Sie führen als Nachfolger des Firmengründers Dr. Felix Zandman den Vishay-Konzern nun seit nahezu 10 Jahren als CEO und President. An welchen Stellschrauben im Konzern haben Sie bisher am meisten justiert?
Dr. Felix Zandman war über Jahrzehnte die dominierende Figur in diesem Unternehmen. Die Zeit nach seinem Ableben im Jahr 2011 war natürlich auch dadurch gekennzeichnet, dass wir uns ein Stück weit mit uns selbst beschäftigen mussten. In einigen Bereichen waren wir in der Vergangenheit vielleicht zu erfolgreich, und dann wird man bequem. Ich kann in meiner Position Impulse geben, aber ich kann keine Motivation anordnen. Wir haben also Entwicklungen angeschoben, wie etwa die jetzt vorgestellten MOSFETs der nächsten Generation, das gilt auch für Super-Junction-MOSFETs, sowie unsere ersten eigenen IGBTs. Auch bei den Induktivitäten haben wir deutlich nachgelegt, und wir haben speziell unser Portfolio IR-Sensoren ausgebaut. Gleichzeitig mussten wir klare Entscheidungen hinsichtlich der Produktion treffen, so macht es etwa keinen Sinn mehr, MOSFETs auf 6-Zoll-Wafern zu fertigen.
Investieren Sie aus diesem Grund im nächsten Jahr bis zu 180 Millionen Dollar in den Ausbau Ihrer Fertigungskapazitäten?
Wir waren diesbezüglich in der Vergangenheit vielleicht immer etwas zu vorsichtig, was den Aufbau zusätzlicher Kapazitäten angeht. Wir haben uns darum dazu entschlossen, für eine Reihe ausgewählter Produkte, die Produktionskapazitäten so auszubauen, dass wir unseren Lieferverpflichtungen auch dann problemlos nachkommen können, wenn unvorhersehbare Bedarfsspitzen auftreten. Stichpunkt unvorhersehbar: Niemand konnte zu Jahresbeginn vorhersehen, dass es einen Ukraine-Konflikt dieser Dimension und damit letztlich auch Wirtschaftssanktionen gegen Russland geben würde. Haben diese Sanktionen negative Auswirkungen auf Ihr Geschäft? Bisher konnten wir noch nichts in dieser Richtung feststellen, wobei wir das Russland-Geschäft vor allem über Distributoren betreiben. Wenn es denn Auswirkungen haben sollte, dann gehe ich davon aus, dass vor allem der Bereich Industrieelektronik, speziell in Europa, davon betroffen sein dürfte.
Vishay erzielt heute fast ein Viertel seines Umsatzes mit der Automotive-Branche. Hätten Sie das nach der Krise 2009 für möglich gehalten, dass sich dieser Bereich so schnell erholt?
Es ist die Automotive-Industrie, die uns in den letzten Wochen schon auf Steigerungen von 7-8 Prozent für das nächste Jahr eingeschworen hat – also auf ungebrochenes Wachstum. Das sah vor fünf Jahren wirklich anders aus. Wenn Sie damals selbst mit ausgewiesenen, speziell nordamerikanischen Optimisten zusammen saßen, dann wurde da von „this is the end“ gesprochen. Das haben die inzwischen wahrscheinlich schon wieder vergessen. Aber es ist ja nicht nur der an sich steigende Anteil elektronischer Lösungen im Auto, die den Bedarf an Bauteilen kontinuierlich wachsen lässt, es sind vor allem auch die neuen Funktionen, die in die Fahrzeuge integriert werden. Das Thema Interconnectivity ist ein weiterer solcher Treiber.
Ihre Amtszeit ist auf Wunsch von Dr. Zandman zeitlich unlimitiert. Haben Sie sich ein zeitliches Limit gesetzt?
Einen internationalen Konzern zu führen, ist eine herausfordernde Aufgabe, der ich mich auch weiterhin gerne stelle, klar ist aber auch, dass ich nicht jünger werde. Die Suche nach einem, auch vom Alter her passenden Nachfolger, der das Unternehmen dann vielleicht 10, 15 Jahre führen kann, zählt darum sicherlich mittelfristig zu meinen wichtigsten Aufgaben.