Max-Born-Institut in Berlin

Ultrakurze Stromstöße durch gleichgerichtetes Licht

16. Januar 2019, 14:02 Uhr | Paulina Würth
Einheitszelle des Halbleiters Galliumarsenid (GaAs)
© MBI Berlin

Wissenschaftler am Max-Born-Institut haben gerichtete Ströme bei Terahertzfrequenzen erzeugt, die bei weitem die Taktraten moderner Höchstfrequenzelektronik schlagen. Der Mechanismus dahinter wurde lange debattiert.

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Solarzellen konvertieren die Energie von Licht in einen gerichteten elektrischen Strom, welcher dann die Energieversorgung von elektrischen Verbrauchern gewährleistet. Physikalische Schlüsselprozesse sind hierbei die Ladungstrennung während der Lichtabsorption und der anschließende Transport von elektrischer Ladung zu den Kontakten der Solarzelle. Die elektrischen Ströme werden von negativen (Elektronen) und positiven Ladungsträgern (Löchern) getragen, die sogenannte Intrabandbewegungen in den verschiedenen elektronischen Bändern des Halbleiters ausführen.

Die kleinste Einheit in einem Kristall ist die sogenannte Einheitszelle, eine wohldefinierte Anordnung von Atomen, die durch die chemischen Bindungen bestimmt wird. Die Einheitszelle des prototypischen Halbleiters GaAs ist ein Kristallgitter aus Gallium- und Arsen-Atomen ohne Inversionszentrum. Der elektronische Grundzustand des Kristalls ist durch ein vollständig gefülltes Valenzband gekennzeichnet, dessen elektronische Ladungsdichte auf der Bindung zwischen Ga- und As-Atomen konzentriert ist.

Bei Absorption von infrarotem oder sichtbarem Licht wird ein Elektron aus dem Valenzband in das energetisch nächstgelegene Leitungsband gehoben. In diesem neuen Zustand ist die elektronische Ladung in Richtung des Ga-Atoms verschoben. Dieser Ladungstransfer entspricht einem lokalen elektrischen Strom, welcher Interbandstrom oder auch Verschiebestrom (engl. shift current) genannt wird und sich fundamental von Elektronenbewegungen innerhalb der Bänder unterscheidet. Bis vor kurzem gab es eine kontroverse Debatte unter Theoretikern, ob der experimentell beobachtete, lichtinduzierte Strom auf Intrabandbewegungen (wie in der Solarzelle) oder Interbandbewegungen fußt.

Wissenschaftler am Max-Born-Institut in Berlin untersuchten experimentell die lichtinduzierten elektrischen Ströme im Halbleiter Galliumarsenid (GaAs) zum ersten Mal auf ultraschnellen Zeitskalen bis hinab zu 50 Femtosekunden. Mit Hilfe von ultrakurzen, intensiven Lichtimpulsen vom infraroten (λ = 900 nm) bis in den sichtbaren Spektralbereich (λ = 650 nm, oranges Licht) erzeugten sie Verschiebeströme in GaAs, die sehr schnell oszillieren und damit Strahlung mit einer Bandbreite bis zu 20 THz erzeugen.

Die Eigenschaften dieser Ströme und die zugrunde liegenden Elektronenbewegungen konnten im Detail über abgestrahlte THz-Wellen bestimmt werden, deren Amplitude und Phase direkt experimentell gemessen wurden. Die THz-Strahlung zeigt ultrakurze Stromstöße des gleichgerichteten Lichtes bei Frequenzen, die 5.000-mal höher sind als die Taktraten moderner Computersysteme.

Die experimentell beobachteten Eigenschaften der Verschiebeströme sind nicht mit dem physikalischen Bild von Intrabandbewegungen von Elektronen oder Löchern vereinbar. Ganz im Gegenteil, Modellrechnungen basierend auf Interbandbewegungen von Elektronen in einer Pseudopotential-Bandstruktur reproduzieren die experimentellen Ergebnisse und zeigen, dass ein interatomarer Übertrag von elektronischer Ladung in der Größenordnung einer chemischen Bindungslänge den Schlüsselmechanismus darstellt. Dieser Prozess findet in jeder Einheitszelle des Kristalls statt, d.h. auf einer Subnanometer Längenskala, und erlaubt die Gleichrichtung von Licht. Dieser Effekt kann auch bei noch höheren Frequenzen ausgenutzt werden und eröffnet neue interessante Anwendungen in der Höchstfrequenzelektronik.


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