Sicherheit von Patientendaten

Die richtigen Schlüsse ziehen

29. November 2018, 17:30 Uhr | CISPA Helmholtz-Zentrum i. G.
Pierluigi Nicotera, Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen und Michael Backes, Helmholtz-Zentrum CISPA
© DZNE

Weltweit erheben Wissenschaftler Patientendaten, um für die Volkskrankheiten wie Demenz, Schlaganfall oder Tumorerkrankungen neue Therapien zu entwickeln. Forscher stehen vor der Herausforderung, wie sie diese Daten auswerten können, und zwar ohne die Privatsphäre des Patienten zu verletzen.

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Patientendaten etwa aus Gewebeuntersuchungen, der Computertomographie oder der Genanalyse werden weltweit in vielen biomedizinischen Forschungsprojekten ausgewertet. Zahlreiche Gesundheitsdaten werden heute aber auch von internationalen Firmen über Fitness-Apps und andere Trackingverfahren erhoben. »Die Sammlung, Analyse und Weiterverarbeitung solch riesiger medizinischer Datenbestände ermöglicht gänzlich neuartige Einsichten. Im Idealfall können damit zum Beispiel medizinische Behandlungen verbessert werden«, sagt Prof. Michael Backes, Gründungsdirektor und CEO des Helmholtz-Zentrums für Informationssicherheit (CISPA) in Saarbrücken. Allerdings birge dieser ganze Prozess die große Gefahr, dass die Auswertungen Rückschlüsse auf einzelne Individuen zulassen, deren Daten gesammelt wurden.

»Dies kann schnell dazu führen, dass zum Beispiel ihre Krankheiten offengelegt werden.« Die rechtlichen Vorgaben zum Umgang mit diesen hochsensiblen Daten seien aus gutem Grunde streng. Sie erschwerten es aber den Medizinern oftmals erheblich, die von ihnen erhobenen Daten effizient auszuwerten. »Hier kann die IT-Sicherheitsforschung maßgeblich helfen. Wir entwickeln effiziente Methoden, mit denen medizinische Daten in einer Vielzahl von verschiedenen medizinischen Anwendungsszenarien sicher und vertrauenswürdig verarbeitet werden können«, erklärt Michael Backes.

Forschergruppen seines Zentrums wollen dafür künftig mit Wissenschaftlern des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Bonn zusammenarbeiten, das innerhalb der Helmholtz-Gemeinschaft an neun weiteren Standorten vertreten ist. Die Forschung soll im »Helmholtz Medical Security and Privacy Research Center« (HMSP) zusammengeführt werden, das von den beiden Helmholtz-Zentren finanziert wird und für weitere Partner offensteht. »In Bonn erforschen wir Demenzkrankheiten in all ihren Facetten und suchen nach Ähnlichkeiten zu anderen Hirnerkrankungen. Unser wesentliches Ziel ist dabei, sowohl neue präventive als auch therapeutische Ansätze zu entwickeln«, sagt Prof. Pierluigi Nicotera, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen.

Sein Zentrum stehe dafür im engen Austausch mit der klinischen Forschung und führe selbst umfassende Bevölkerungsstudien durch wie zum Beispiel die Rheinland-Studie. »An bis zu 30.000 Teilnehmern wird dort über mehrere Jahrzehnte hinweg untersucht, wie Erbfaktoren, Lebenswandel und Umwelteinflüsse zusammenspielen und welche Auswirkungen diese auf die Gesundheit der Menschen haben. Wie man sich vorstellen kann, erwächst daraus eine gigantische Datenmenge, die hocheffiziente Algorithmen erfordern und die nur unter strengem Schutz der Privatsphäre jedes einzelnen Studienteilnehmers ausgewertet werden kann. Hierfür benötigen wir neuartige, sichere Methoden, die wir nun gemeinsam mit den Saarbrücker IT-Sicherheitsforschern erarbeiten wollen«, erläutert Nicotera.

Das neue Forschungszentrum HMSP wird sich aktuell aus 13 Wissenschaftlern nebst deren Forschungsgruppen zusammensetzen. Gemeinsam wolle man Mechanismen entwickeln, mit denen die Interessen von Patienten, Ärzten, Industrie und Forschung gleichermaßen geschützt und gewahrt werden können. (me)


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