Applikationsspezifische IGBTs für Klimaanlagen

Runter mit den Temperaturen

9. Dezember 2010, 11:15 Uhr | Thomas Kimmer, Mark Thomas

Der häusliche Bereich stellt besondere Anforderungen an Klimaanlagen. Wichtige Differenzierungsmerkmale sind hier Energieeffizienz und niedrige Geräuschemissionen. Dafür ist eine feldorientierte Regelung geradezu prädestiniert. Entsprechende Starterkits inklusive Software vereinfachen die Entwicklung deutlich.

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Da der Bedarf nach Klimaanlagen in allen Regionen der Welt steigt, nimmt auch die Nachfrage nach energieeffizienteren Systemen zu. Förderungsprogramme von Regierungen sowie Kundenanforderungen befeuern die Nachfrage von Leistungselektronik in der Motorsteuerung für die Kompressoren und Lüfter noch zusätzlich.

Raumklimaanlagen profitieren von dem allgemein steigenden Einsatz frequenzvariabler Antriebe, wie sie in Waschmaschinen, Kühl- und Gefriergeräten sowie Wäschetrocknern zu finden sind. Herstellerfirmen setzen zunehmend auf Differenzierungen ihrer Energieklassen in der als »Weißer Ware« bezeichneten Geräteklassen, die über die Energieeffizienzklasse A++ hinausgehen. Die Kennzeichnung von Geräten als »Top-Runner« (jährlich werden die besten 25% der Energiesparer damit ausgezeichnet) oder »A-40 Prozent« (diese Geräte übertreffen die A-Gruppierung um 40%), geben Herstellern neue Möglichkeiten der Produktdifferenzierung.

Infineon setzt mit seinen neuen Energiesparchips neue Akzente, welche die gesamte Systemkette der Leistungselektronik in den Raumklimaanlagen beinhalten. Hierfür wurde ein Referenzdesign entwickelt, das die Steuerung des Kompressors und der Lüfter übernimmt. Ziel bei dem Design war es, ein Optimum aus der benötigten Effizienz und Leistung sowie der Gesamtsystemkosten zu erreichen. Durch den Einsatz moderner, industriequalifizierter Mikrocontroller, Leistungstreiber und applikationsoptimierter Leistungshalbleiter soll der Designer von energieeffizienten Raumklimaanlagen ein eigenes System in kürzester Zeit entwickeln können.

Optimierte feld-orientierte Regelung

Das Referenzdesign nutzt dabei die in industriellen Antrieben übliche feldorientierte Regelung, um den Energieverbrauch zu senken und die Komfortfunktionen zu erhöhen. Die im Haushalt eingesetzten Motoren waren bisher üblicherweise Asynchronmaschinen, betrieben mit konstanter Drehzahl und meist ineffizient angesteuert über eine aus mechanischen Schaltstufen bestehende Steuerung. Der Einsatz von permanenterregten Synchronmaschinen minimiert nicht nur das Volumen der Maschine, sondern sorgt auch für einen ruhigeren Lauf und steigert den Wirkungsgrad.

Durch den Einsatz dieser effizienten Maschinen sind Energieeinsparungen von bis zu 60 Prozent möglich. Dies entspricht einer möglich weltweiten Kostensenkung von 0,5 Billionen Euro. Bei etablierten Regelungen der permanenterregten Synchronmaschinen verursacht die Trapez- oder Blockkommutierung mittels Hallsensoren oder Gegen-EMK-Abtastung bei niedrigen Drehzahlen Störgeräusche und eine Begrenzung der maximalen Drehzahl.

Bild 1: Blockdiagramm der feldorientierten Regelung für Motoren in Klimaanlagen
© Infineon Technologies

Die feldorientierte Regelung (FOR) führt zu einer besseren Gesamtleistung, da sinusförmige Ströme ein ruhiges Drehmoment erzeugen und einen erweiterten Drehzahlregelungsbereich zulassen.

