Herzfrequenz-Sensoren für Wearables

Teil 3: Neue medizinische Anwendungen

11. Dezember 2018, 16:00 Uhr | Ryan Kraudel (Valencell)
In einem fitten Körper steckt ein gesundhes Herz. (Symbolbild)
© Pixabay

Das ist der letzte Teil unserer Serie über optische Herzfrequenz-Sensoren für biometrische Wearables. In ihm widmen wir uns vor allem den aufgezeichneten Parametern und welche Informationen diese über den Gesundheitszustand seines Trägers liefern.

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In unserer zunehmend digital geprägten Welt kommen immer mehr Anwendungen für optische Herzfrequenz-Sensoren in Wearables hinzu. Tatsächlich gibt es unendlich viele Anwendungen für diese Geräte, die Erkenntnisse über alle möglichen Dinge liefern – von der persönlichen Aktivität über den Fitness-Status bis zum Gesundheitszustand. Was aber können Designer und Ingenieure letztendlich mit diesen Angaben anfangen? Tabelle 1 fasst einige der gängigen Parameter zusammen, die heutzutage in Fitness-Anwendungen genutzt werden.

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ParameterDefinitionBedeutung für den FitnessbereichBedeutung für die Gesundheit
VO2maxAerobe Kapazität: primäres Maß für chronische Änderungen der kardiovaskulären FitnessEin höherer VO2max-Wert ist ein Indiz für größere Leistungsfähigkeit bei aeroben AktivitätenEin höherer VO2max-Wert korreliert mit geringerer Sterblichkeit und einer verbesserten Erholung nach einem ischämischen Ereignis
Herzfrequenz in RuheHerzfrequenz im Wachzustand ohne AktivitätEine niedrigere Ruheherzfrequenz deutet auf einen besseren Fitnesszustand hinEine stetig zunehmende Ruheherzfrequenz korreliert mit dem Fortschreiten einer kardiovaskulären Erkrankung
Herzfrequenz-ErholungÄnderung der Herzfrequenz nach einer Minute im Anschluss an eine intensive AnstrengungEine bessere Herzfrequenz-Erholung ist ein Indiz für eine größere AusdauerEine bessere Herzfrequenz-Erholung deutet auf einen besseren kardiovaskulären Gesundheitszustand hin
Reaktion der HerzfrequenzÄnderung der Herzfrequenz eine Minute nach Beginn einer ÜbungEine längere Herzfrequenz-Reaktionszeit kann auf eine geringe Übungsbereitschaft des Herzens hindeutenEine längere Herzfrequenz-Reaktionszeit, verbunden mit chronotroper Inkompetenz, also der Unfähigkeit des Herzens, seine Frequenz gemäß der zunehmenden Aktivität oder dem wachsenden Bedarf zu erhöhen, kann auf eine Arteriosklerose der Halsschlagader hindeuten.
Leistungsfähigkeit des HerzensDurchschnittliche Herzfrequenz dividiert durch die Herzfrequenz im RuhezustandJe leistungsfähiger das Herz ist, umso weniger Herzschläge werden für alle körperlichen Aktivitäten benötigtEine stetig abnehmende Leistungsfähigkeit des Herzens korreliert mit dem Einsetzen von Bluthochdruck
Herzfrequenz-Variabilität (Heart Rate Variability, HRV)Statistische Variabilität der Herzfrequenz-IntervalleAnhand der HRV lassen sich psychosozialer Stress und übermäßiges Training diagnostizierenDie HRV eignet sich zur Vorhersage von Vorhofflimmern und Herzrhythmusstörungen

 

Die meisten Wearables auf dem heutigen Markt sind für Sport- und Fitness-Anwendungen vorgesehen. Der Trend geht jedoch dahin, dass die Geräte zunehmend zum persönlichen »Gesundheits-Coach« werden, die aussagefähige Informationen über den Gesundheitszustand einer Person liefern. Ausschlaggebend hierfür ist die Tatsache, dass die verwendeten PPG-Sensoren (Photoplethysmogramm) inzwischen  eine Genauigkeit erreicht haben, die für viele Gesundheits- und Medizin-Anwendungen ausreichend ist.

