Die MSO-Serien 4, 5 und 6 erhalten ca. alle drei Monate neue Funktionen per Software-Update. Warum dieses Tempo ohne den TEK49-Chipsatz nicht möglich wäre, verrät Lee Morgan im Interview.
Herr Morgan, erhält jeder Besitzer eines MSO 4, 5 oder 6 Zugriff auf die Updates?
Etwas vereinfacht gesagt: ja. Die neu entwickelten Funktionen sind auf allen drei Oszilloskop-Familien lauffähig. Der Anwender muss sie nur von unserer Webseite herunterladen und installieren. Es dauert in etwa 15 Minuten. Im Detail hängt es natürlich davon ab, ob die Oszilloskop-Hardware die nötige Leistung für eine neue Funktion mitbringt, zum Beispiel Bandbreite und Abtastrate. Die technischen Entwicklungen haben uns nun in eine Position gebracht, in der wir neue Funktionen nur noch einmal zentral entwickeln müssen und sie dann auf allen drei Oszilloskop-Serien ausspielen können. Damit können wir sehr schnell auf Kundenwünsche reagieren und neue Funktionen integrieren.
Wann wurden die Weichen dafür gestellt?
Bereits 2017/18 mit der Entwicklung unseres TEK49-Chipsatzes, der erstmals in den MSO-5-Geräten eingesetzt wurde. Es ist ein skalierbarer Chipsatz, den wir in allen drei Oszilloskop-Familien einsetzen und damit eine gemeinsame Plattform geschaffen haben. Skalierbarer Chipsatz heißt, dass wir für mehr Bandbreite im Oszilloskop nicht mehr neue Architekturen entwickeln müssen, sondern – ich möchte nicht sagen einfach, aber vergleichsweise einfach – eine höhere Anzahl von TEK49-Chips integrieren können. Die Anzahl der Chips ist auch einer der wesentlichen Unterschiede zwischen den Oberklasse-Oszilloskopen der MSO Serie 6 und den kleineren Geräten der MSO Serie 4.
Software-Updates sind an sich nicht neu, aber das Entwicklungstempo ist ungewöhnlich hoch.
Ja, das ist es. Und von den ca. drei Monaten zwischen zwei regulären Updates entfällt ein gro0er Anteil auf das Testen der neuen Funktionen. Die nötigen Entwickler- und Teststunden können wir nur deshalb bereitstellen, weil wir mit einer Entwicklung drei Oszilloskop-Familien bedienen können. Hinzu kommt, dass in dieser Zeit auch alle Dokumente aktualisiert werden müssen – Datenblätter, Bedienungsanleitungen, Webseiten, Application-Notes. Alles in allem sind es pro Update noch einmal 30 Dokumente. Wenn man den gesamten Arbeitsaufwand sieht, ist es schon ein hohes Tempo, das wir vorlegen und es kommt auch manchmal zu kleineren Verzögerungen.
Wie viele Software-Entwickler und Test-Ingenieure haben Sie dafür neu eingestellt?
Dazu kann ich leider keinen Kommentar abgeben, aber was ich sagen kann: unsere Entwickler und Tester sind wirklich Gold wert.
Welche der Software-Erweiterungen werden durch die Geräte-Hardware begrenzt?
Zum Beispiel das Testpaket für den Kamera- und Display-Standard MIPI-D-PHY in der aktuellen Version 2.1. Wir haben es mit dem letzten Update im Februar eingeführt. Der Standard wird in Smartphones und immer häufiger auch in Fahrzeugen genutzt, um z.B. das Display des Infotainment-Systems mit dem Grafikprozessor zu verbinden oder die Datenverbindung zwischen Rückfahrkamera und Display in der Instrumententafel herzustellen. Mit dem Testpaket stellen wir Entwicklern entsprechende Konformitätstests nach MIPI D-PHY bereit. Mit der neuen Version 2.1 des Standards wurde die maximale Datenrate von MIPI D-PHY auf 4,5 Gbit/s erhöht. Will ein Entwickler bei dieser Datenrate Debugging betreiben, benötigt er eine Oszilloskop-Bandbreite von 10 GHz, die nur die MSO Serie 6 von den drei Oszilloskop-Familien erreicht.
Die Software-Updates waren eine strategische Entscheidung – was gab dafür den Ausschlag?
Bis vor einigen Jahren lag die typische Lebensdauer eines Oszilloskops bei fünf bis sieben Jahren. Heute erwarten unsere Kunden eine Lebenszeit von über zehn Jahren – schließlich sind mit guten Oszilloskopen auch gewisse Anschaffungskosten verbunden. Mit den Software-Updates verlängern wir die Lebensdauer der Oszilloskop-Hardware. Sie sind unsere Antwort auf die Frage nach der Zukunftsfestigkeit von Oszilloskopen.