Selbstorganisation

Struktur ohne Chaos

30. November 2015, 12:19 Uhr | Marcel Consée
Im Fluoreszenzmikroskop wird das weitgehend zufällige Netzwerk sichtbar, das Nervenzellen in einer Zellkultur bilden.
© Manuel Schottdorf, MPI für Dynamik und Selbstorganisation

Milliarden von Nervenzellen sind in unserem Gehirn so verschaltet, dass sie Information vergleichbar effizient ablegen, wie Bücher in einer gut sortierten Bibliothek geordnet werden. Doch bislang sind viele Details unklar, beispielsweise nach welchen Regeln die Nervenzellen des Gehirns miteinander verknüpft werden und wie die Informationen darin organisiert sind.

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Die Nervenzellen im menschlichen Gehirn sind miteinander verschaltet und bilden einen scheinbar undurchschaubaren Kabelsalat. Allein in einem nur einen Kubikmillimeter großen Würfel menschlichen Hirngewebes sind mehrere Kilometer Nervenkabel verlegt. Ein Teil dieser Verbindungen könnte vom Zufall bestimmt sein, denn Zufallsnetzwerke können zumindest theoretisch sehr effizient Information verarbeiten. Nehmen wir das visuelle System: In der Netzhaut befinden sich eine Millionen Nervenzellen, die visuelle Information für die mehr als 100 Millionen Zellen in der Sehrinde bereitstellen. Die Sehrinde ist der Teil des Gehirns, in den Nervenreize von der Netzhaut zuerst gelangen.

In der Sehrinde werden verschiedene Aspekte wie etwa die räumliche Orientierung, Farbe und Größe von Objekten aus der visuellen Welt getrennt voneinander verarbeitet. Das ist vergleichbar damit, dass sich Bücher in einer Bibliothek leichter finden lassen, wenn sie nicht nur nach der alphabetischen Reihenfolge ihrer Titel, sondern gleichzeitig nach Genre und der alphabetischen Ordnung ihrer Autoren sortiert werden. Diese verschiedenen Kriterien für die Sortierung von Büchern werden in der Bibliothek an unterschiedlichen Orten berücksichtigt, wenn sie auch kaum zufällig verteilt sein dürften.

Ganz ähnlich können auch die verschiedenen Facetten unserer visuellen Wahrnehmung in der Sehrinde an verschiedenen Orten abgelegt werden. Und diese Orte könnten zufällig verteilt sein. Mathematische Beweise haben gezeigt, dass eine zufällige Verteilung der Information über unterschiedliche Eigenschaften eines Gegenstandes in Computern besonders gut geeignet ist, um die Eigenschaften deutlich voneinander zu trennen, und zwar umso mehr, je mehr Eigenschaften berücksichtigt werden.

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