Was antwortet man, wenn die berufliche Auszeit eine psychiatrische Behandlung, ein Suchtklinikaufenthalt, Arbeitslosigkeit oder eine schnelle Pleite in der Selbstständigkeit war? Was muss man dem Personaler im Bewerbungsgespräch sagen und was nicht?
Headhunter Christian Pape gibt Auskunft und rät »im Kern zur Ehrlichkeit«.
Die Lücke im Lebenslauf klafft wie eine offene Wunde – und der Personaler fasst zielsicher auch noch rein: »Ihre Lücke im Lebenslauf, können Sie uns das näher erklären?« Was antwortet man darauf?
Personalberater Christian Pape ist kein Freund von Vermeidungstaktik. »Zunächst möchte ich Bewerbern die Angst davor nehmen, diese sogenannten ‚Lücken‘ ehrlich zu erklären. Sie sind nicht so schlimm und man muss dafür kein schlechtes Gewissen haben.« Wichtig sei, den guten Grund für die Auszeit hervorzuheben, »das diese wichtig für Sie oder Ihr Umfeld war und es nachvollziehbar ist. Lücken sind ein Teil von uns, sie machen uns erst sympathisch und niemand ist perfekt!« Im Gegenteil: »Der Homo Perfectus, der Superman unter den Bewerbern, der komplett ohne Ecken und Kanten kommt, der keine Schwächen hat und auf jede Frage eine fantastische Antwort hat – das macht misstrauisch, so einen will keiner im Team haben.«
Der Wind drehe sich sogar zunehmend, behauptet der erfahrene Berater. »Personaler haken da gerne ein und fragen, warum Sie nach der Schule KEINE Auszeit genommen haben, kein Sabbatical, kein Work and Travel gemacht haben. Haben Sie sich nicht getraut? Fehlt Ihnen der Mumm, sind Sie ein Kleingeist, haben Sie kein Interesse an fremden Kulturen?«
Alles, was weniger als drei Monate gedauert habe, müsse man zwar gar nicht formal erklären. Aber die Aussage einfach zu verweigern und auf Recht und Gesetz zu pochen, macht eben auch keinen guten Eindruck. »Nein, Sie sollten immer Antworten parat haben und dabei nicht lügen. Das macht den Personaler erst recht misstrauisch und lässt ihn an Ihrer Authentizität zweifeln.« Sei der Grund für die Auszeit aber nun wirklich schwer vermittelbar, »dann dürfen Sie kreative Formulierungen verwenden, die im Kern aber nicht falsch oder unehrlich sein dürfen«.
Beispiel: Wie verkauft man einen Aufenthalt in einer Suchtklinik? Das ist eine ‚Auszeit aus familiären und gesundheitlichen Gründen‘, sagt Pape. »In der Regel wird aus Pietätsgründen nicht näher nachgefragt und Sie brauchen dann auch nicht mehr detailliert darauf antworten.« Und manches sei auch nur vordergründig ein Makel: Etwa wenn die Gründer-Karriere mit eigener Geschäftsidee schon nach zwei Monaten wieder vorbei war. Kein Problem, das man verschweigen müsse, Hauptsache, man hat daraus gelernt: »Schließlich führen Fehler zum Nachdenken und zu Veränderungen«, sagt der Berater.
Auch eine längere Arbeitslosigkeit müsse kein KO-Kriterium sein. Und ebenso dürfe man sich bei einer beruflichen Entscheidung Zeit nehmen. »Denn es muss ja für beide Seiten passen. Sagen Sie also ruhig, dass Sie bei der Jobsuche sehr sorgfältig prüfen und das Zeit braucht, denn es ist ja eine ‚Lebensentscheidung‘. Niemand wird Ihnen das absprechen.«
Hintergründe einer „Lücke“ zu erklären beginne in jedem Fall schon bei der schriftlichen Bewerbung, nicht erst beim Vorstellungsgespräch. »Denn eventuell kommt es genau deswegen gar nicht erst dazu«, so Pape. »Mit der richtigen Formulierung sollten Sie dann die Aufmerksamkeit des Lesers oder Interviewers auf Eigenschaften lenken, die er hören will, z.B. auf Engagement, Weiterbildung, Soziales, Wissensdurst, Initiative. Wenn man sich zum Beispiel während einer längeren Arbeitslosigkeit um die kranke Großmutter gekümmert hat, dann sollte man das unbedingt erwähnen.« Auch Kellner-Jobs müsse man nicht verschweigen, sondern könne sie unter „Berufserfahrung“ auflisten. Das gilt genauso für alle Aktivitäten in den Bereichen Weiterbildung und Jobsuche, die man während der Arbeitslosigkeit geleistet hat, auch wenn es sich nur um zwei Stunden die Woche gehandelt hat. »So genau braucht der Personaler das nicht zu wissen«, erklärt Christian Pape den Grat zwischen Kreativität und Wahrheit.
Am einfachsten ist es, wenn die Lücke direkt nach dem Studium entstanden ist. Denn eine „berufliche Orientierungsphase“ werde dem Studenten nach erfolgreichem Abschluss immer zugestanden, »gerade in der heutigen Zeit, wo die lebenslange Anstellung in einer Firma unwiderruflich vorbei ist«, sagt Pape.
So sei ein Sabbatical nach dem Studium durchaus üblich, werde oftmals sogar als notwendig empfunden, um sich beruflich zu orientieren und sich über die eigenen Ziele klar zu werden, beruflich wie privat. »Sich Zeit für diesen Klärungsprozess zu nehmen, was man im Leben wirklich will und wie sich diese Ziele am besten erreichen lassen, wird meist als höchst respektabel und sogar mutig zur Kenntnis genommen.«, ermuntert der Berater.
Es gilt, jede „Auszeit“ möglichst so zu formulieren, dass all diese Anstrengungen, die man zu diesem Ziel hin unternommen hat, besonders betont werden können. Um auch weniger ruhmreiche Phasen am Ende umzudrehen. »Auf gar keinen Fall darf beim Arbeitgeber der Eindruck aufkommen, man hätte lediglich arbeits- und willenlos auf der faulen Haut gelegen und Playstation gespielt. Denn unabhängig davon, ob Sie dann als faul oder als depressiv gelten, man wird Sie für wenig belastbar und damit nicht geeignet für den Job halten.«
Wer offen mit seinen Lücken umgeht, punktet mit Authentizität und Integrität, »also mit den Softskills, die letztendlich für das Arbeitsleben und in den Augen der Personaler genauso wichtig sind wie die aus Arbeitsleistung, Fachwissen und Qualifikation bestehenden harten Fakten.«