Hierzu rechnet der FOR-Algorithmus die Wechselstromwerte der Statorebene in äquivalente Gleichstromwerte im Rotorbereich um und wandelt den errechneten Spannungswert der Rotorebene wieder in die Statorebene zurück.

Die Regelung für eine Synchronmaschine ist in Bild 1 dargestellt. Die sensorlose Regelung benötigt hierfür genaue Information über den Rotorwinkel und die Winkelgeschwindigkeit.

Ein Ziel in der Entwicklung von Motorregelungen ist es, die Anzahl der benötigten Strom- und Geschwindigkeitsmessungen zu reduzieren, idealerweise auf Null.

Infineon bietet hierfür eine Regelung an, die nur eine Messung des Zwischenkreisstroms benötig. Die Statorströme lassen sich aus dem Zwischenkreisstromsignal ableiten.

Die feldorientierte Regelung erreicht eine hohe Dynamik und Genauigkeit.

Bild 2: »DAvE Drive« ist eine kostenlose, vollständige Entwicklungsum-gebung für die Regelung dreiphasiger Asynchron- und Synchronmaschinen
© Infineon Technologies

Infineon stellt für das Erstellen der Regelungssoftware die kostenlose Entwicklungsumgebung »DAvE Drive« zur Verfügung, zu der ein Codegenerator für Infineons 8-Bit- und 16-Bit-Mikrocontroller gehört (Bild 2).

DAvE Drive enthält neben einem kostenlosen Compiler alle nötigen Regelungsalgorithmen für die Inbetriebnahme der Maschine.

Die Entwicklungszeit für das Erstellen der Motorregelung lässt sich mithilfe dieser grafischen Designumgebung erheblich verkürzen, da diese tausende Zeilen Code automatisch generieren kann. Weiterhin visualisiert ein Echtzeit-Software-Oszilloskop wichtige Regelungsparameter.

Ein aktueller Trend ist die anwendungsspezifische Gestaltung der Leistungselektronik auf Basis von diskreten Produkten. Wurden in den letzten Jahren vermehrt Module im Antriebsbereich eingesetzt, so gehen Hersteller heute oft den Weg, Treiberbausteine und Leistungshalbleiter in der gewünschten Konfiguration einzusetzen.

Bild 3: Blockschaltbild eines Umrichters für Raumklimaanlagen
© Infineon Technologies

Dies setzt ein hohes Maß an Fachkenntnis voraus, nicht nur die Bauteilauswahl und Layout sind hier kritische Punkte. Auch das thermische Design und die Produzierbarkeit erfordern Kreativität und vor allem wertvolle Arbeitszeit (Bild 3).

Auslegung der Leistungsumrichter

Um die Realisierbarkeit zu vereinfachen, bietet Infineon das »Air-Conditioning Inverter Kit« an (Bild 4).

Dieses Referenzdesign, das auf einem Bord den Leistungsteil für die zwei Motorumrichter und eine Leistungsfaktorkorrektur enthält, bietet den Ingenieuren einen einfachen, aber dennoch technisch hochwertigen Einsatz eines diskreten, preisoptimierten Systems.

Auf einer einzigen Platine werden die Einsatzfälle Kompressorumrichter (1,2 kW) und kühlkörperloser Lüfterumrichter (200 W) demonstriert. Das Referenzbord lässt sich direkt aus dem Netz (110 V und 230 V) versorgen und wird im Set mit den Mikrocontrollertypen »XC-878« (8 Bit für einen Motor + PFC) und »XE-164« (16 Bit für zwei Motoren + PFC) sowie einem USB-Programmierdongle angeboten.

Bild 4: Infineons »Air-conditioning Inverter Application Kit« und Referenzdesign für feldorientierte Regelung
© Infineon Technologies

In Klimaanlagen kommen typischerweise Umrichter mit Spannungszwischenkreis in B6-Vollbrückenkonfiguration zum Einsatz. Der IGBT ist in der Antriebstechnik der bevorzugte Leistungsschalter, da er die Anforderung an eine hohe Leistungsdichte und eine gute Kommutierungsfestigkeit der antiparallelen Diode erfüllt.

