Langzeit-EKG-Recorder

Die Vermessung des Herzens

8. Januar 2014, 9:34 Uhr | Marcel Consée
Langzeit-EKG mit externen Elektroden
© Fraunhofer IPMS

Irgendwann muss sich fast jeder einem EKG unterziehen: Egal ob Herzrhythmusstörungen, Herzmuskelentzündung oder Herzinfarkt im Raum stehen, immer wenn es um die Gesundheit des Herzens geht, ist die Ableitung, Aufzeichnung und Analyse der Herzstromkurve die wichtigste Untersuchungsmethode, um Hinweise auf Herzerkrankungen zu erhalten. Doch Systeme für Langzeit-EKGs sind oft lästig.

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Bei einem EKG sieht der Arzt nur den zeitlichen Ablauf der elektrischen Erregung des Herzens. Um Rückschlüsse auf die Funktion des Organs zu gewinnen und so Hinweise auf mögliche Herzerkrankungen zu finden, muss er die resultierenden Muster der Spannungsänderungen am Herzen interpretieren. Wichtige Kriterien sind dabei die Höhen beziehungsweise Tiefen der Spannungsausschläge, ihre Steilheit und Dauer sowie ihre zeitlichen Abstände zueinander. Da auftretende Beschwerden oder bestimmte Ereignisse – beispielsweise sportliche Aktivität – das Untersuchungsergebnis beeinflussen, leiten Ärzte Ruhe- oder auch Belastungs-EKGs bevorzugt unter kontrollierten Bedingungen ab. Im Falle von nur sporadisch auftretenden Krankheitssymptomen, zum Beispiel bei Herzrhythmusstörungen, die nur vorübergehend auftreten und deshalb nicht zu jeder Zeit im EKG vorkommen, bei Erscheinungen, die unter speziellen Belastungen im Alltag auftreten oder bei Patienten, die nach einem stationären Aufenthalt möglichst schnell zurück nach Hause und dennoch abgesichert sein wollen, ist es allerdings notwendig, das Elektrokardiogramm kontinuierlich über 24 oder mehr Stunden zu erfassen.

Genau für diese Anwendungsbereiche haben die Wissenschaftler des Fraunhofer IPMS einen 3-Kanal-EKG-Rekorder mit dem Namen »SmartVital« entwickelt. Das Gerät bietet eine Echtzeit-Auswertung der EKG-Signale basierend auf verschiedene Methoden, wie Rhythmusbewertung, QRS-Klassifikation, Analyse der Vorhofaktivität, ST-Streckenveränderungen (Ischämien) und QT-Vermessung. Wird durch die Auswertesoftware eine Auffälligkeit im EKG erkannt, sendet der Recorder einen EKG-Ausschnitt über ein Gateway zum Arzt, der dann über die weiteren Schritte entscheidet. Der sonst übliche Besuch beim Arzt kann so entfallen. Die Qualität der Messdaten wird dabei zusätzlich erhöht, indem die Bewegung des Patienten und damit seine körperliche Aktivität während der Messung erfasst und ausgewertet wird. Denn SmartVital verknüpft die Bewegungsinformationen mit den EKG-Daten, so dass auftretende Veränderungen im EKG der zugehörigen körperlichen Belastungssituation zugeordnet werden und Störungen aufgrund von Bewegungsartefakten eindeutig erkannt werden können. Das Gerät, das dazu mit einem Bewegungssensor ausgestattet ist, erkennt automatisch, ob der Patient steht, liegt, läuft, rennt oder Treppen steigt. Es wird zum Beispiel nicht auf eine krankhafte Tachykardie geschlossen, wenn der Patient eine Treppe hoch geht und die Herzrate steigt, weil das in dieser Belastungssituation normal ist. Ein weiterer Vorteil: Die EKG-Aufzeichnung findet unter Alltagsbelastungen statt, ohne dass der Patient Aufzeichnungen über seinen Tagesablauf führen muss.

Auf der Arab Health in Dubai vom 27. - 30. Januar 2014 präsentiert das Fraunhofer IPMS SmartVital als Teil eines Gesamtsystems, das neben dem EKG weitere wichtige Vitalparameter wie Blutdruck, Gewicht oder Blutzucker analog zum EKG im häuslichen Umfeld misst und dem behandelnden Arzt auf einem Internetportal zur Verfügung stellt. Dazu wird im häuslichen Bereich ein kleiner Basiscomputer (Gateway) aufgestellt, der drahtlos über eine Bluetooth-Schnittstelle mit den Messgeräten kommuniziert. SmartVital ist seit 2013 medizinisch zugelassen. 

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