LS wirkt primär im Lastkreis und beeinflusst unabhängig von der Art des Schaltvorgangs die Spannung am Bauteil und somit die Rückkopplung von VDS auf das Gate. Während des Einschaltens verringert ein größeres LS den Wert von VDS, was zu geringeren Schaltverlusten am Schalter führt. Im Gegensatz hierzu wird die entsprechende Freilaufdiode stärker belastet. Beim Abschalten erzeugt ein großes LS eine erhöhte Überspannung am Schalter.
Lcouple besitzt im Schaltvorgang die Eigenschaften einer zusätzlichen in den Gate-Kreis integrierten Spannungsquelle, die VG entgegenwirkt. Eine Stromänderung im Lastkreis erzeugt einen Spannungsabfall an Lcouple, wodurch sich VGS während des Einschaltvorgangs verringert und während des Abschaltvorgangs erhöht. Somit stehen die drei parasitären Induktivitäten in gegenseitiger Wechselwirkung und beeinflussen das Schaltverhalten.
Zahlenbeispiel Leistungs-MOSFET
Um die Wechselwirkung zwischen LG, LS und Lcouple und einem schnellschaltenden Bauelement untersuchen zu können, wurde ein 650-V-Leistungs-MOSFET mit einem RDS(on) von 37 mΩ als Schalter zusammen mit einer SiC-Diode im Freilaufpfad in einen Testaufbau integriert (Bild 1b). Der Testaufbau ermöglicht eine Variation der drei parasitären Induktivitäten, wobei zusätzlich noch die Streuinduktivität LDriver des Gate-Treibers zu berücksichtigen ist. Eine vereinfachte Sichtweise auf die Streuinduktivitäten basiert auf der Betrachtung der Anschlüsse, wodurch Lσg die Summe aus LG und Lcouple ist, Lσs die Summe aus LS und Lcouple. Die Werte der Streuinduktivitäten wurden anhand einer Simulation verifiziert, wobei sowohl die elektrischen Eigenschaften der einzelnen Komponenten als auch deren räumliche Anordnung im Messaufbau berücksichtigt wurden. Die Messungen selbst wurden bei Raumtemperatur, einer Eingangsspannung VDC von 450 V und einem Drain-Strom ID von 3 A bis 60 A durchgeführt.
In Bild 2a sind die ermittelten Schaltverluste für das Einschalten (EON) und das Ausschalten (EOFF) bei unterschiedlichen Gate-Widerständen RG und in Abhängigkeit von ID dargestellt. Für hohes Ltotal wurde die Messung bei maximalem Lσg und Lσs durchgeführt.
Niedriges Ltotal entspricht folglich der Kombination von minimalem Lσg und Lσs. Sowohl Einschalt- als auch Ausschaltverluste nehmen unabhängig von RG und Ltotal mit steigendem Drain-Strom zu.
Ein Vergleich der Schaltverluste für unterschiedliches Ltotal zeigt insbesondere bei einem RG von 5,1 Ω und einem ID von 60 A, dass EON um 400% im Vergleich zu 125% bei EOFF steigt. Bei großem RG (Bild 2b) beeinflusst von Ltotal auf Einschalt- und Ausschaltverluste nicht mehr so stark, wobei auch hier steigende Schaltverluste recht deutlich zu erkennen sind.
Mit Fokus auf die parasitären Induktivitäten kann man somit folgern, dass sich diese insbesondere bei schnellem Schalten, also kleinem RG und großem ID, auf das Schaltverhalten signifikant auswirken. Da sowohl EON als auch EOFF durch die parasitären Induktivitäten ansteigen und der Einfluss auf die Einschaltverluste viel stärker ausgeprägt ist als auf die Ausschaltverluste, werden im Folgenden nur Ergebnisse zu EON diskutiert. Die daraus resultierenden Schlussfolgerungen lassen sich entsprechend auf das Ausschalten übertragen.
Die rechte Seite von Bild 3 zeigt EON in Abhängigkeit von Lσg und Lσs bei einem Drain-Strom von 60 A. Für kleine Werte von Lσs nehmen die Einschaltverluste mit steigendem Lσg ab (gestrichelte Linie in Bild 3 oben rechts). Dies ist direkt auf die durch LG induzierte Spannungsüberhöhung am Gate zurückzuführen. Für Lσs ≥ 27 nH wird dieser Einfluss überkompensiert und EON steigt mit größer werdendem Lσg stark an. Dieser Übergang zu erhöhten Schaltverlusten tritt auf, sobald sowohl Lσg als auch Lσs einen Schwellwert (Lσs ≥ 27 nH; Lσg ≥ 50 nH, siehe Bild 3 rechts unten) überschreiten. Liegt entweder Lσg oder Lσs unterhalb dieses Schwellwerts, so erhöht sich EON nicht signifikant. Bild 3a illustriert diesen Zusammenhang zwischen Einschaltverlusten, Lσg und Lσs und verdeutlicht die abrupte Zunahme von EON nach Überschreiten der genannten Schwellwerte von Lσg und Lσs.