Tipps für Schaltnetzteil-Designer

Hohe Energiedichte mit eGaN

19. November 2019, 10:37 Uhr | Von Rich Miron, Applications Engineer bei Digi-Key Electronics
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Integrierte GaN-Lösungen

Bei High-End-Schaltnetzteildesigns, in denen früher eGaN-HEMTs verbaut wurden, zwang der hohe Preis die Designer, den Einsatz der Bausteine auf Leistungstransistoren zu begrenzen, während für die Gate-Treiber wieder Silizium-MOSFETs zum Einsatz kommen. Zwar ließen sich so im Vergleich zu Nur-Silizium-Designs einige Leistungssteigerungen erzielen, doch die Silizium-Bauelemente in dem kombinierten Design bremsten die maximale Schaltfrequenz aus. Und weil GaN und Silizium mit unterschiedlicher Prozesstechnologie arbeiten, mussten Gate-Treiber und Leistungstransistoren als separate Komponenten hergestellt werden, was die Kosten und den Platzbedarf auf der Platine ansteigen ließ.

Dank der gesunkenen eGaN-Preise konnten die Chiphersteller diese beiden Probleme jetzt lösen. So bietet zum Beispiel Texas Instruments seine eGaN-Leistungsstufe LMG3411R070 (70 mΩ, 600 Volt) mit integriertem Gate-Treiber an (Bild 2).
Der Chip kann 100 V/ns schalten, fast ohne Klingeln (Bild 3). Im Vergleich dazu lagen die Anstiegsraten herkömmlicher Silizium-Leistungs-MOSFETs bei 3 bis 10 V/ns.

Vom Hersteller Navitas Semiconductor stammt eine ähnliche Produktklasse, der NV6113. Dieses Produkt integriert einen eGaN-HEMT (300 mΩ, 650 V), einen Gate-Treiber und die zugehörige Logik in einem 5 mm × 6 mm kleinen QFN-Gehäuse. Navitas NV6113 toleriert eine Anstiegsrate von 200 V/ns und arbeitet mit bis zu 2 MHz.

Während Bausteine wie die GaN-Leistungsstufen von TI und Navitas im Parallelbetrieb in der beliebten Halbbrücken-Topologie zum Einsatz kommen können (Bild 4), gibt es andere Produkte, bei denen zwei Leistungstransistoren (und die zugehörigen Gate-Treiber) auf demselben Chip integriert sind.

EPC stellte zum Beispiel kürzlich seinen EPC2115 vor, einen integrierten Treiber-IC, der zwei monolithische eGaN-Transistoren (88 mΩ, 150 V) enthält, jeweils mit einem optimierten Gate-Treiber (Bild 5). Dieser Baustein ist in einem niederinduktiven BGA-Gehäuse (2,9 mm × 1,1 mm) untergebracht und kann mit bis zu 7 MHz arbeiten. Beim Konstruieren einer Stromversorgung mit eGaN-HEMTs folgt man im Allgemeinen den gleichen Prinzipien wie beim Konstruieren mit Silizium-MOSFETs, aber die höhere Betriebsfrequenz hat Auswirkungen auf die Auswahl der Peripheriekomponenten.

Auswahl der Peripheriekomponenten

Um zu veranschaulichen, welche Auswirkungen die Frequenz auf die Auswahl der Komponenten hat, sehen wir uns den Eingangskondensator für eine einfache DC-zu-DC-
SMPS-Abwärtstopologie (Buck) an.

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Übersicht der Überstromschutz-Optionen für GaN-HEMT-Leistungsstufen. Die Auswahl einer Leistungsstufe mit integriertem Überstromschutz ist die einfachste Lösung für Designer, die noch wenig Erfahrung mit dieser Technologie haben.
© DigiKey

