:

Das Leitungsnetzwerk besitzt auf dem Board und im IC im Wesentlichen Schaltelemente R, L und Dioden gegen Vdd und Vss. Der Verschiebestrom erzeugt an diesen Elementen einen Störimpuls uSt. Dieser Störimpuls wird im IC von der Eingangsschaltung in ein Störsignal gewandelt und wie ein logisches Signal weiterverarbeitet.

Der Verschiebestrom teilt sich in zwei Anteile. Ein erster Anteil fließt über die Ersatzelemente des Boards und über eventuell vorhandene Entstörkondensatoren ab. Der zweite Anteil des Störstroms iSt fließt durch das IC über Treiber oder Schutzdioden auf das Vdd/Vss-System. Er erzeugt ähnliche Wirkungen wie bei der Magnetfeldeinkopplung.

 

Der Autor

Dipl.-Ing. Gunter Langer

wurde 1950 geboren. Seit 1980 forscht, entwickelt und berät er auf dem Gebiet der EMV. Er gründete 1992 das Ingenieurbüro Gunter Langer und 1998 die Langer EMV-Technik GmbH.

 

  1. EMV-Parameter von ICs testen
  2. Neues IC-Testsystem
  3. Definition der Prüfverfahren

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