Die Sensorik- und Messtechnik-Branche wirbt mit guten Jobchancen um Ingenieure und Physiker, die die Vorzüge mittelständischer Arbeitgeber zu schätzen wissen. Denn die Mitbewerber um den Nachwuchs sind zahlreich: Laut Bundesagentur für Arbeit gab es Ende des Jahres insgesamt 15.000 offene Stellen für Ingenieure. Mit dem Bedarf steigt auch die Bereitschaft der Sensorik-Branche zur gezielten Weiterbildung.
In so ziemlich jeder Anwendung, die als „intelligent“ verkauft wird, weil sie selbstständig oder automatisiert arbeitet, steckt – unsichtbar verborgen - Sensorik und Mikrotechnologie. Deshalb bezeichnet sich die stark mittelständisch geprägte Branche, die momentan vergleichsweise bescheidene 25 bis 30 Mrd. Euro Umsatz erwirtschaftet, auch als Schlüsseltechnologie und „Hebel“ für Zukunftsinnovationen: Elektromobilität zum Beispiel ist ohne die Überwachung und Steuerung von elektrischen Antrieben, von Lebensdauer und Ladezustand der Batterie nicht vorstellbar.
Im traditionell starken Maschinen- und Anlagenbau in Deutschland sorgt Mess- und Prüftechnik für eine fortschreitende Automatisierung. In der Consumer-Elektronik wie etwa dem i-phone stecken eine Vielzahl an Sensor-Chips. In der krisenresistenten Medizintechnik überwachen, steuern und übermitteln sensorgesteuerte Assistenzsysteme Körperfunktionen und entlasten damit medizinisches Personal – mit steigender Tendenz, bedingt durch den demographischen Wandel.
Und die Energiewende wird nicht zuletzt gelingen, weil Sensorik und Messtechnik Windkraftanlagen auf hoher See per Fernwartung überwachen und den Energiebedarf und –verbrauch in Gebäuden steuern. Ein wesentlicher Faktor für den Erfolg der Schlüsselbranche ist der stetig wachsende Exportanteil, der sich seit 2004 um 75 Prozent erhöht hat. Hauptabsatzmarkt ist dabei nicht etwa China – dieser Markt soll noch ausgebaut werden - sondern Europa. Das stärkste Wachstum generiert momentan noch die Automobilbranche.
Firmen zwischen 200 und 400 Mitarbeitern überwiegen, mit 1000 Mitarbeiter gehört man schon zu den ganz Großen der Sparte. Nach einem deutlichen Umsatzeinbruch im Krisenjahr 2009 ist diese kleine, aber feine Industrie laut einer Konjunkturumfrage ihres Fachverbandes AMA längst wieder auf Erfolgskurs: alle Parameter wie Umsatz, Export, Investitionen und Fachkräftebedarf zeigen nach oben. 2011 lag man mit 15 Prozent Wachstum über den Durchschnitt der deutschen Industrie, die 11 Prozent Umsatzsteigerung verbuchte.
Und 2012 soll es noch einmal 5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr nach oben gehen. Die Mitarbeiterzahl wuchs in den letzten sechs Jahren um 22 Prozent, damit stellt die Branche 300.000 Arbeitsplätze in Deutschland.
Einen Dämpfer bescherte in jüngster Zeit allein das Jahr 2009, als die Branche mit minus 14 Prozent Investitionsrückgang praktisch eine Vollbremsung hinlegte. Nennenswerten Personalabbau gab es jedoch nicht nach Auskunft von Dr. Thomas Simmons, Geschäftsführer des AMA Fachverbandes. „Nicht nur unsere Branche hat einen hohen Bedarf an Ingenieuren. Industrieweit wurden im ersten Quartal 2011 9000 offene Ingenieursstellen der Bundesagentur für Arbeit gemeldet, Ende des Jahres waren es bereits 15.000. Doch leider stehen wir stark im Schatten großer Arbeitgeber.“
Dabei weise die mittelständische Sensorik-Branche alle Merkmale auf, die Arbeitnehmer in der heutigen Zeit zu schätzen wüssten: Planbarkeit und Sicherheit, weil doch inhabergeführte und dynastisch denkende und handelnde Firmenchefs in anderen Zyklen dächten als von Shareholder Value und Aktienkursen abhängige Konzerne. Flache Hierarchien, Eigenverantwortlichkeit und die Chance, umfassend mitzuarbeiten, seien weitere Kennzeichen: „Arbeitsgebiet und Entscheidungsspielraum eines Ingenieurs bei einem Mittelständler sind in der Regel höher als in Konzernen, da macht es mehr Spaß, sich einzubringen.“ Man investiere viel in Aus- und Weiterbildung und sei damit auch viel stärker an niedriger Fluktuation interessiert, „einen Spezialisten zu verlieren ist für kleinere Unternehmen schwerer zu verkraften als für große.“, erklärt Simmons.
Die Hochschulabsolventen reichten nicht aus, um den aktuellen Bedarf an Fachkräften in der Mikrotechnologie zu decken, sagt Simmons. Das Ziel einer Studie des AMA Fachverbandes für Sensorik e.V. „Welche Potenziale bietet der Arbeitsmarkt für Mikrotechnologieberufe mit Hochschulabschluss?“ war es zu ermitteln, ob es über die Qualifizierung von Arbeitslosen möglich ist, diese Fachkräftelücke zu schließen oder zu verringern. Dabei ging es darum festzustellen, welches Potenzial es hierzulande gibt, um durch individuell zugeschnittene Qualifizierungsmaßnahmen insbesondere Langzeitarbeitslose wieder beschäftigen zu können.
Das Ergebnis der Studie war ein Potenzial von bundesweit ca. 1.500 bis 1.600 Menschen. Dabei handelt es sich um Langzeitarbeitslose mit Mikrotechnologieberufen, die seit mehr als 6 Monaten arbeitslos sind. Durch Weiterqualifizierung möchte der AMA sie fit machen für den Einsatz zum Beispiel in der Qualitätskontrolle, im Produktmanagement oder der Dokumentation.
Simmons: „Dieses Potenzial reicht aber nicht aus, um unseren Bedarf zu decken. Deshalb müssen unsere Unternehmen noch stärker als bisher ihren eigenen Nachwuchs entwickeln“.
Der Verband empfiehlt daher seinen klein- und mittelständischen Mitgliedern, neue Wege zu beschreiten, um sich Nachwuchs zu sichern. Etwa indem sie bereits während des Studiums Kontakt zu Studenten aufnehmen und Praktika, Hausarbeiten und Abschlussarbeiten vergeben, interessierten Mitarbeitern ohne Hochschulabschluss ein Studium finanzieren und mit dieser Möglichkeit auch bei der Ausbildungsplatzvergabe werben. Und in dem sie Initiativen unterstützen, die generell das Interesse an den MINT-Berufen und Studiengängen fördern.