Eingangskondensatoren verringern die Amplitude der Eingangsspannungswelligkeit und dämpfen wiederum den Stromwelligkeit auf ein Maß, das durch relativ preiswerte Bulk-Kondensatoren ohne übermäßigen Leistungsverlust in den Griff zu bekommen ist. Als gute Faustregel, um die Ströme in den Bulk-Kondensatoren in akzeptablen Grenzen zu halten, gilt die Verringerung der Spitze-zu-Spitze-Spannungswelligkeitsamplitude auf unter 75 Millivolt. Im Allgemeinen handelt es sich bei dem Eingangskondensator um ein keramisches Bauteil, da diese den extrem niedrigen äquivalenten Serienwiderstand (Equivalent Series Resistance, ESR) aufweisen, der zur effektiven Verringerung der Spannungswelligkeit erforderlich ist.
Zur Ermittlung des Werts für den Keramik-Eingangskondensator, der nötig ist, um die Spitze-zu-Spitze-Spannungswelligkeitsamplitude auf ein bestimmtes Maß zu reduzieren, dient Gleichung 1.
 

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Gleichung
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Dabei gilt:
CMIN ist die erforderliche Mindestkapazität des Keramik-Eingangskondensators in Mi­kro­farad (µF).
fSW ist die Schaltfrequenz in kHz.
VP(max) ist die maximal zulässige Spitze-zu-Spitze-Spannungswelligkeit.
IOUT ist der stete Ausgangslaststrom.
dc ist der Betriebszyklus.

Bei der Berechnung mit einigen typischen Betriebswerten für eine High-End-Leistungsstufe auf Silizium-Basis ergibt sich folgendes Ergebnis:
 

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Daraus ergibt sich ein CMIN = 92 µF. Wiederholt man die Berechnung für eine eGaN-Leistungsstufe wie etwa den Navitas-Baustein mit 2 MHz, leicht verbesserter Effizienz und ansonsten ähnlichen Betriebsbedingungen, ergibt sich daraus folgendes Ergebnis:
 

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© DigiKey


Durch die Senkung von CMIN ist der Einsatz einer kleineren Komponente möglich. Zwar ist das schnelle Schalten von eGaN-HEMTs generell von Vorteil, es geht jedoch auch mit einigen speziellen Herausforderungen bei der Konstruktion einher. Am wichtigsten dabei sind Probleme im Zusammenhang mit der sehr steilen Anstiegsrate.

Steile Anstiegsraten (dV/dt) können Probleme wie etwa die folgenden verursachen:

  • Erhöhter Schaltverlust
  • Abgestrahlte und leitungsgeführte EMI
  • Interferenz an anderer Stelle in der Schaltung, abgekoppelt vom Schaltknoten
  • Spannungsüberschwingung und Klingeln auf dem Schaltknoten infolge von Leistungsschleifeninduktivität und anderen parasitären Effekten

Diese Probleme werden beim Einschalten oder im Hartschaltbetrieb am deutlichsten. Bei Verwendung des Navitas-Produkts besteht eine einfache Lösung zur Kontrolle der Anstiegsrate beim Einschalten im Hinzufügen eines Widerstands zwischen dem CVDD-Kondensator und dem VDD-Pin (Bild 4). Dieser Widerstand (RDD) legt den Einschaltstrom des integrierten Gate-Treibers fest und bestimmt die Flankenanstiegsrate (fallend) am Drain des Leistungs-FET, siehe Bild 6.

Die LMG3411 unterstützt auch die Einstellung der Anstiegsrate durch Anschließen eines Widerstands (RDRV) an die Source des Leistungstransistors (Bild 2). Durch die Wahl des Widerstands wird die Anstiegsrate der Drain-Spannung zwischen etwa 25 und 100 V/ns festgelegt.

Bei der Wahl der Anstiegsrate muss letztlich ein Kompromiss gefunden werden. Höhere Raten verringern den Leistungsverlust, da die Zeitdauer sinkt, in welcher der Schalter gleichzeitig (und ineffizient) hohen Strom führt, aber dadurch verschlechtern sich auch andere Leistungsmerkmale. Als Faustregel gilt es, die schnellste Rate anzustreben, bei der EMI, Überschwingen und Klingeln gerade noch innerhalb der Spezifikation liegen.

Ein zweites Konstruktionsproblem ist das Risiko von Überstromereignissen, die mit dem Hochfrequenzbetrieb verbunden sind.


  1. Hohe Energiedichte mit eGaN
  2. Integrierte GaN-Lösungen
  3. Die Bedeutung des Überstromschutzes

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