Medizintechnik zum Zugreifen, ganz wörtlich: Die Patientengeschichte von Jannis zeigt, wie Orthesen den Alltag von Menschen mit Mobilitätseinschränkungen deutlich verbessern können - dank nicht-invasiver Sensorik und elektrischen Antrieben.
Mit nur drei Jahren erlitt Jannis im Schlaf eine Hirnblutung – seine linke Körperhälfte blieb gelähmt. Verantwortlich war eine arteriovenöse Malformation (AVM), eine angeborene Missbildung der Blutgefäße im Gehirn, die auch danach immer wieder Hirnblutungen mit schlaganfallähnlichen Symptomen verursacht. Jannis kämpft mit den Folgen seiner Krankheit, doch dank modernster Orthopädietechnik kann der jetzt 27-Jährige seine linke Hand samt Arm wieder im Alltag benutzen.
Für die meisten Betroffenen ist ein Schlaganfall ein einzelnes, einschneidendes Erlebnis, wodurch sich das ganze Leben verändert. Für AVM-Patienten wie Jannis ist die Angst vor einem erneuten Auftreten der Symptome ein ständiger Begleiter. Bei einer Arteriovenösen Malformation sind die blutzuführenden Arterien und die blutabführenden Venen im Gehirn direkt miteinander verwachsen, ohne dass sich feinere Kapillaren dazwischen befinden. Die Gefäßwände der betroffenen Adern sind meist dünner als bei gesunden Arealen und können leicht reißen, da das Blut ungebremst und mit hohem Druck hindurchfließt.
Bei Jannis sitzt das Zentrum dieser missgebildeten Blutgefäße, genannt Nidus, direkt am Stammhirn, weshalb seine AVM inoperabel ist. Seine letzte Blutung liegt jedoch schon acht Jahre zurück. »Mit zunehmendem Alter werden die Gefäße stabiler, dadurch verringert sich das Risiko eines Rückfalls«, weiß der heute 27-Jährige.
Bisher erlitt Jannis insgesamt zwischen 15 und 17 Hirnblutungen. »Manchmal stand ich kurz vor dem Tod«, berichtet der junge Mann, an dem seine Krankheit nicht spurlos vorübergeht. Seit Auftreten der ersten Symptome ist seine linke Körperhälfte gelähmt, außerdem sieht und hört Jannis B. schlecht und seine kognitiven Fähigkeiten sind beeinträchtigt. Trotzdem meistert Jannis B. seinen Alltag weitestgehend selbstständig und lebt in einer eigenen Wohnung. Dank gezielter Therapie und einer Bandage kann er sein linkes Bein wieder relativ gut bewegen, die Funktionsfähigkeit seiner Hand und seines Armes konnte er jedoch nicht zurückerlangen. Bei Internetrecherchen stieß Jannis auf motorisierte Ganzarmorthesen, mithilfe derer gelähmte obere Gliedmaßen wieder gezielt in Bewegung gesetzt werden können. Über ein Sanitätshaus nahm er Kontakt zum Hersteller myomo auf und erhielt nach bestätigter Eignung im Januar 2021 eine individuell angepasste MyoPro Orthese.
Mithilfe seines Orthesen-Systems kann Jannis seinen linken Arm und seine linke Hand wieder bewegen. »Alltägliche Aufgaben, die vorher unmöglich waren, wie das Schneiden von Obst und Gemüse oder das Tragen eines Wäschekorbs, erledige ich jetzt vollkommen selbstständig«, berichtet Jannis.
Doch wie funktioniert das medizintechnische Hilfsmittel? Als erste auf dem deutschen Markt erhältliche myoelektrische Orthese für Arm und Hand liest die MyoPro mittels spezieller, nicht-invasiver Sensoren Impulse des Körpers über die Haut ab und wandelt diese mithilfe leistungsfähiger Motoren in gezielte Bewegungen um. Auf diese Weise können Patienten wie Jannis wieder greifen, halten und die Hand öffnen sowie den Ellenbogen wieder beugen, heben und strecken. Innerhalb von zwei Minuten legt er inzwischen die Arm-Orthese selbstständig an oder ab. »Mittlerweile ist die Orthese ein fester Teil von mir«, sagt Jannis B. Aufgrund seiner neu gewonnenen Freiheit hat er sich jetzt auch beruflich neue Ziele gesteckt. Sein Traumjob ist eine Anstellung in einer Werbeagentur. (uh)
| Über Myomo |
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| Die Myomo Europe GmbH ist ein Unternehmen für medizinische Robotik, das Menschen mit neurologischen Erkrankungen und Lähmungen der oberen Extremitäten erweiterte Funktionalität bietet. MyoPro ist das erste Ganzarmorthesen-System, das über nicht-invasive Sensoren am Arm die eigenen neurologischen Signale der Patienten erfasst und auf diese Weise die Fähigkeit, Arme und Hände zu benutzen, wiederherstellen kann. Myomo hat seinen Hauptsitz in Boston, Massachusetts und seine europäische Niederlassung in Göttingen. |