Im IT-Sektor verlangen die wenigsten von 33 erfolgreichen Startups von Bewerbern Deutschkenntnisse. Im Gegensatz zur Mehrheit der Mittelständler und DAX-Konzerne, die dadurch eine Chance auf qualifizierte Fachkräfte vergeben.
Deutschkenntnisse sind ein Einstellungskriterium sowohl bei DAX-Konzernen als auch im Mittelstand. Das zeigt eine Auswertung von 110 Stellenanzeigen im IT-Sektor durch die Potsdamer GISMA University of Applied Sciences. Die betrachteten Unternehmen stammen aus dem DAX40-Index, dem Mittelstand oder zählen zu den sogenannten „Unicorns“ aus der Start-up-Szene.
Startups hingegen können offenbar leichter auf Deutschkenntnisse verzichten. Denn lediglich vier der 32 untersuchten Unicorns verlangten die für Ausländer schwer zu erlernende Sprache in ihren Stellenanzeigen, in 27 hingegen ist die Büro- und Geschäftssprache Englisch und Deutsch nur ein Pluspunkt.
Traditionelle Unternehmen hingegen forderten Deutsch in fast allen Stellenausschreibungen (39 von 40). Bei den DAX-Konzernen waren es 31 von 38. Dabei, so der Präsident der internationalen Hochschule GISMA, Prof. Stefan Stein, sei doch Deutsch gerade in den Bereichen KI, Software-Engineering und Data Science gar nicht nötig, um einwandfreie Arbeit zu leisten. Arbeitskräftemigration sei der einzige Weg, die Fachkräftelücke schließen zu können. Durch ihren Fokus aufs Englische erreichten die Unicorns einen wesentlich größeren Pool an internationalen Bewerbern als die Konkurrenz aus Mittelstand und DAX. Stein rät dazu, Mehrsprachigkeit in Stellenausschreibungen zuzulassen, um die Lücke im Fachkräfteangebot zu schließen.
Doch das allein wird auch nicht reichen. »Umfragen zufolge fühlen sich viele ausländische Fachkräfte in Deutschland nicht wohl: Es sei schwer für sie, in Deutschland Fuß zu fassen und Freundschaften zu schließen. Hier müssen wir gemeinsam als Gesellschaft internationaler werden, um gemeinsam das Problem des Fachkräftemangels anzugehen. Denn wir können es uns einfach nicht leisten, die talentierten Fachkräfte, die wir hier in Deutschland ausbilden, wieder ans Ausland zu verlieren«, so Stein.
Dass es in Großunternehmen auch anders geht, zeigt etwa SAP. Das Innovationszentrums in Potsdam mit Mitarbeitern aus 14 verschiedenen Nationen setzt auf Diversity und Inclusion als »bei SAP fest verankerte Werte und konkrete Arbeitsinhalte«. Deutsch ist für die meisten Rollen kein Einstellungskriterium, Englisch in vielen Teilen des Unternehmens Alltagssprache.