Medizintechnik im Portrait »InnerEye«

Das Gehirn anzapfen

23. Oktober 2023, 14:50 Uhr | Ute Häußler
© InnerEye

Das Unternehmen InnerEye aus Israel misst Hirnströme für Machine Learning und kombiniert menschliche mit künstlicher Intelligenz. Robotik- und KI-Systeme sollen so bessere Entscheidungen treffen, zum Beispiel in der Chirurgie. Wie funktioniert das?

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In unserer Serie »Medizintechnik im Portrait« stellen wir unter dem Tenor »Was macht eigentlich?« jeden Monat ein MedTech-Unternehmen anhand eines kleinen Fragebogens vor.

Was ist das InnerEye-System und wie soll es genutzt werden?

InnerEye kombiniert menschliche Intelligenz mit KI und ermöglicht das Digitalisieren menschlicher Entscheidungen. Ein am Kopf getragenes Wearable liest über die Hirnströme (EEG) die Leistung des Menschen aus, bewertet diese und speist sie als Trainingsdaten in KI- oder Robotiksysteme ein. Mit den direkten Informationen über kognitive und sensorische Prozesse können Roboter und künstliche Intelligenzen besser entwickelt werden. Die derart trainierten Systeme können menschliche Entscheidungen zukünftig punktgenau unterstützen oder sogar ersetzen.

Wie entstand die Idee für diese Technologie?

InnerEye wurde von den Professoren Prof. Amir Geva, einem Experten für KI und maschinelles Lernen, und Prof. Leon Deouell, einem Experten für kognitive Neurowissenschaften, gegründet. Bei ihren gemeinsamen Forschungen haben sie festgestellt, dass sich die Neurotechnologie und KI gegenseitig unterstützen können. Sie fanden heraus, dass der Einsatz von Techniken des maschinellen Lernens zu einer genaueren und innovativeren Analyse der Hirnströme führt, während parallel dazu digitalisierte Hirnströme als weitere Datenlabel in KI-Systeme eingespeist werden können. Die Algorithmen der künstlichen Intelligenz werden dadurch noch genauer.

 

Über InnerEye

Gründung: 2014 als Spin-off der Hebräischen und der Ben-Gurion-Universität: Mitarbeiter: 16
Finanzierung: 7 Millionen US-Dollar über Eigenkapital, Zuschüsse & Verträge
EU-Distributor: Macnica ATD Europe
Webseite: www.innereye.ai

 

Welche medizintechnischen Anwendungsfälle dafür gibt es bereits?

Das InnerEye-System wurde in Japan von Chirurgen eingesetzt, um ihre kognitive Arbeitsbelastung bei der Durchführung von Operationen mit einem chirurgischen Roboter zu messen. Dies ist besonders für junge Ärzte wichtig, da die Arbeit mit einem chirurgischen Roboter in vielen Fällen die kognitive Belastung des Chirurgen, der die Operation durchführt, erhöht – was sich negativ auf die Zusammenarbeit zwischen Roboter und Chirurg auswirkt.

Welche Hürden stehen dem Einsatz gegenüber?

Das InnerEye-System setzt voraus, dass der Nutzer ein EEG-Wearbale trägt, mit dem sich seine Gehirnströme auslesen lassen. Ähnlich wie bei anderen Wearable-Lösungen gibt es Vorbehalte, und einige Nutzende sehen darin eine Einschränkung.

Welches Potenzial hat die InnerEye-Technologie?

Die Technologie kann nicht nur in der Medizintechnik helfen, sondern auch in der industriellen Automatisierung und vielen anderen Branchen die Entscheidungen von künstlichen Intelligenzen verbessern. Wir als InnerEye wollen damit wachsen und ein breites Spektrum von Kunden auf dem anspruchsvollen Weg zur Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine unterstützen.

Wie sieht die Medizin der Zukunft aus?

Personalisiert, ständig lernend und sich weiterentwickelnd. Damit ist klar, dass die zukünftige Medizintechnik KI-basiert arbeitet – welche aber auf intelligente Weise eingesetzt wird. Die medizinische KI bezieht eben auch den Menschen ein; dieser arbeitet parallel zum und gemeinsam mit den KI-Systemen.


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