NXP Semiconductors hat seine S32-Automotive-Plattform mit echtzeitfähigen Prozessoren erweitert, die einerseits das deterministische Verhalten von MCUs aufweisen, andererseits aber auch GHz-Geschwindigkeit, Isolationsfähigkeit und Speichererweiterungsmöglichkeiten von MPUs mitbringen.
»Die OEMs wollen die Anzahl der ECUs reduzieren. Dazu werden parallel zwei unterschiedliche Ansätze verfolgt: die einen OEMs setzen auf Domänen-, die anderen auf Zonen-Ansätze zusammen mit zentralen Steuergeräten«, erklärt Frank Kitzing, Director Automotive Network Processors Segment bei NXP Semiconductors. Beide Ansätze bringen Vorteile, wie einfachere Softwareintegration, deutlich reduzierten Kabelaufwand, einfaches Upgrade etc. Die dadurch entstehenden Anforderungen will NXP mit seinen neuen Echtzeitprozessoren S32Z2 und S32E2 adressieren, wobei NXP mit dem S32Z2-Prozessor auf sicherheitskritische Anwendungen wie ABS, Bremsen, Antrieb sowie auf Integrationssteuergeräte in der Domänen- und Zonen-Architektur zielt. Die S32E2-Prozessoren wiederum verfügen über alle Funktionsblöcke wie die S32Z2-Prozessoren, sie sind aber dank zusätzlicher 5-V-I/Os, einem weiteren SAR-ADC (3,3/5 V) und zusätzlichen Timern (eFlexPWM, eTimer, CTU) und 512 KB Daten-Flash laut Kitzing besonders gut für die Steuerung von Elektrofahrzeugen (xEV) und von intelligenten Aktuatoren geeignet.
Beide Echtzeitprozessoren werden mithilfe eines 16-nm-Prozesses gefertigt. Die Roadmap sieht laut Kitzing vor, dass die kommenden Varianten auf einem 5-nm-Prozess basieren, Testchips liegen seiner Aussage nach bereits vor. Darüber hinaus ist mit dem S32Z1 eine abgespeckte Variante geplant.
Die beiden Echtzeitprozessoren sind mit acht R-52-Prozessorkernen ausgestattet, die sehr flexibel konfiguriert werden können. Je nach Anwendung können die Prozessorkerne beim Booten beispielsweise in vier Lockstep-Paare, zwei Lockstep-Paare und vier Prozessorkerne ohne Lockstep oder acht Prozessorkerne, alle ohne Lockstep, konfiguriert werden. Die Taktrate liegt bei 1 GHz. Darüber hinaus sind auch zwei Cortex-M33-Prozessorkerne für Housekeeping-Funktionen integriert. NXP hat außerdem einen DSP/ML-Prozessor mit 25 GLOPs integriert. Dabei handelt es sich um einen Vektor-DSP mit 32 MACs (32 Bit Gleitkomma), der für Anwendungen im Bereich der Antriebssteuerung optimiert wurde, wie beispielsweise Erkennung der Charakteristika von Fahrern oder Erkennung von Anomalien. Darüber hinaus sitzen auf den Prozessoren noch eine Hardware-Security-Engine, ein TSN-Gigabit-Ethernet-Switch, weitere Timer und mit FlexLLCE eine Kommunikations-Engine. Dazu kommen bei beiden Prozessoren noch 19 MB SRAM und bis zu 64 MB Flash, die nicht monolithisch integriert sind, sondern mithilfe einer SiP-Technik mit im Gehäuse sitzen. Die Prozessoren verfügen mit einer LPDDR-Speicherschnittstelle über die Möglichkeit, zusätzliches externes DRAM oder Flash anzuschließen. Dazu kommen noch diverse Schnittstellen, wie bis zu 24 CAN 2.0 und CAN-FD, FlexRay, I3C, LIN, SPI, Giabit Ethernet, SENT und Zipwire.
Mehrere ECUs in einem Domänen-Controller integrieren
»Mit den neuen Echtzeitprozessoren unterstützen wir den Wandel von einer Hardware-zentrierten in eine Software-definierte Welt«, so Kitzing weiter. Was das heißt, zeigt er am Beispiel eines Domänen-Controllers für den Antrieb eines Elektrofahrzeugs. Dank der hohen Rechenleistung, dem deterministischen Verhalten lassen sich Funktionen, die vorher mit verschiedenen ECUs realisiert wurden, in einem S32Z integrieren. Besonders wichtig dabei ist, dass sich die integrierten Funktionen isoliert verhalten und sich nicht gegenseitig beeinflussen. Dazu hat NXP verschiedene Hardware-Features unter der Überschrift »Hardware-Virtualisierung vom Core bis zum Pin« integriert.
Dies beinhaltet unter anderem isolierte VMs (Virtual Machines) auf den Cortex R52-Cores, separate Interfaces zum integrierten Ethernet-Switch und dedizierte CAN-Controller, die über einen CAN-Hub in der FlexLLCE sowohl miteinander als auch mit den 24 CAN-FD-Interfaces mit externen Bussen verbunden werden können. Damit kann in einem Echtzeitprozessor die gesamte Funktionalität untergebracht werden: Domänen-Controller, Inverter, Batterie-Management-System, DC/DC-Wandler, On-Board-Charger und Antriebs-ECU – alles sicher voneinander isoliert, damit sich die Anwendungen nicht gegenseitig stören.
Verfügbarkeit und Entwicklungsumgebungen
Der S32Z280 und S32E288 sind die ersten beiden Bausteine, die ab sofort an Kunden ausgeliefert werden. Die Entwicklung der S32Z- und S32E-Prozessoren, die Softwareentwicklung und das Rapid Prototyping können mit der GreenVIP-Fahrzeugplattform und der GreenBox-3-Entwicklungsplattform beschleunigt werden. Die Plattformen werden von einer breiten Palette an Software und Tools sowie einem Partner-Ecosystem unterstützt. Eine Hardware-Sicherheits-Engine (HSE) unterstützt sicheres Booten, schnelle Sicherheitsdienste und die Schlüsselverwaltung. Die S32Z- und S32E-Prozessoren sind ASIL-D zertifiziert gemäß der ISO/SAE 21434 für Cybersecurity und der ISO 26262 für funktionale Sicherheit. Außerdem bietet NXP für die Prozessoren mit dem FS86 auch einen ASIL-D zertifizierten SBC (Safety-System-Basis-Chip) und mit dem PF5030 den dazugehörigen PMIC (Power Management IC) mit verbesserten Sicherheitsfunktionen.