Die aktuelle »TrenchStop«-Technologie ist die neuste IGBT-Generation von Infineon, welche die klassischen Non-Punch-trough- und Punch-trough-IGBTs in den Leistungsverlusten und im EMV-Verhalten technisch und wirtschaftlich ersetzen. Die neueste IGBT-Architektur »Highspeed 3« ermöglicht den wirtschaftlichen Ersatz von planaren MOSFETs durch IGBTs.

In Kombination mit den aktuellen SiC-Dioden der »ThingQ!«-Serie des Herstellers lassen sich bei der PFC Wirkungsgrade von über 96% bei 67 kHz erzielen - bei gleichzeitig reduziertem Volumen der Drossel. Werden Schaltfrequenzen von unter 40 kHz adressiert, so bieten sich Si-Power-Dioden an, die auf dem Emitter-controlled-Dioden-Prinzip beruhen und die Kosten des Gesamtsystems weiter senken.

Auf dem Bord ist ein Leistungsfaktorkorrektur-IC (»ICE3PCS02G«) vorhanden. Dieses kann genutzt werden, um einen schnellen Einstieg zu ermöglichen. Sind zusätzliche Funktionen nötig, kann die Leistungsfaktorkorrektur auch der Mikrocontroller übernehmen, da die nötigen Signale auch über das Bord zur Verfügung stehen.

Die in Umrichtersystemen verwendeten IGBTs sind üblicherweise mit einer Freilaufdiode versehen, die im Gehäuse zusätzlich antiparallel zum IGBT integriert ist.

Bild 5: Umrichtertopologie mit Spannungszwischenkreis für den Antrieb bestehend aus Gleichrichter, Leistungsfaktorkorrektur und B6-Vollbrückenumrichter
© Infineon Technologies

In Infineons neuer »RC-Drives«-Technik wird diese Diode monolithisch in die IGBT-Struktur integriert (Bild 5).

Durch diese Integration schrumpft die Gesamtfläche der Duo-Packs um 40%. Somit können typisch verwendete Gehäuse im TO-220 oder TO-263 (D2-PAK) auf die nächst kleineren reduziert werden. IGBTs von 4 A bis 15 A sind somit in den Gehäuseformen T0-251 (I-PAK) oder TO-262 (DPAK) möglich.

Dadurch verkleinert sich die verwendete Gesamtfläche auf der Leiterplatte, was zusätzlich zu geringeren Materialkosten führt. Die im Referenzdesign verwendeten IGBT-Typen sind im Kompressorteil ein »RC-Drives« mit 15 A sowie ein »RC-Drives« mit 4 A für den Lüfterteil.

Im Allgemeinen werden in der weißen Ware Schaltfrequenzen zwischen 4 kHz und 20 kHz verwendet. Der Einsatz von niedrigen Frequenzen macht die Umrichter effizienter, da die Schaltverluste dadurch abnehmen. Sind die Maschinen und die Leistungselektronik allerdings direkt im Wohn- und Arbeitsbereich installiert, werden Frequenzen oberhalb der hörbaren Grenze bevorzugt.

Der Einsatz von Frequenzen oberhalb von 16 kHz ist deshalb wünschenswert und stellt einen guten Kompromiss aus Schaltverlusten und Komfort dar. Infineons neue RC-Drives-Serie ist auf niedrige Durchlassverluste optimiert, charakterisiert durch die Durchlassspannung (VCEsat), und gleichzeitig geringe Schaltverluste (Ets).

Eine optimale Abstimmung beider Parameter kennzeichnet diese IGBT-Technologie. In Kombination mit dem EICE-Driver (Sechskanal-Brückentreiber), der auf der Sillicon-on-Isolator-Technologie basiert, lässt sich ein vollständiges Design auf einfache Weise realisieren. Durch die Kombination dieser diskreten Bauteile lässt sich das jeweilige Design einfach auf die Anforderung nach di/dt und du/dt verschiedenster Maschinen und Umrichteranordnungen abstimmen.


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