Ihr Ansatz auf diesem Gebiet geht aber über das reine Monitoring hinaus. Sie wollen intelligente Implantate zur direkten Tumorbekämpfung vor Ort einsetzen.
Der Gedanke dabei ist, nicht nur das mögliche Wachstum des Tumors zu beobachten, und auf diese Weise dem Patienten regelmäßige Krankenhausbesuche zu ersparen, sondern den Tumor genau dann zu bekämpfen, wenn er am schwächsten ist, nämlich wenn er wächst. Unser biosensorisches System beobachtet sowohl den Sauerstoff- als auch den pH-Wert an der Tumoroberfläche. Registriert der Sensor ein Tumorwachstum, soll das intelligente Implantat molekularen Sauerstoff generieren. Es gibt kaum etwas Schädlicheres für Tumorzellen als molekularen Sauerstoff!
Wie lange kann ein solches Implantat im Körper bleiben? Wie erfolgt die Energieversorgung eines solchen Implantats, und gibt es Krebsarten, für die eine solche Lösung besonders sinnvoll wäre?
Wir haben heute ein im Tierversuch bewährtes Produkt, das wir noch weiter miniaturisieren werden. Nach unseren bisherigen Erfahrungen soll es ein Jahr lang im Körper des Patienten verbleiben können. Wie groß eine solche Lösung in einem menschlichen Patienten sein wird, hängt letztlich davon ab, ob ich einen solchen Monitoringsensor mit einer implantierbaren Wirkstoffpumpe kopple. Dann bestimmt letztlich das Volumen der Medikamention die Größe des Implantats. In der bisherigen Lösung sorgen zudem Batterien für die Energieversorgung. Derzeit arbeiten wir an einer passenden Energy-Harvesting-Lösung, die das Volumen des Implantats noch einmal reduziert. Minimalinvasiv eingebracht, dürfte sich ein solches Implantat für die Beobachtung und die Therapierung der meisten bekannten Krebsformen eignen.
Auch in diesem Fall, würden die Skalierungsvorteile der Mikroelektronik zur Minimierung des Zeit- und Kostenaufwands beitragen. Welche direkten Vorteile hätte das für den Patienten?
Intelligente Implantate sind in einem solchen Fall Ausdruck einer verstärkt personalisierten Medizin und Therapie. Für den Patienten ergeben sich verschiedene Vorteile. Die Anzahl der Kontrolluntersuchungen im Krankenhaus minimiert sich, die Medikamention ist genau auf das jeweilige Stadium der Tumorerkrankung einstellbar, und dem Patienten bleiben damit eventuell die bekannten Nebenwirkungen einer klassischen Krebsbehandlung in Form einer Chemo- oder Strahlentherapie erspart.
Sie haben vor einigen Jahren auch das Ziel verfolgt, Organfunktionen mit Hilfe von Implantaten zu ersetzen. Damals ging es um einen Ersatz der Leberfunktion. Verfolgen Sie dieses Ziel noch weiter?
Dieser Ansatz ist eine Weile in den Hintergrund getreten, doch in jüngster Zeit scheint sich eine Möglichkeit abzuzeichnen, dass wir die Entwicklung einer entsprechenden Lösung zusammen mit einem Industriepartner wieder aufnehmen. Entschieden ist in dieser Richtung aber noch nichts.
In jüngster Zeit mehrten sich wieder Berichte über Fortschritte beim bionischen Auge. Für wie realistisch halten Sie die Bemühungen um diese Art von Implantaten?
Ich bewundere die Menschen, die sich für die jüngsten Versuche in dieser Richtung zur Verfügung gestellt haben. In der Form, in der das heute realisiert wird, möchte ich das niemandem zumuten. Das Kernproblem beim bionischen Auge ist die Wechselwirkung zwischen der Leistung der Elektronik und der damit verbundenen Wärmeentwicklung. Je höher die Auflösung und Leistungsfähigkeit dieses bionischen Auges, umso höher die entstehende Abwärme, die ich irgendwie aus dem umgebenden Gewebe kriegen muss. Gelingt es, dieses Problem in den Griff zu bekommen, wird das der Durchbruch bei der Entwicklung eines serienreifen, medizinisch wirklich einsetzbaren Ersatzes für das menschliche Auge sein.