VO2max

Das Messen der körperlichen Aktivität und der Reaktion des Körpers darauf sind entscheidende Komponenten, um die erzielte Verbesserung zu ermitteln. Einige Wearables beginnen schon heute damit, den VO2max-Wert (maximale Sauerstoffaufnahme) zur Messung chronischer Veränderungen der kardiovaskulären Fitness zu verwenden. Je höher der Wert ist, umso größer ist die Leistungsfähigkeit während aerober Aktivitäten. Allerdings lassen sich diese Wearables auch für gesundheitliche und medizinische Zwecke nutzen. So wurde beispielsweise nachgewiesen, dass ein höherer VO2max-Wert im Zusammenhang mit einer geringeren Sterblichkeit und einer gesteigerten Fähigkeit zur Erholung nach einem ischämischen Ereignis steht.

Herzfrequenz

Ruhe mag nicht das erste sein, woran man im Zusammenhang mit Fitness denkt, aber dennoch kann die Messung der Herzfrequenz in Ruhe hervorragende Indikatoren für den Fitnesszustand liefern. Eine niedrige Herzfrequenz in Ruhephasen deutet auf eine bessere Fitness hin. Je weiter eine Person ihre Herzfrequenz in Ruhe verringern kann, umso wahrscheinlicher kann sie das Fortschreiten kardiovaskulärer Erkrankungen hinauszögern.

Auf ähnliche Weise kann das Messen der Herzfrequenz-Erholung, also der Fähigkeit des Herzens, nach körperlicher Aktivität wieder zur normalen Herzfrequenz zurückzukehren, Aussagen über den Fitnesszustand und die Herzfunktion liefern. Ein gesundes Herz regeneriert sich schneller als ein krankes. Eine bessere Herzfrequenz-Erholung deutet ferner auf eine höhere Ausdauer und einen besseren kardiovaskulären Gesundheitszustand hin. Zum Bewerten der Herzfrequenz-Erholung betrachtet man den Unterschied zwischen der Herzfrequenz während der Aktivität und der Frequenz, die ein bis zwei Minuten nach Ende der Übung gemessen wird.

Eine weitere nützliche Aussage, die sich mit einem Herzfrequenzsensor – ungefähr eine Minute nach Trainingsbeginn – einholen lässt, ist das physiologisch bedingte Ansprechen der Herzfrequenz auf eine Übung. Die zunehmende Aktivität arbeitender Muskeln bewirkt eine Zunahme der Aktivität des sympathischen Nervensystems. Je schlechter der Fitnesszustand ist, umso stärker spricht die Herzfrequenz auf eine Übung an. Durch regelmäßiges Training passt sich der Körper an. Zwar nimmt die Herzfrequenz auch dann noch durch Übungen zu, jedoch ist eine größere Anstrengung nötig, um die gleiche Erhöhung der Herzfrequenz zu bewirken. Eine höhere Reaktion der Herzfrequenz kann im Verbund mit chronotroper Inkompetenz bei der Prognose einer Arteriosklerose der Halsschlagader helfen.

Belastung

Regelmäßige Übungen können zu einer Steigerung der Leistungsfähigkeit des Herzens beitragen. Hierunter versteht man das Verhältnis zwischen der vom Herzen geleisteten Arbeit und der Energie, die es hierfür verbraucht hat. Je effizienter das Herz wird, umso weniger Schläge benötigt es für körperliche Aktivitäten. Die Leistungsfähigkeit des Herzens kann ein hervorragender Indikator für die Gesundheit des Herzens sein. Ihr Rückgang steht in Zusammenhang mit vielen kardiovaskulären Problemen, darunter auch Bluthochdruck.

Körperliche Aktivitäten oder körperlicher Belastungen lassen sich auch anhand der Herzfrequenz-Variabilität (Heart Rate Variability, HRV) feststellen, also der Zeit zwischen zwei Schlägen. Dieser Parameter ist ein Indiz für psychosozialen oder mentalen Stress sowie für übermäßiges Training. Mit der HRV lassen sich die Auswirkungen von Stressoren auf den Körper feststellen, und sie steht in Zusammenhang mit Ermüdung (sowohl mental als auch bezüglich der Arbeitskapazität) sowie der Bereitschaft zur Ausführung mentaler und körperlicher Aufgaben. Auch Herzrhythmusstörungen und Vorhofflimmern lassen sich per HRV vorhersagen. Während professionelle Athleten die HRV schon längere Zeit nutzen, fasst sie in Consumer-Produkten gerade erst Fuß.

Originalpublikation: »Emerging medical applications for optical heart rate sensor technology in wearables«

 


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