Gedruckte und organische Elektronik

»Einige Startups mussten sich schlafen legen«

28. Februar 2022, 14:00 Uhr | Engelbert Hopf
Wolfgang Mildner, LOPEC: »Nach dem Corona-Einbruch 2020 war bereits das letzte Jahr für die gedruckte und organische Elektronik von der Rückkehr zur Normalität und zweistelligen Wachstumsraten gekennzeichnet.«
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Vom 22. bis 24. März findet die Lopec 2022 statt. Wolfgang Mildner, langjähriger General Chair der Lopec, sieht die Branche nach dem Einbruch 2020 auf einem guten Weg. In der Coronakrise hat die Branche ihre Stabilität bewiesen und setzt die Durchdringung vielfältigster Anwendungsbereiche fort.

Markt&Technik: In der zweiten Märzhälfte findet die Lopec 2022 statt. Wie wichtig ist es aus Ihrer Sicht, dass nach der virtuellen Lopec 2021 in diesem Jahr wieder ein Live-Event stattfindet?

Wolfgang Mildner: Auch wenn die virtuelle Lopec unter den gegebenen Umständen eine gute Veranstaltung war – wir wollen unbedingt wieder ein Live-Event! Aktuell stehen wir bei knapp 140 Ausstellern, womit sich der Auslandsanteil sogar um 25 Prozent erhöht hat. Zudem können wir zusätzlich zur Halle B0 nun auch das Foyer des ICM der Messe München als Erweiterung der Ausstellungsfläche nutzen. Damit sind wir fast wieder auf Vor-Pandemie-Niveau. Unsere Aussteller kommen aus 20 Ländern. Es gibt nur wenige Aussteller aus Asien. Sie müssten bei der Rückreise häufig in eine zweiwöchige Quarantäne, das will sich kaum jemand antun. Da unsere Branche vor allem aus kleinen, mittelständischen Unternehmen besteht, haben diese bei Entscheidungen wie einer Messeteilnahme eben mehr Spielraum als große, internationale Konzerne. Das schlägt sich dann eben auch in der Präsenz auf einer Live-Messe nieder.

Welche Auswirkungen hatte die weltweite Corona-Pandemie in den letzten zwei Jahren auf die vergleichsweise junge Branche der gedruckten und organischen Elektronik?

Teilweise wurden viele Dinge »On Hold« gestellt. Es gab auch eine Reihe von Startups, die sich schlafen legen mussten, weil es schlicht keine Finanzierung für sie gab. Natürlich lässt sich viel über Zoom oder Teams besprechen, aber in unserer Branche muss man häufig am Anfang mal zusammensitzen, um die gegenseitigen Bedürfnisse zu verstehen und Vertrauen aufzubauen. Dass die Investoren das Interesse an der flexiblen, gedruckten und organischen Elektronik nicht verloren haben, zeigt die Tatsache, dass in der Jury für den diesjährigen »Best Business Case« und »Most Impactful Technology or Product« drei Venture Capitalists sitzen.

Hatte die Corona-Pandemie in dieser mittelständisch geprägten Branche in den letzten zwei Jahren gehäufte Insolvenzen zur Folge?

Nein, es gab keine Pleitewelle. Die Umsätze brachen 2020 vielerorts ein, aber die Erholung setzte bereits im letzten Jahr ein.

Seit 2020 wurden weltweit wohl mehr als 20 Millionen Autos nicht gebaut. Jetzt drosselt auch noch die Chip-Knappheit die Produktion. Automotive war einer der großen Zukunftsmärkte der gedruckten und organischen Elektronik. Wie schlägt das durch?

Kaum, oder anders ausgedrückt, diese Produktionsausfälle haben das dynamische Wachstum eingebremst. Für Touch-Sensoren ist der Automobilbereich ein riesiges Wachstumsfeld. Der Ersatz von klassischen Schaltern durch Touch-Sensoren bedeutet Substitutionswachstum. Werden mal weniger Autos produziert, hat das nur wenig Einfluss. Das Wachstumspotenzial ist immer noch gewaltig!

Das klingt optimistisch. Wie beurteilt die OE-A, die Organic and Printed Electronic Association, die Wachstumschancen der Branche 2022 und 2023?

Ich will der aktuell laufenden OE-A-Umfrage unter den Mitgliedern nicht vorgreifen, aber im Herbst letzten Jahres lagen die Branchenerwartungen für 2021 bei 13 Prozent und damit über der Frühjahrsumfrage 2021, die noch ein Wachstum von 11 Prozent prognostiziert hatte. Im Herbst letzten Jahres gingen die OE-A-Mitglieder dann von einem zu erwartenden Wachstum von 14 Prozent für 2022 aus. Mal sehen, ob dieser Optimismus noch gewachsen ist und sich auch 2023 fortsetzen wird.

Neben Automotive zählt die organische Photovoltaik, OPV, zu den Hoffnungsträgern der Branche. Gerade hat ASCA die OPV-Produktions- und Technologiepatente von Merck gekauft. Auf diese Weise ist ein Weltmarktführer im OPV-Bereich entstanden.

Wird das diesem Technologieversprechen zusätzlichen Schub geben?

OPV ist eine nachhaltige Energiegewinnung, die viele Vorteile bietet. Die wachsende Bedeutung dieses Themas schlägt sich auch in der Tatsache nieder, dass die Lopec mit einem Plenarvortrag von Heliatek zu OPV und Sustainability startet. Die Nachfrage bei Heliatek ist groß, man könnte von Auslastung sprechen. Welche Auswirkungen die Aktivitäten von ASCA auf die Branche haben werden, wird sich noch zeigen.

Entscheidend wird sein, wie die Lizenzvereinbarungen, mit denen ASCA die Hürden für den OPV-Markt für andere Akteure der OPV-Industrie reduzieren will, aussehen. Bisher ist ASCA hauptsächlich ein Lieferant von Projektlösungen.

Auf der Lopec 2022 lauten die Fokusthemen Smart Living und Mobility – nichts wirklich Neues. Würden Sie trotzdem einen Aspekt hervorheben?

Auf den ersten Blick mag das nach Stagnation aussehen, aber das stimmt nicht, das genaue Gegenteil ist der Fall! In den genannten Anwendungsbereichen hat sich unheimlich viel getan. Wir haben jetzt Touch-Sensoren in ersten Consumer-Produkten, es gibt den ersten auf gedruckten OLEDs basierenden Monitor. Es gibt an vielen Stellen einfach eine Menge mehr zu sehen zu diesen Themen als noch vor ein, zwei Jahren. Und da es quasi so etwas wie der Wesenskern der flexiblen, gedruckten und organischen Elektronik ist, haben wir das Thema Sustainability mit dazu genommen. Das bekommt der Anwender bei dieser Technologie quasi umsonst dazu.


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  2. European Chips Act auch positiv für die gedruckte und organische Elektronik?

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