Integrations- und Skalierungspotenzial

Warum Ionenfallen so interessant sind

12. Dezember 2023, 9:59 Uhr | Heinz Arnold
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Was jetzt noch zusätzlich Schub gibt

Der Shuttling-Controller wurde in Kooperation mit den Quantentechnologen in Villach für die erste Ionenfalle der Villacher entwickelt. Er ist direkt an dieser Ionenfalle angebracht. Der Shuttling-Controller kann bis zu 200 Elektroden in der Ionenfalle ansteuern.

Jetzt arbeiten die Wissenschaftler im neuen Labor in Oberhaching an den nächsten Shuttling-Controller-Generationen. Einen wesentlichen Teil dabei nimmt die Kryotechnik ein. Es kommt nicht nur darauf an, die Chips auf bis zu 2 K zu kühlen, sondern auch, dies möglichst schnell tun zu können. »Mit unserem neuen Kryostaten erreichen wir eine Zykluszeit von lediglich zwei Stunden«, freut sich Jens Repp.

Infineon Technologies
Kryostat im Quantenlabor von Infineon in Oberhaching bei München
© Infineon Technologies

Im Münchner Quantenökosystem werden auch weitere Entwicklungen vorangetrieben, die für die weitere Industrialisierung erforderlich sind, wie beispielsweise bei den oben schon angesprochenen Lasern. »Zwei bis drei hochgenaue Laser sind allein erforderlich, um die Ionen zu kühlen und als Qubits zu nutzen«, erklärt Wilhelm Kaenders, Gründer und CTO von Laser-Spezialist Toptica, der ganz in der Nähe, in Gräfelfing, sitzt. Die Frequenz muss dazu mit einer Präzision von 10–15 eingestellt werden. Derzeit hat das Rack, in dem die Steuergeräte für die Elektronik untergebracht sind, die Ausmaße eines Schranks. »Wir wollen sie jetzt auf die Größe eines Tischgerätes reduzieren«, so Kaenders. Gleichzeitig wollen die Experten von Infineon in Villach die Lichtleitung vom Laser zu den Ionen in die QPU integrieren. Im Quantenelektronik-Lab in Oberhaching beschäftigt sich eine Ingenieurin damit, Single-Photon-Avalanche-Dioden zu entwickeln. Sie wären die Voraussetzung, optische Uhren für hochgenaue Messungen zu realisieren, die viel kleiner und weniger komplex sind als die Geräte, die heute dafür erforderlich sind. »Das sind nur wenige Beispiele für die Aufgaben, die noch vor uns liegen«, sagt Richard Kuncic. »Ich sehe aber vor allem das große Potenzial, das in den Ionenfallen-QPUs steckt. Auf dem Weg zu höherer Integration und Skalierung kommen wir gut voran.«

»Genau der richtige Zeitpunkt!«

»Wir arbeiten bereits an der vierten Generation der Ionenfallen-QPU. Dafür müssen wir jetzt die Steuerelektronik entwickeln, die sich auf den QPUs integrieren lässt, um die Anzahl der Qubits weiter erhöhen zu können«, sagt Richard Kuncic, Business Line Head von Power Systems bei der Division PSS von Infineon. Deshalb war vor zwei Jahren die Entscheidung gefallen, das Kompetenzzentrum für Ionenfallen in Villach mit einem Labor für integrierte Quantenelektronik in München zu komplementieren. »Denn wir können hier sowohl die internen Synergien bei Infineon – beispielsweise mit der Fab in Dresden – nutzen als auch externe zur Forschung wie zur TU München oder zur Johann-Gutenberg-Uni Mainz, die im Bereich der Ionenfallen zu den weltweit führenden Unis gehört. Und wir können hier den Talenten ein interessantes Umfeld bieten, die wir für unsere Forschungen benötigen.«

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Eröffnung des Infineon-Labors Quantum Electronics und Power-KI in Oberhaching bei München: Chuck Spinner, Head of Central R&D Power Systems and Solutions, Hartmut Hiller, Head of R&D bei Infineon, Adam White, President Power Systems and Solutions, Richard Kuncic, Head of Power Systems (von links)
© Infineon Technologies

Synergien ergeben sich aber auch im Labor selber, in dem die Entwicklung der Shuttling-Controller für die QPUs den kleineren Teil einnimmt. Im größeren Teil entwickeln die Ingenieure KI-Algorithmen zur frühzeitigen Erkennung von Veränderungen in Power-Systemen. Doch hier sieht Kuncic ebenfalls Synergien. Denn die KI-Algorithmen lassen sich auch dazu nutzen, das Verhalten der Transistoren bei tiefen Temperaturen abzubilden und zu simulieren – viel schneller, als das auf Basis der eigenen Standardmodelle und dem eigenen Standardsimulator möglich wäre.

Was jetzt noch zusätzlich Schub gibt: Die Quantencomputer auf Basis von Ionenfallen haben an Fahrt aufgenommen, denn sie haben das Potenzial zu skalieren, sie erreichen die höchsten »Quantenvolumen«-Werte, das allgemein anerkannte Maß für die Leistungsfähigkeit von Quantencomputern, und es gibt bereits Kunden auf diesem Gebiet, also Hersteller von Quantencomputern, die auf die Ionenfallen-QPUs setzen. »Es ist also genau der richtige Zeitpunkt, um in den Aufbau eines dedizierten Kryoelektronik-Teams zu investieren und die Integration in Richtung Industrialisierung voranzutreiben«, so Kuncic.


  1. Warum Ionenfallen so interessant sind
  2. Was jetzt noch zusätzlich Schub gibt

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