Schaut man sich die Schlüsselparameter von AMDs neuen EPYC-CPUs an – Rechenleistung, Speicherbandbreite, Energieeffizienz und Preis – ist nicht erkennbar, warum die Prozessoren keinen Erfolg haben sollten. Nach dem Drama um die fehldesignten Bulldozer-CPUs ist AMD mit Zen-2 auf dem richtigen Weg, Intel zumindest bei rein sachlicher Betrachtung Marktanteile abnehmen zu können. Man muss sich z.B. klar machen, dass der aktuelle Intel Xeon Platinum 9200 bzw. dessen Topversion 9282 mit einer TDP von 400 W spezifiziert ist und sich nur mit Flüssigkeitskühlung betreiben lässt.
Wenn man etwas kritisieren will, dann fehlende Instruktionen für maschinelles Lernen, wie sie Intel anbietet, oder die AVX-Limitierung, wobei AMDs Strategie hier wie oben beschrieben auf dedizierte Hardware-Beschleuniger wie GPUs (z.B. die hauseigenen Radeon Instinct MI50/MI60, die ja PCIe-4.0. unterstützen) oder FPGAs setzt.
Laut AMD ist die neue Top-CPU 7742 in Cloud-Umgebungen 97 % schneller als Intels Xeon Platinum 8280L, bei High-Perfomance-Computing 88 % schneller, und bei der Datenanalyse in Enterprise-Systemen 84 %. Die TCOs sollen 25-50 % geringer sein als heute.
In einem typischen Use-Case eines Online-Webshops können laut AMD die TCOs um 45 % gesenkt werden (gegenüber Intel Xeon 8280), indem durch 83 % höhere Rechenleistung 45 % weniger Server benötigt werden, um dieselbe Anzahl von Java-Operationen/s zu erreichen.
In Summe sollen 80 Rechenleistungs-Weltrekorde erreicht werden, davon 15 im Bereich High-Performance-Computing, 41 im Bereich SDI/Enterprise, 18 im Bereich BigData und 6 bei Cloud-Workloads.
Last but not least können EPICs 1-Sockel-Produkte – wenn man die Zahlen von AMD zu Grunde legt – die Rechenleistung von Intels 2-Sockel-Lösungen bis hin zum Xeon Platinum 8280M erreichen, was in Ergänzung zu den Hardware-Einsparungen z.B. durch zusätzlich geringere Software-Lizensierungskosten die TCOs um mehr als 50 % reduzieren können.
Die Erfahrung – und das ist die einzig gute Nachricht für Intel am heutigen Tage – zeigt jedoch, dass Kunden oft träge sind und es oft mehrere Chip-Generationen dauert, bis auf das erste ernsthafte Interesse ein tatsächlicher Wechsel des Lieferanten folgt.
Sollte AMD seinen Marktanteil bei den margenstarken Server-Chips 2019 wie prognostiziert tatsächlich auf 5 % erhöhen können, wäre es ironischerweise eine Win-Win-Situation: Für den “kleinen” x86-Hersteller ein Umsatzsprung und für Intel immer noch die Marktführerschaft mit massivem Vorsprung bei den Marktanteilen.
Nach entspannten Jahren mangels Wettbewerb auf Augenhöhe wartet für den Chip-Riesen aus Santa Clara jetzt endlich wieder echter Wettbewerb, der mit Zen-2 erst seinen Anfang gefunden hat. AMD arbeitet schon an den Nachfolgegenerationen Zen-3 und Folgenden und wenn man die Zen-Architektur als Ganzes betrachtet, kann man aus Kundensicht durchaus optimistisch sein, dass die Zeiten der Fehldesigns ein Ende gefunden haben.
Die Kunden sind die größten Gewinner des heutigen Tages: Statt der Fortführung des Quasi-Xeon-Intel-Monopols gibt es nunmehr eine Alternative am Markt, was zukünftig für fallende Preise und besseren Service spricht.
HP Enterprise hat bereits 3 neue Systeme auf Basis von Epyc entwickelt, die laut CTO Mark Potter 37 Weltrekorde gebrochen haben. U.a. die Uni Stuttgart setzt diese ein, um einen Supercomputer zu bauen.
Ein Vergleich mit Arms Neoverse-CPUs an dieser Stelle ist seriös unmöglich, solange es keine Silizium-SoC-Implementierungen von Arms Lizenznehmern gibt. Sicher ist jedoch, dass es genug Workloads in der Cloud gibt, wo der Many-Core-RISC-Ansatz von Arm vielversprechend ist. Die Eigenentwicklung eines SoCs von Amazon Web Services (AWS) ist dafür ein eindeutiger Beleg. Insofern haben auch die Briten die Möglichkeit, an dem großen Kuchen des Cloud-Computings zu partizipieren.